0143 - Die Schöne aus dem Totenreich
hatte auch Myxin die richtige Distanz.
Er hob seinen Arm, holte weit damit aus und schlug in einem halbkreisförmigen Bogen zu.
Der linke Todesengel wollte weg, schaffte es aber nicht mehr. Die Klinge traf genau.
Plötzlich hatte das Schwert sie getötet, doch kein Blut drang aus der Wunde.
Todesengel Nummer zwei hatte sich gedreht.
Und er schoß.
Myxin machte sich klein. Die Reaktion kam soeben noch rechtzeitig. Der Pfeil hätte ihm fast noch ein paar Haare abrasiert, so dicht schwirrte er über Myxin hinweg. Myxin hörte ein Klirren, kümmerte sich jedoch nicht darum, wo oder was der Pfeil getroffen hatte, ihn interessierte nur der Todesengel.
Und der griff zum Kurzschwert.
Jetzt setzte der kleine Magier alles auf eine Karte. Er wuchs über sich selbst hinaus und wurde zum großen Kämpfer.
Myxin schnellte sich von seiner Unterlage ab. Er hechtete seiner Gegnerin entgegen und holte mit der rechten Hand abermals weit aus.
Genau in dem Augenblick, als der Todesengel sein Schwert aus der Scheide gerissen hatte, schlug Myxin zu.
Diesmal nicht seitlich, sondern von oben nach unten. Wieder tötete die goldene Klinge ihren Gegner.
In der Schnittstelle flimmerte es, aber kein Blut war zu sehen.
Seltsam…
Die Getroffene zitterten. Sie wurden durchscheinend und lösten sich auf.
Nicht einmal Dämpfe blieben zurück…
Myxin aber lachte, und seine Augen strahlten. Er hatte sich selbst bewiesen und es seinen Gegner mal wieder gezeigt.
Jemand klatschte Beifall.
Der kleine Magier drehte sich um.
Ich war der Mann, der in die Hände klatschte. »Bravo, Myxin«, sagte ich lächelnd. »Du hast nichts verlernt. Im Gegenteil, du hast sogar noch dazu gelernt.«
»Danke.« Myxin sprang zu Boden. Er blickte sich um. »Waren das alle Gegner?«
»Ich habe keine mehr gesehen.«
»Dann hätten wir sie geschafft.« Er lachte auf. »Asmodina wird sich wundern.«
»Oder härter zurückschlagen«, sagte ich.
Myxin schaute auf die Klinge. »Das befürchte ich auch«, murmelte er. »Aber wir haben jetzt eine Waffe, mit der wir…«
»Sie gehört dir nicht«, unterbrach ich ihn.
»Ich sagte auch extra wir .«
»Dann willst du dich mit Kara zusammentun?«
Er lächelte schmal. »Eigentlich hatte ich das vor, John.«
»Hast du sie gefragt?«
»Noch nicht.« Myxin schluckte. »Sie… sie sitzt noch bei ihm. Bei Haro. Ich glaube, er wird sterben.«
Der Meinung war ich auch.
Myxin stieß mich an. »Komm, laß uns zu ihnen gehen. Ich möchte nicht allein…«
»Verstehe schon«, lächelte ich.
Wir suchten uns den Weg durch die Gänge zwischen den Regalen und erreichten die beiden.
Kara weinte.
Sie betrauerte den Tod eines Geliebten und Freundes. Denn Haro, der Kämpfer, lebte nicht mehr.
Wir standen stumm daneben.
Ich blickte in sein Gesicht. Es hatte keinen leidenden Ausdruck angenommen, sogar ein letztes Lächeln schien noch auf seinen Lippen zu liegen. Der Blick seiner starren Augen schien in unsagbare Fernen zu gehen. Wahrscheinlich sah er bereits den Himmel.
Er hatte Tausende von Jahren geschlafen. Dann war er durch Myxin wieder erweckt worden, denn der kleine Magier ging den Spuren des alten Volkes konsequent nach. Haro hatte es schwer gehabt, sich in der neuen Zeit zurechtzufinden, er dachte und lebte noch immer so wie vor 10.000 Jahren.
Eins war nur seltsam. Er redete sofort unsere Sprache und nicht die, die damals in Atlantis gesprochen wurde. Man nahm an, daß es sich dabei um Altgriechisch gehandelt hatte.
Kara hatte gesehen, daß wir neben sie und den Toten getreten waren. Sie hob den Kopf. Myxin und ich blickten in ihr tränennasses Gesicht.
»Er ist tot«, flüsterte sie. »Haro ist tot. Wenn ich jetzt den Trank des Vergessens hätte, würde ich ihm nachfolgen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Laß es sein, Kara, es hat keinen Sinn. Wirklich nicht. Du wirst hier gebraucht. Auf dieser Erde, in dieser Zeit. Glaube mir…«
»Vielleicht.«
Myxin drängte mich ein wenig zur Seite und legte Kara seine Hand auf den dunklen Haarschopf. »Wir beide stammen aus Atlantis. Du bist eine Atlanterin, bist dort geboren und hast dort gelebt. Dein Vater, der weise Prophet, hat dir ein Erbe hinterlassen. Dieses Schwert mit der goldenen Klinge. Er hat auch gleichzeitig dir eine Pflicht vererbt, denn du als seine Tochter bist nun würdig das Erbe anzutreten. Du bist dazu berufen, den Kampf, der in Atlantis begonnen hat, weiterzuführen. Du darfst jetzt nicht aufgeben und dich nur deinen Gefühlen überlassen, denn du
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