0151 - Die Gruft der Leichenräuber
das vorzubereiten, was die Touristen hinterher so toll fanden und auch wieder verschmutzten oder sogar zerstörten. Sehr zum Leidwesen der Freiwilligen.
Aber die gaben nicht auf. Jedes Jahr gingen sie in die Wälder, um sie auf den Touristenstrom vorzubereiten. Oft waren es Jugendliche, die solche Aufgaben übernahmen. Sie taten es mit Begeisterung und aus Liebe zur Natur. Die Jungen und Mädchen liebten ihre Umwelt, sie wollten sie nicht verkommen lassen, man konnte ihre Arbeit gar nicht hoch genug einschätzen.
Auch Werner Tonagel und Hermann Deubzer gehörten dazu. Sie waren beide 17 Jahre alt, wohnten am Stadtrand von Wiesbaden und gehörten einem Wanderverein an.
Man hatte sie losgeschickt, um einige Wege im Taunus abzugehen.
Sie sollten darauf achten, ob noch sämtliche Papierkörbe vorhanden und auch die Grillplätze in Ordnung waren.
Ihnen oblag auch die Kontrolle der Trimmpfade, und die beiden wußten, daß man auf sie setzte. Deshalb nahmen sie ihre Aufgabe sehr ernst und gingen sie mit großem Verantwortungsbewußtsein an.
Sie kontrollierten sorgfältig, und für den heutigen Tag hatten sie sich das Gebiet um die alte Burgruine vorgenommen. Hier gab es einen Grillplatz und mehrere Wanderwege. Beides lag auf einer Anhöhe, wo auch eine Straße vorbeiführte, die allerdings kaum befahren war. Nur im Frühjahr und im Sommer war dort mehr los.
Mit ihren Mopeds waren die beiden jungen Männer bis dicht an das Waldgebiet herangefahren, hatten die Maschinen dort abgestellt und gingen ihren weiteren Weg zu Fuß weiter.
Zuerst kontrollierten sie zwei Trimmpfade. Hermann reagierte sauer, als er sah, daß eine Holzlatte in der Mitte zerbrochen war.
»Sieh dir das an!« schimpfte er. »Diese hirnrissigen Idioten. Vor nichts machen sie halt. Und dann schiebt man uns Jungen immer die Schuld in die Schuhe. Dabei machen es die Alten.«
Werner Tonagel lachte nur. »Was regst du dich auf? Ist doch jedes Jahr das gleiche.«
»Sicher, aber die Leute werden nie vernünftig.«
Werner hob die Schultern. Er holte einen Block aus der Innentasche seiner warmen Jacke und begann, die von ihnen gemachte Entdeckung schriftlich niederzulegen. Werner war der Ruhigere der beiden. Für sein Alter war er ziemlich groß, hatte blondes Haar, das ihm immer in die Stirn fiel, und graue Augen. Er redete nicht viel, denn er überlegte erst und sprach dann.
Sie gingen weiter.
Der Trimmpfad stieg bergan und mündete in einen Waldweg. Sie stellten fest, daß sämtliche Geräte einen neuen Anstrich vertragen konnten.
Größere Beschädigungen allerdings fanden sie nicht mehr.
Die jungen Leute wandten sich nach links. Dort lief der Weg in Kehren und Kurven auf den Grillplatz zu, den sie auch noch kontrollieren mußten. Auch am Weg mußten die Wanderzeichen nachgeschaut werden, deshalb wunderte sich Werner, als sein Freund plötzlich scharf rechts abbog und sich in den Wald schlug.
»He, was ist los mit dir?« rief er.
Hermann war stehengeblieben und drehte den Kopf. »Wir kürzen ab, gehen direkt zum Grillplatz und nehmen uns den Weg auf dem Rückmarsch vor.«
»Dann ist es ziemlich dunkel.«
»Ich habe eine Lampe.«
»Wie du willst.« Werner folgte seinem Freund in den Wald hinein.
Schweigend marschierten sie los. Hier kamen sie nicht so rasch voran wie auf dem normalen Weg, doch durch die Abkürzung würden sie schon Zeit herausschinden.
Schweigend stapften die beiden jungen Leute durch den Wald.
Nur das Geräusch ihrer Schritte war zu hören. Kein Vogel sang. Um sie herum breitete sich eine nahezu fühlbare Stille aus.
»Weißt du eigentlich, daß wir hier durch eine Spukgegend laufen?« fragte Hermann.
»Du meinst die Ruine?«
»Klar, da gehen doch die Geister der Soldaten um. Heißt es.«
Werner nickte. »Sehr richtig. Heißt es. Mehr aber auch nicht. Die Alten reden viel, und man sollte sich daran wirklich nicht stören. Glaub mir.«
»Na ja.«
Werner begann zu grinsen. »Du kommst mir vor, als würdest du diesen Unsinn glauben.«
»Quatsch.« Es klang nicht sehr überzeugend, wie Hermann das sagte, und sein Freund merkte es auch.
»Ja, ja, du glaubst an Geister. Gleich kommen sie an und fressen dich.« Er lachte über seinen Scherz… »Würdest du die Ruine und die Gruft denn betreten?« erkundigte sich Hermann.
»Sicher, warum nicht?«
»Ich auch.«
Jetzt blieb Werner Tonagel stehen. »Ehrlich?«
Hermann hob die Hand. »Großes Ehrenwort.« Am liebsten hätte er das Gegenteil gesagt, aber er konnte sich vor
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