0155 - Gegen G-men und Gangster
Chef war unser Personalleiter, Thomas Bender. Gestern nacht hatte ich einen Telefonanruf erhalten, und jetzt war ich im Begriff, die Kugel in Bewegung zu setzen. Wenn sie einmal rollte, war sie nicht mehr aufzuhalten, aber auch ich wußte nicht, wohin sie rollen würde.
»Entschuldigen Sie die Störung, Sir, aber ich glaube, es ist dringend. Können Sie veranlassen, daß wir Guy Hollet aus dem State-Jail holen können?«
Der Chef preßte die Lippen zusammen. Die Unterredung in jener Nacht hatte mit wenigen Sätzen John B. Highs geendet. Ich hatte diese Sätze in der Erinnerung behalten, und ich hatte mich danach gerichtet.
»Als Chef des FBI von New York kann ich nicht zustimmen«, hatte Mr. High gesagt. »Alles, was ich für Sie tun kann, ist, daß ich vergesse, was wir heute nacht gesprochen haben. Machen Sie mir keine Meldung mehr, die diese Angelegenheit betrifft. Handeln Sie, wie Sie es für richtig halten. Und denken Sie daran, daß ich mich nicht vor Sie stellen kann, wenn die Zentrale in Washington eine Untersuchung gegen Sie einleitet.«
Kein Wort hatte er darüber verloren, daß auch er ejn erledigter Mann war, wenn wir dieses Nachtgespräch nicht vergaßen. Für Phil und mich und sicherlich auch für John Healthy war es selbstverständlich, daß wir Mister High nicht mit hineinziehen würden, selbst wenn wir bis an die Ohren in die Patsche gerieten.
»Packen Sie aus, Jerry!« sagte der Chef.
Ich legte einen Stoß Unterlagen auf seinen Tisch. Sie waren aus dem Untersuchungsmaterial gegen Hollet zusammengestellt, und sie stimmten sogar. Hollets Geschäfte und Unternehmungen der letzten zehn Jahre waren im Prozeß nur am Rande berührt worden. Es war bekannt, daß die Hollet-Gang von der Verhaftung und Verurteilung des Chefs praktisch unberührt geblieben war, und die Aufgabe des FBI, nicht nur den Mann, sondern auch sein Werk unschädlich zu machen, war mit Hollets Verurteilung erst zur Hälfte gelöst worden.
»Die Beziehungen zwischen der South-Fruit-Company in New York und der Anglo-American-Sales-Inc. in Chicago sind immerhin soweit geklärt, daß beide Unternehmungen geschlossen werden können. Wir brauchen aber Hollets Aussage über seine Beteiligung an der Anglo-American. Dieser Punkt ist im Prozeß nicht berührt worden. Ich halte die Anglo-American für die wirkliche Zentrale.«
Mr. High vertiefte sich in die Akten.
Er las langsam und gründlich und brauchte fast eine Stunde dazu.
»In Ordnung«, sagte er schließlich, klappte den Aktendeckel zu und drückte auf den Knopf der Haussprechanlage.
»Stellen Sie ein Anforderungsschreiben an das Zuchthaus in Yonkers auf den Namen Guy Hollet aus. Wir brauchen den Burschen noch einmal. Er wird von Cotton abgeholt. Geben Sie mir ein Gespräch mit Yonkers.«
Es dauerte nur zwei Minuten, bis das Telefon läutete. Mr. High nahm ab und verlangte den Zuchthausdirektor.
»Hier sprich John D. High, FBI-Büro New York. Direktor Myween am Apparat? Hallo, Direktor. Wir brauchen Guy Hollet noch einmal. Ich lasse ihn abholen.«
Er legte auf. Drei Minuten später läutete das Telefon erneut.
»High! Ja, Mr. Myween, es geht in Ordnung. Danke für den Rückruf.«
Die Sekretärin brachte die Formulare. Der Chef Unterzeichnete und siegelte sie. Dann reichte er sie mir.
»Wen nehmen Sie mit, Jerry?«
»Phil und noch drei Leute. Wer ist frei, Mr. Bender?« wandte ich mich an den Personalchef.
»Sie können Refood, Ranks und Stenton haben«, antwortete er nach kurzem Überlegen.
»Nehmen Sie Healthy nicht mit?« fragte Mister High gespannt.
»Ich dachte, es wäre besser, wenn Hollet ihn nicht sieht. Ich glaube, es wäre ziemlich grausam, ihn noch einmal mit dem Mann zusammenzubringen, der ihn gestellt hat.«
»Richtig. Passen Sie gut auf Hollet auf und sorgen Sie dafür, daß er Ihnen nicht abhanden kommt.«
»Keine Sorge, Chef«, antwortete ich, und das war so ziemlich die verlogenste Antwort, die ich je gegeben habe.
***
Absatz 73 der FBI-Dienstvorschrift regelt genau die Maßnahmen, die beim Transport von Gefangenen zu beachten sind, und der Unterabsatz c gibt Einzelanweisungen für den Transport bereits Verurteilter. Es werden zwei Fahrzeuge und mindestens vier G-men, die Fahrer eingerechnet, vorgeschrieben.
Nun aber zur Sache.
Phil setzte sich an das Steuer des Dienstautos.
»Heh«, sagte Refood. »Fährst du nicht mit Jerry?«
»Er läßt mich doch nicht ans Steuer«, brummte Phil. »Habe Lust, selbst zu fahren.«
»Okay, dann fahre ich mit
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