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015 - Die Heiler

015 - Die Heiler

Titel: 015 - Die Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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trat, der eine Schale mit Salzwasser in den Händen trug. Es war nötig, das Ritual ein wenig abzuwandeln, denn es gab keine Überreste, denen man seine Ehrerbietung erweisen konnte. So gab man sich mit ein wenig vom dem Element zufrieden, in das Udik die Toten geholt hatte - Meerwasser.
    Aruula verneigte sich vor der Schale.
    »Vater«, sagte sie. »Deine Tochter Aruula bittet um dein Wohlwollen für deine neu geborene Enkelin Ayra. Möge ihr Name, der für den Wind steht, unseren Booten sanfte Brisen von Osten bringen. Möge sie einen guten Mann finden und deinen Namen preisen, so wie es dir zusteht. Ich danke dir, Vater.«
    Sie trat einen Schritt zurück. Der Priester neigte die Schale in Richtung des tosenden Meers. Langsam floss das Salzwasser heraus und mit ihm die Wünsche und Hoffnungen der Familie.
    Aruula sah zu, wie es im Boden versickerte.
    Das Meer steht immer im Zentrum, dachte sie. Egal was wir tun oder denken. Nichts geschieht ohne das Meer.
    Sie hasste und liebte die Wellen, die sich an diesem kalten Frühlingstag an den Felsen brachen. Viele waren in ihnen gestorben, aber noch mehr überlebten durch den Reichtum, der sich darin verbarg. Ein Leben ohne das Meer war für niemanden im Volk der Inseln vorstellbar. Deshalb verehrten sie auch Udik als höchsten Gott und nicht Wudan, zu dem die Landvölker beteten.
    Udik war ein harter Gott, der seinem Volk oftmals Leid brachte. Aber er konnte auch gütig und barmherzig sein, so wie in diesem Winter, als er ein zerschelltes Handelsschiff an Land gespült hatte, dessen Ladung aus Früchten und Korn bestand.
    Udik nahm dem Einen und gab dem Anderen. So war dieser unberechenbare Gott, dem sich das Volk der Inseln anvertraut hatte. Er tötete einen Vater oder einen Bruder, versenkte Boote und riss bei Fluten Häuser nieder. Und doch ließ er sein Volk nie im Stich.
    Manchmal hasste Aruula auch Udik.
    ***
    Seit Sonnenuntergang waren vier weitere Dorfbewohner erkrankt. Trotz der Warnung, die Maddrax ausgesprochen hatte, gingen die Gesunden nicht in ihre Häuser und hielten sich von den anderen fern, sondern hatten sich vor Tschaks Haus versammelt.
    Elys Reden peitschten sie auf.
    Unter normalen Umständen hätte sich Tschak über die plötzliche Aktivität seiner Frau gefreut.
    Seit ihrem schrecklichen Sturz vor vielen Jahren hatte er sie nicht mehr so voller Leben gesehen. Ihre Augen leuchteten im Licht der Fackeln, ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet und ihre Worte hallten über den Platz. Aber Tschak konnte sich nicht freuen, denn Ely predigte den Tod. Und immer mehr hörten zu.
    Fäuste wurden in den Himmel gereckt, Schimpfworte fielen, Schwerter schlugen dumpf gegen Schilde.
    Begreifen sie denn nicht, worauf sie sich einlassen ?, dachte er kopfschüttelnd.
    Gerade mal zwanzig Winter waren vergangen, seit der schreckliche Krieg gegen die Waldjäger endete. Auf beiden Seiten hatte man weder von Sieg noch von Niederlage gesprochen, aber klar war, dass die Waldjäger die besseren Konditionen ausgehandelt hatten.
    Tschak musste ihnen das Recht zubilligen, dass sie und alle, die unter ihrem Schutz standen, Zugang zu den Heilern bekamen. Im Gegenzug stellten die Wald Jäger ihre Überfälle auf Händler und Viehtreiber ein.
    Wenn sich das Dorf jetzt gegen die Heiler stellte, wie würden Urk und seine Leute reagieren? Tschak kannte die Antwort auf diese Frage nicht, aber im Dorf befand sich jemand, der sie vielleicht wusste. Maddrax.
    Der Majistee sah sich suchend nach dem Fremden um, konnte ihn aber in der Menge nicht entdecken.
    Vermutlich ist er bei seiner kranken Gefährtin, dachte Tschak. Er hatte gehört, dass es nicht gut um sie stand.
    Er löste sich aus der Menge, die ihn kaum beachtete, und ging zu der Hütte, in der man Aruula untergebracht hatte.
    Tschak fragte sich, was hinter der Reise der beiden Fremden wirklich steckte. Aruula stammte eindeutig aus einem der Barbarenvölker, während Maddrax' Herkunft nicht einzuordnen war. Seine Kleidung war ebenso sonderbar wie sein Akzent. Ihm und seiner Gefährtin war anzusehen, dass sie bereits viele Kämpfe durchgestanden hatten, und die Ausrüstung, die an ihrem Frekkeuscher hing, sprach von einer langen Reise.
    Tschak war kein übermäßig neugieriger Mensch, aber wenn Fremde in sein Dorf kamen, wusste er gern, mit wem er es zu tun hatte - vor allem wenn sie von Urk geschickt wurden.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter und riss Tschak aus seinen Gedanken.
    »Majistee«, sagte eine respektvolle

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