0152 - Wir gegen das »Hirn von Frisco«
wenn, dann erst kurz vor dem Aufbruch der Wagen zu der üblichen Tour. Eine Zeitspanne von einer Stunde reicht niemals aus, um ein solches Verbrechen mit derartig unheimlicher Präzision in Szene zu setzen. Dazu braucht man Zeit, Gentlemen.«
Selbstgefällig schritt der große MacNeel über den dicken Perser zur Gangtür. Rosato rannte hinter ihm her.
Ich überlegte, was Mister MacNeel wohl gesagt haben würde, wenn er gewusst hätte, dass der Gangster in seinen eigenen Reihen saß. Den Trick mit der Extratour zum Flugplatz konnte nur jemand erfunden haben, der mit den Gepflogenheiten der Company völlig vertraut war, der genau wusste, dass bei einem Transport, bei dem es nicht um Geld oder Edelmetalle und Schmuck ging, nur zwei Mann mitfuhren. Zwei Wachleute konnte man noch überwältigen, sie in eine tödliche Falle locken. Jeder Begleiter mehr steigerte das Risiko.
Es war ein ganz einfaches Rechenexempel.
***
Die Abendzeitungen überschlugen sich beinahe. Sie brachten den Fall in großer Aufmachung auf der ersten Seite. Ich erstand zwei Blätter auf dem Weg in mein möbliertes Zimmer in der Beach Street.
Rosato hatte nicht unbedingt darauf bestanden mich hinter Gitter zu setzen.
Er ließ meine Papiere eingehend prüfen, telefonierte sogar mit dem Gefängnis in Portland, mit der Stelle, die Jack Emmersons Führerschein und die Waffenlizenz ausgestellt hatte. Nachdem er dann noch eine fernmündliche Unterredung mit Dan Culver hinter sich gebracht hatte, gab er mich höchst widerwillig frei.
»Sie bleiben in Frisco, Emmerson«, fauchte er. »Das ist ein Fall, an dem das FBI mitarbeitet. Würde Ihnen nicht empfehlen, Fersengeld zu geben. Wir finden Sie, gleichgültig, wo Sie sich auch immer verkriechen werden.« Mit einer angeekelten Gebärde warf er mir meine Ausweise zu, tankte seinen Becher aus dem Eiswasserautomat nach und schien mich vergessen zu haben.
Eine Weile drückte ich mich noch auf dem düsteren Gang des Headquarter herum, weil ich hoffte, Phil zu treffen. Aber dann kam Mister Moore und nahm mich mit.
An Arbeit war bis zum Abend nicht mehr zu denken. Die Männer der MacNeel-Company gebärdeten sich wie wild. Es wurden eine Menge irrsinniger Pläne geschmiedet, im nächsten Augenblick verworfen und neue hervorgekramt. Niemand verließ das Haus, bis nicht der letzte Wagen zurückgekommen war. Moore hastete mit finsterem Gesicht durch die Büros, führte Telefongespräche mit Gott und der halben Welt, aber als ich schließlich um sieben aufbrach, war über den Verbleib des verschwundenen Panzerwagens und über Boswell und Dean noch nichts durchgesickert.
Ich musste mit Culver sprechen, das stand fest.
Dan Culver war meine einzige sichere Verbindung zur Leitstelle in Berkeley. Gewiss, ich hätte auch auf direktem Weg mit Phil verhandeln können, aber das Risiko schien mir zu hoch. Bisher war ich als Mister Emmerson gekommen und ich wollte das bleiben. Solange es irgendwie ging. Mir schien, Special Agent in Charge Cowan hatte die richtige Nase gehabt, als er mir den Job bei der MacNeel-Company zuschusterte.
Wenn auch das »Hirn« sicher nicht in MacNeels Büro herumsaß, so musste es doch einen Mittelsmann bei ihm haben.
Wer konnte dies sein?
Phyllis Moore?
Ich traute es ihm nicht zu. Er war zu weich, zu unsicher, als dass er ein so gewagtes Spiel gespielt hätte.
Präsident Williams?
Ein einziges Mal hatte ich ihn bisher nur zu G.esicht bekommen. Für wenige Sekunden nur, als Williams in die Privaträume von MacNeel gerufen wurde.
Er war noch nicht sehr alt, höchstens vierzig. Etwa meine Größe, sehr schmal und sportlich, trug sein Haar in schwachen Wellen wie eine Kappe über dem Schädel, einen gut sitzenden Maßanzug und auffallende Krokodillederschuhe. Er hatte durch mich hindurchgesehen, wie durch eine Fensterscheibe, als wir uns für einen Augenblick im hell erleuchteten Gang begegnet waren.
Nein, Williams kam wohl auch nicht in Betracht.
Sollte es jemand aus der Wachmannschaft sein?
Diese Frage schien es wert, als Jack Emmerson in der Firma zu bleiben, solange es irgendwie ging. Ich musste die Männer kennenlernen. Alle, ohne jede Ausnahme…
Von einer Schnellgaststätte aus telefonierte ich.
»Culver…«, meldete sich der-Teilnehmer abwartend, »achtzehnnullachtachtzig.«
»He, Dan. Hier ist Jack… Wie wär’s mit einem ordentlichen Steak irgendwo? Ich bin augenblicklich nicht in der Verfassung, meine vier Wände anzustarren. Hast du was vor?«
»Ich hab nie was vor«,
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