0150 - Der »Mongole« und wir
denn das würde ihm nicht gelingen, selbst wenn er noch dreihundert oder vierhundert oder sogar ein paar Tausend Burschen auf die Beine bringt. Du darfst nicht vergessen, Phil, dass es lauter kleine Gangster sind, die der Mongole mobilisiert. Sie haben eine mächtige Angst vor ihm, aber auch diese Angst würde sie nicht hindern, wegzulaufen, sobald scharf geschossen wird. Die Masse dieser kleinen Gesetzesverbrecher ist unbewaffnet, von ein paar Schlagringen und vielleicht einem Messer abgesehen. Nein, einen Sturm auf New York beabsichtigt der Mongole nicht. Oder hältst du den Mann für wahnsinnig?«
»Das weiß ich nicht. Wahnsinnige haben häufig genug eine bemerkenswerte Wirkung auf einfache Leute ausgeübt. Es gibt ein paar Beispiele dafür in der Politik.«
Ich sah nach der Armbanduhr. »Zwecklos, sich jetzt darüber zu unterhalten. Bis zum 10. haben wir noch fast zwei Wochen Zeit. Ich hoffe, wir werden bis dahin noch einiges herausbekommen. Ein paar Eisen haben wir im Feuer. Und eines dieser Eisen möchte ich heute noch ein wenig anwärmen. Dich bringe ich vorher nach Hause.«
»Bellogg?«, fragte Phil.
Ich nickte.
»Dann komme ich doch lieber mit.«
»Unnötig, mein Junge. Dieses Mal lege ich die rechte Hand an den Smith & Wesson-Griff, bevor ich mit der linken anklopfe. Eines G-mans Appetit auf Gangstergeld wirkt unglaubwürdig, wenn er ständig noch einen anderen G-man mit sich herumschleift.«
Phil machte noch einige Einwände, aber es half ihm nichts. Ich fuhr ihn nach Hause, setzte ihn ab. Dann fuhr ich zum First Greenwich Club. Um zwei Uhr nachts war dort noch viel los, aber ich war nicht Scharf auf Vergnügungen.
***
Es war beinahe wie im Märchen vom Dornröschen. Sie kennen es doch? Alle Leute im Schloss werden verzaubert und verharren in der Stellung, in der sie sich gerade befinden.
Der Unterschied zwischen einem Märchenschloss und dem First Greenwich Club ist beachtlich, aber sooft ich in Belloggs Büro kam, das Bild war immer das gleiche. O’Wara, Argot, Honey Sorly und Shelly Bane lagen in den Sesseln, die Whiskygläser in den Händen, und der schöne Tony saß hinter seinem Schreibtisch.
Eine Hand am Griff der Smith & Wesson betrat ich den Raum. Jonny O’Wara stellte sofort das Glas weg. Seine Augen begannen, sich mit Blut zu füllen.
»Heute lasse ich mich auf keine Schlägerei ein, Jonny«, warnte ich. »Heute knallt’s, wenn ihr Dummheiten macht.«
»Bleib friedlich, G-man«, sagte Tony »Unter uns bist du so sicher wie in deinem Büro. Setz dich und nimm einen Schluck!«
»Danke, ich habe vom letzten Mal genug. Zwei Dinge sind zu klären. Erstens fehlen mir noch fünftausend Dollar, und zweitens will ich wissen, ob der Mongole bereit ist, mich zu beteiligen.«
»Die fünftausend Dollar sind bewilligt«, antwortete Bellogg sachlich. »Die Zahlung erfolgt allerdings zu einem späteren Termin.«
»Nach dem 10. des nächsten Monats?«, fragte ich ruhig.
Das saß. Alle bewegten die Köpfe. Die Gangster tauschten Blicke miteinander. Tony Bellogg hob das Kinn.
»Was deine zweite Frage angeht, G-man«, fuhr er fort, als hätte er meine Bemerkung nicht gehört, »so wüsste ich gern, woran du eigentlich beteiligt sein willst.«
»An der Sache, die am 10. des nächsten Monats steigen soll. Das heißt, nicht an der Sache selbst, sondern am Ertrag.«
Tonys Gesicht wurde um einen Schein blasser.
»Du sprichst immer noch in Rätseln, G-man.«
»Unsinn, Tony, du weißt genau, was ich meine. Der Mongole zieht in der Stadt herum und sammelt Leute für den 10. Und wenn ihr mich nicht in die Sache reinlasst, dann versalze ich euch euren 10. nach Strich und Faden.«
Bellogg hob beide Hände. »Wende dich an den Mongolen Cotton! Ich weiß von nichts.«
Ich lächelte. »Nein, ich werde mich an dich halten. Im schlimmsten Fall lasse ich dich am entscheidenden Tag nicht eine Sekunde lang aus den Augen.«
Er kniff die Augen zusammen. Daran sah ich, dass ihm diese Vorstellung gar nicht gefiel.
»Mag sein, dass ich auf diese Weise nichts von der großen Beute abbekomme, aber du, Tony, gehst auch leer aus. Ich kenne euch Gangster. Wenn ihr die Beute in der Tasche habt, vergesst ihr prompt, mit wem ihr teilen wolltet.«
»Du bist auf dem Holzweg, G-man«, sagte Bellogg.
»Pass mal auf, Tony! Du bist doch sonst ein heller Junge. Du hast immer Geschäfte gemacht, bei denen du dich nach allen Seiten gesichert hattest, sonst säßest du längst hinter Gittern. Warum machst du dem Mongolen
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