0155 - Gegen G-men und Gangster
dich schon herauswinden. Im schlimmsten Fall quittiere ich auch den Dienst, und wir stellen zusammen ein Team auf die Beine, gegen das Sherlock Holmes und Dr. Watson einfach Waisenknaben waren. — Schlaf gut!«
Die Tür hatte sich kaum hinter ihm geschlossen, als das Telefon schrillte. Guy Hollet war am Apparat.
»Ich habe mir deine Vorschläge durch den Kopf gehen lassen«, sagte er lakonisch. »Wir arbeiten also zusammen!«
»So schnell hätte ich deine Zustimmung nicht erwartet; besonders jetzt nicht.«
»Warum nicht?«
»Rag!«
»Den haben wir schon beerdigt. Er hat ohne meinen Befehl gehandelt. Hättest du ihn nicht…, so hätte ich ihn…«
Ich verzichtete darauf, ihn zu fragen, ob er auch Smally getötet hatte, der ja immerhin in der Kneipe auf der Chambers-Street versucht hatte, mich in die Gewalt der Gang zu bringen. Ich spielte Hollets Spiel mit.
»Gut«, sagte ich. »Wie stellen wir es also an, dich herauszuholen?«
»Ich denke, das besprechen wir lieber persönlich. Komm morgen zum Sägewerk!«
»Vielen Dank! Ich könnte mir vorstellen, daß ihr Aguzzos Grube so breit angelegt habt, daß für mich auch noch Platz ist.«
»Hör zu«, sagte er wütend. »Wir können nicht Zusammenarbeiten, wenn du kein Vertrauen zu mir hast.«
»Ich habe jedes Vertrauen zu dir«, sagte ich, »aber ich möchte meine Gutgläubigkeit nicht unnötig auf die Probe stellen. Schlage einen neutralen Treffpunkt vor.«
»Okay, wir wählen die Stelle, an der die Straße zum Sägewerk von der Hauptstraße abbiegt. Ich denke, so weit kann ich mich ins Freie trauen, ohne gleich von einer Cop-Streife gefaßt zu werden.«
»Einverstanden. Um wieviel Uhr?«
»Um sechs! Dann sind noch keine Leute unterwegs.«
»Sagen wir, noch eine Stunde früher. Ich muß mich bis spätestens neun Uhr beim FBI gemeldet haben, sonst wird per Steckbrief nach mir gesucht.«
»Einverstanden!« Es knackte in der Leitung. Er hatte aufgelegt. Meine Laune stieg um einige Grade. Vielleicht blieb mir doch eine Chance.
***
Ich glaube, daß die vierte Morgenstunde ungefähr die ruhigste Stunde in New York ist. Die Nachtschwärmer, die sonst gewisse Straßen unruhig machen, sitzen um diese Zeit in irgendeiner Bar fest, oder sie befinden sich bereits wieder in den Händen ihrer Ehefrauen. Einzelne Straßenkehrmaschinen rumpeln über das Pflaster. Die Milchmänner beginnen erst mit ihren Rundfahrten, und die Zeitungsautos warten noch vor den Druckereien.
Ich zischte mit dem geliehenen M.G.
durch die leeren Straßen nach Bronx hinaus. Die Beleuchtung brannte noch, aber die Nacht war bereits in das fahle Dämmerlicht des Morgens übergegangen, und als ich die Sperre an der Stadtgrenze erreichte, war es bereits so gut wie taghell geworden.
Der Polizist, der mich kontrollierte, fragte:
»Wo wollen Sie so früh hin, Mann?«
»Ich denke, daß das Sie einen feuchten Kehricht angeht«, antwortete ich patzig. »Ich frage Sie ja auch nicht, was Ihnen Ihre Frau auf die Frühstücks-Sandwiches geschmiert hat.«
Einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte er zornig werden, aber dann beschränkte er sich darauf, zu knurren: »Hauen Sie bloß ab, Mann!«
Die Straße nach Yonkers lag frei vor mir. Hin und wieder kam mir ein Lastwagen entgegen, der irgendwelche Nahrung für New Yorks unersättlichen Bauch in die Stadt schaukelte.
Ich sah nach der Armbanduhr. Es war zwölf Minuten vor fünf Uhr. Ich konnte pünktlich am Treffpunkt sein. Trotzdem fuhr ich langsamer und überlegte mir, was ich anstellen sollte, um nicht an diesem schönen Morgen ins Gras beißen zu müsen. Das erorberte Arsenal hatte ich bei mir, und da ich im Kleiderschrank ein zwar etwas schäbiges, aber sonst noch ganz brauchbares Schulterhalfter gefunden hatte, saß die Pistole auch wieder an der gewohnten Stelle. Daß es eine Webston und nicht die alte Null-Acht war, störte mich nur wenig.
Als ich die Kreuzung erreichte, ging ich in den zweiten Gang hinüber und fuhr ganz langsam. Ich war entschlossen, den Wagen nicht früher zu verlassen, bis ich Guy Hollet vor mir hatte. Das war die einzige Sicherung, die es gab.
Weder an der Kreuzung, noch in der Nebenstraße war irgend etwas von den Gangstern zu sehen.
Ich stellte den M.G, so ab, daß ich in’ die Seitenstraße blicken konnte, zündete mir eine Zigarette an und wartete.
Eine Viertelstunde verging, ohne daß sich irgendwer oder irgend etwas blicken ließen. Ich begann mich zu fragen, was Hollet damit bezweckte, daß er mich
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