0155 - Die Teufelsuhr
ist, wie wir uns verhalten«, meinte Bürgermeister Kiboran.
Ich schaute mich um. In der Halle sah es zwar nicht aus wie auf einem Schlachtfeld, aber es fehlte nicht mehr viel. Einige Gäste hatten in ihrer Angst die vollen Tabletts umgestoßen. Die Gläser waren zerbrochen, die Getränke ausgelaufen.
»Am besten ist, wenn wir zusammenbleiben«, schlug ich vor. »Und zwar hier in der Halle, da sind wir auch schnell an der Tür.«
»Dann sollen wir warten, bis etwas geschieht?« hakte der Bürgermeister nach.
»Erst einmal ja. Ich weiß nicht, wo ich die Gegner suchen soll«, gab ich zu.
»Vielleicht weiß ich es, John.«
Nadine Berger hatte die Worte gesprochen. Überrascht blickte ich sie an.
Sie lächelte verlegen. »Ich wollte dir doch etwas erzählen, bin aber nicht dazu gekommen, weil dieser schreckliche Mord passiert ist. Gestern war ich allein im Haus. Don wollte noch Wein holen, und da hatte ich ein unheimliches Erlebnis…« Nadine berichtete, was vorgefallen war. Ich hörte sehr aufmerksam zu, und mich interessierte besonders die Uhr, von der sie gesprochen hatte.
Sie schien Nadines Erzählungen nach zu urteilen ein wichtiges Indiz zur Lösung des Falles zu sein. »Wo steht die Uhr?«
Nadine drehte sich halb und deutete auf eine verschlossene Tür.
»Dahinter.«
Bevor ich ging, sagte der Bürgermeister. »Diese Uhr hat übrigens in der Wohnung des Kindermörders gestanden.«
Das zweitletzte Wort brachte mich auf eine Idee. »Sagen Sie, Mr. Kiboran, Ihr Großvater war doch zugegen, als der Kindermörder gefaßt wurde.«
»Er hat ihn sogar erschossen.«
»Okay, auch das. Wie haben die Kinder eigentlich ausgesehen, als sie gefunden wurden? Wissen Sie das vielleicht?«
»Mein Vater hat es mir erzählt. Sie waren völlig normal, bis auf den Kopf. Gesichter hatten sie nicht mehr, sondern nur noch Teufelsfratzen.«
Als er das sagte, schrie Marion Mitchell auf und starrte ihn aus schockgeweiteten Augen an. »Was hat sie?« fragte Kiboran.
»Solch ein Kind hat den Blonden getötet«, antwortete ich.
»O Gott.« Der Bürgermeister wurde bleich. »Dann – dann gibt es sie tatsächlich. Dann stimmen die alten Geschichten, die besagen, daß es hier spuken soll.«
»Es sieht so aus.«
»Und wie wollen Sie Tote umbringen?« fragte Don Mitchell.
»Erst einmal muß ich sie haben«, erwiderte ich. »Ich weiß schließlich nicht, wo sie sich aufhalten.«
»Hier im Haus«, behauptete Nadine.
»Das sagst du so. Hast du Beweise?«
»Die Uhr…«
Ich nickte und ließ mich jetzt nicht mehr aufhalten, sondern ging auf die Tür zu, hinter der sich die geheimnisvolle Uhr befand. Die wollte ich mir ansehen.
In dem Raum roch es muffig. Ich machte Licht und sah die Uhr sofort. Sie stach direkt ins Auge, man konnte wirklich nicht an ihr vorbeischauen.
Einen Schritt davor blieb ich stehen. Die Uhr sah völlig normal aus. Ein altes englisches Standmodell, vielleicht zweihundert Jahre alt, ich bin da kein Fachmann. Mir fiel weiterhin auf, daß dieses Stück noch sehr gut erhalten war. Es war nicht restauriert worden, ich sah es in seinem Urzustand vor mir. Das Ticken war nicht übermäßig laut, und mit einem Blick auf das Zifferblatt stellte ich fest, daß die Uhr die richtige Zeit anzeigte. Auf die Minute genau.
Niemand war mir in das Zimmer gefolgt. Eine gewisse Scheu hielt die Menschen davor ab. Sie waren in der offenen Tür stehengeblieben.
Alle zuckten wir zusammen, als die Uhr schlug. Achtmal!
Vier Stunden vor Mitternacht. Irgendwie kam mir dieser Begriff in den Sinn.
Ich wollte etwas ausprobieren und holte mein Kreuz hervor. Die anderen beobachteten staunend, wie ich das Kruzifix dem Zifferblatt näherte und plötzlich etwas Seltsames geschah.
Wie verrückt begannen sich die Zeiger zu drehen. Das alte Holz ächzte und stöhnte, als wäre Leben in ihm. Die Uhr schlug ununterbrochen, die Gewichte schleuderten hin und her, die Perpendikel schlugen ebenfalls aus, und ich trat sicherheitshalber einen Schritt zurück, um nicht getroffen zu werden. Sobald eine gewisse Entfernung zwischen der Uhr und dem Kreuz bestand, liefen die Zeiger wieder normal. Sie pendelten sich sogar auf die herrschende Zeit ein. Ein Phänomen, wirklich. Ich drehte mich um.
Aus blassen Gesichtern starrten mich die Zurückgebliebenen an.
In den Augen las ich die unausgesprochene Frage. »Tut mir leid, aber ich weiß selbst nicht, aus welchem Grund die Uhr so reagierte.«
»Die ist dem Bösen geweiht«, sagte Nadine. »Das
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