0153 - Eine Handvoll Leben
an den Riß heran. Schwaden von Rauch zogen an ihm vorbei, reizten ihn zum Husten und nahmen ihm die Sicht. Dann wurde die Luft allmählich besser. Mindestens zehn Meter unter ihm loderte das Feuer.
In der Nähe des Risses war die Hauptverstrebung abgeknickt und ragte ein Stück in den Frachtraum hinein. Behutsam balancierte Vouner auf dem schmalen Steg. Eine Ewigkeit schien verstrichen, als er endlich den Rand des Lecks mit beiden Händen umklammerte und sich aus dem Frachtraum herauszog.
Die OLIRA war unterhalb des Frachtraumes auseinandergebrochen, so daß Vouner von seinem Platz aus die gesamte Absturzstelle übersehen konnte. Das Wrack bedeckte eine große Fläche inmitten eines dichten Dschungels. Im Umkreis von mehreren hundert Metern waren alle Bäume niedergebrannt.
Das abstürzende Schiff hatte Wurzeln aus dem Erdreich gerissen, umgeworfen oder aufgespalten. Auf der anderen Seite brannte der Wald noch immer. Die OLIRA erinnerte Vouner an eine aufgeplatzte Frucht. Lediglich das Stück um den Frachtraum ließ noch einigermaßen das ursprüngliche Aussehen erkennen.
Ausgebrannt und ausgeglüht, hatte sich das Schiff in den Boden gebohrt und war explodiert. In diesem Chaos konnte es kein Leben mehr geben. Wenn es den Besatzungsmitgliedern nicht gelungen war, die Beiboote klarzumachen, dann war er, Hendrik Vouner, der einzige Überlebende. Sein Sturz durch die Verladeluke hatte ihm das Leben gerettet.
Vouner wußte, daß es sinnlos war, nach den Ursachen des Unglücks zu forschen. Entweder war es eine Folge von Buchanans Sabotage, oder Fredman hatte einen Fehler gemacht.
Vouner blickte zu der völlig zerstörten Kommandozentrale hinüber. Dort konnte er keine Spuren menschlichen Lebens erkennen.
Der Auswanderer zog sich gänzlich ins Freie. Das Wrack wurde von dichtem Dschungel eingeschlossen. Der undurchdringlich wirkende Urwald bedeutete für Vouner ein neues Hindernis. Ein beklemmendes Gefühl beschlich ihn. Wie sollte er in dieser fremdartigen Umgebung überleben? Er hatte keine Erfahrung im Verhalten auf fremden Planeten. Jedem wilden Tier, jeder giftigen Pflanze war er hilflos ausgeliefert.
Vouner gab sich einen Ruck. Irgendwo wartete hier der Zellaktivator auf ihn. Wenn er diesen erst einmal besaß, konnte ihm so schnell nichts geschehen. Noch immer fühlte er die mentale Ausstrahlung des Gerätes, die wie eine lockende Verheißung in seiner Brust pochte.
Vouner ließ sich auf die Oberfläche der unbekannten Welt hinab.
Der Boden war weich und nachgiebig. Inmitten der Trümmer kam Vouner sich einsam vor.
Bedrückt schlich er um die zerstörte OLIRA, um nach einer Waffe zu suchen. Er fand mehrere Strahlkarabiner, aber sie waren alle nicht mehr funktionsfähig. Mit Gewalt verschaffte er sich Zugang zu einem noch verhältnismäßig gut erhaltenen Teil des Hauptganges. Durch Lecks fiel genügend Licht herein. Es war glühend heiß.
Plötzlich stieß er auf Mr. Buchanan. Der alte Mann war tot, trotzdem erschrak Vouner bis ins Innerste. In den weit geöffneten Augen Buchanans schien sich noch die Gier nach dem ewigen Leben zu spiegeln.
Das Feuer war hier nicht eingedrungen, so daß Buchanans Leiche den Eindruck erwecken konnte, daß es sich um einen Lebenden handelte. Vouner sah, daß der Alte nicht durch den Absturz getötet worden war. In Buchanans Brust zeichnete sich die Einschußstelle eines Thermoprojektils ab. Vouner ahnte, daß Passagiere und Mannschaft während der Landung übereinander hergefallen waren. Vielleicht lag darin der Grund des Absturzes.
Buchanan lag quer über einem Strahlkarabiner. Zögernd trat Vouner neben den Toten und nahm die Waffe an sich. Er studierte den Mechanismus und löste einen Probeschuß aus. Der Strahler war intakt.
Hastig verließ Vouner den Gang. Er war froh, als er wieder im Freien stand.
Ein weiteres Problem bedeutete die Nahrungssuche. Es bestand keine Chance, in den Trümmern Nahrungskonzentrate aus dem Bestand der OLIRA zu finden. Alles, auch das Trinkwasser, mußte den Flammen zum Opfer gefallen sein.
Die einzige Möglichkeit, etwas Eßbares auf zutreiben, bot der nahe Urwald.
Vouner blickte zum Himmel empor. Die Wolkendecke war so dicht, daß er den Standort der Sonne nicht ausmachen konnte.
Sicher würde früher oder später die Nacht kommen und mit ihr all die Gefahren des Dschungels.
Trotzig umklammerte Vouner die Waffe. Sollte er jetzt, kurz vor seinem Erfolg, aufgeben? Er mußte nur den mentalen Ausstrahlungen des Zellaktivators
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