015 - Der Schatz des Poseidon
Beistelltisch, der sich wenige Meter entfernt befand. Dann setzte er sich in einen daneben stehenden Sessel, der einen Blick auf den See gestattete.
Auf den See – und auf das Kreuz.
Es würde ein langer Abend werden.
4.
Jackson Chan, genannt Jackie, seines Zeichens Überlebensspezialist bei Mechanics Inc., gähnte. Er war solche langen und vor allem langweiligen nächtlichen Beschattungseinsätze nicht mehr gewohnt. Zum vielleicht hundertsten mal in dieser Nacht sah er auf die Uhr.
Samstag, 15. September 2063, 4:14.
Im nächsten Moment sprang die Anzeige um auf 4:15 Uhr. Um sechs Uhr endete seine Schicht und er war bereit, Kopf und Kragen zu verwetten, dass sich bis dahin wieder nichts ereignen würde – genau wie in den letzten vier Nächten. Aber Clint Fisher befürchtete einen Anschlag auf das Star Gate und Clint Fisher war sein Boss.
Noch.
In letzter Zeit war für Jackie nicht alles so gelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Seiner Ansicht nach lag das hauptsächlich daran, dass er nicht so interessante Aufträge bekam wie sein berühmter Vetter Haiko Chan, der vor genau zwei Monaten die Ehre gehabt hatte, als erster Mensch das Star Gate zu betreten und sich damit von der Erde zum Mond transportieren zu lassen.
Eine Ehre, die er – das war Jackies felsenfeste Überzeugung – keineswegs verdient hatte. Schließlich war es Jackie, der den Vornamen ihres gemeinsamen und einst weltberühmten Urgroßvaters trug; außerdem war er – zumindest seiner eigenen Überzeugung nach – der beste Einzelkämpfer und Meister der martial arts unter allen Überlebensspezialisten von Mechanics Inc. Warum also war nicht er durch das Star Gate geschickt worden?
Chan seufzte, ohne sich dessen bewusst zu werden. Da kam wieder sein beinahe schon sprichwörtliches Pech ins Spiel. Im entscheidenden Augenblick kam ihm meist irgendein unvorhergesehener Umstand in die Quere, ein dummer Zufall, den niemand hatte voraussehen können.
Doch diesmal, das hatte er sich fest vorgenommen, würde es nicht so sein. Diesmal würde alles klappen! Wenn nicht, brauchte er sich keine Gedanken über seine weitere Karriere als Überlebensspezialist zu machen, das hatte Fisher unmissverständlich klargestellt. Dieser Überwachungseinsatz, für den im Normalfall niemals jemand mit seiner Qualifikation eingeteilt worden wäre, war seine letzte Chance. Fisher befürchtete, dass Agenten konkurrierender Konzerne das Star Gate sabotieren wollten, um so mehr, da Lino Frascati, der Chef des Konzerns, mit der öffentlichen Bekanntgabe, dass Mechanics Inc. über zwei funktionierende Transmitter verfügte, die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf Detroit gelenkt hatte.
Er, Jackson ›Jackie‹ Chan, würde jedoch dafür sorgen, dass jeder Ansatz einer Sabotage im Keim erstickt wurde!
Er betrachtete den vor ihm liegenden, halbleeren Schweberparkplatz Nr. 134, der am Rand des gigantischen Mechanics-Werksgeländes lag, durch die aufgesetzte Nachtsichtbrille. Nichts regte sich. Wie auch? Mitten in der Nacht und an einem Samstag? Die Frühschicht begann um sechs Uhr; das hieß, dass es noch mehr als eine Stunde dauern würde, bis die ersten Maschinen eintrudelten. Vorher – doch halt, bewegte sich da nicht etwas?
Mit einem leichten Druck an den linken Bügel schaltete der Überlebensspezialist die Teleoptik der Brille ein. Richtig – jetzt sah er es genau: Ein Subjekt hatte soeben einen der Eingänge zum Parkplatz passiert. Es handelte sich um einen relativ kleinen Mann von hagerer Gestalt. Er hatte es offensichtlich eilig – sehr verdächtig , erkannte Chan –, zu einem der geparkten Schweber zu gelangen. Und in seiner rechten Hand trug das Subjekt …
Einen Aktenkoffer!
Chans Herzschlag setzte für einen Moment aus, als er erkannte, was der Mann vorhatte: In dem nur einem geistig Zurückgebliebenen unverdächtig erscheinenden Aktenkoffer befand sich mit Sicherheit eine Bombe!
Die Bombe, mit der das Star Gate gesprengt werden sollte!
Der Fall war völlig klar: Das Subjekt – der Saboteur , korrigierte sich der Überlebensspezialist in Gedanken – wollte mit einem wahrscheinlich gestohlenen Schweber das Mechanics-Gelände überfliegen und die Bombe genau an jener Stelle abwerfen, an der sich das Star Gate befand!
Einen Augenblick überlegte Chan, ob er sich mit seinem eigenen Schweber, der nur wenige Meter von seinem Standplatz entfernt geparkt war, an die Verfolgung des Saboteurs machen sollte. Er entschied sich dagegen, weil ihm das
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