0156 - Perlen, Gangster, Menschenhaie
schlage vor, dass wir Richtung Osten den Strand entlangmarschieren«, sagte ich. »Auf dieser Seite der Insel scheint sich nichts abzuspielen, denn wir haben nicht einmal Fußspuren gefunden. Wenn irgendwo etwas los ist, kann es nur noch auf der Südseite sein.«
»Einverstanden«, nickte Phil. »Wollen wir unsere Pistolen mitnehmen?«
»Die Dienstpistolen auf jeden Fall. Man weiß nicht, in welche Lage wir geraten können. Völlig waffenlos möchte ich da nicht sein. Die Maschinenpistolen und den anderen Kram lassen wir vorläufig im Versteck.«
Wir knöpften unser Zelt zu und setzten uns in Marsch. Insgesamt mochte die Insel von West nach Ost etwa zehn Meilen im Durchmesser sein. Da sie elliptische Form haben sollte, musste ihre Nord-Süd-Achse also die kürzere sein. Wir hatten ungefähr vier Meilen, zurückgelegt, als der Urwald bis an die Küste vordrang, die hier senkrecht ins Meer abfiel. Mühsam bahnten wir uns den Weg durch mannshohe Farne, zwischen Lianen und über vermodernde Baumstämme hinweg. Schon war die Hitze treibhausartig, und der Schweiß brach uns aus allen Poren.
Zum Glück kamen wir schon nach einer weiteren halben Meile wieder auf einen Sandstrich, wo man bequemer ausschreiten konnte. Wir waren jetzt schon am östlichsten Punkt vorbei, denn vor uns sahen wir eine Landzunge nach Süden ragen. Sie war ungefähr eine Meile lang und stand praktisch in einem rechten Winkel zum Südstrand.
***
Wir blieben stehen und betrachteten interessiert die Landzunge. Ungefähr zwei Meilen entfernt zog sich ein hoher Palisadenzaun quer über die Halbinsel. Weiter draußen erkannten wir ein großes Blockhaus mit einem flachen Dach, auf dem jemand stand. Aber wir waren zu weit weg, als dass wir auch nur hätten erkennen können, ob es ein Weißer oder ein Eingeborener war.
Unter der Sonnenglut stöhnend, setzten wir unseren Weg fort. Nach etwa einer halben Stunde standen wir nur noch ein paar Yards vor dem Zaun. Jetzt konnten wir die Bucht überblicken, die zwischen der Insel und der Landzunge lag. Ziemlich weit draußen lag regungslos ein mittelgroßes Ruderboot.
Vom Blockhaus her, dessen flaches Dach etwa in gleicher Höhe wie die Spitzen des Palisadenzaunes zu liegen schien, wurden wir angerufen: »Haaaallooooo!« Wir erwiderten den Ruf und warteten. Nach einiger Zeit wurde im Zaun ein winziger Durchgang geöffnet. Zwei bärtige Männer erschienen darin. Sie hielten Gewehre in der Hand und sahen uns nicht eben freundlich an.
»Wer seid ihr?«, fragte der Größere der beiden.
»Ich heiße Jerry Cotton«, stellte ich uns vor. »Das ist mein Freund Phil Decker. Wir kommen aus New York und wollten unseren Urlaub in der Südsee verbringen. Um ein Haar hätten uns entweder die Haie oder sonst was weggerafft.«
»Wieso?«
»Wir segelten ein bisschen vor der Küste. Mein Freund hatte Wache, schlief aber ein. Als wir beide auf wachten, war die Küste weg, und es war Nacht. Einen Kompass besaßen wir leider nicht. Wir segelten einfach der Nase nach in die Richtung, wo wir die Küste vermuteten. Aber es war eben nur eine Vermutung. Gestern Abend sind wir hier an Land gegangen. Da waren wir aber schon vier Tage unterwegs.«
»Vier Tage?«, fragte der Bärtige misstrauisch.
Ich zeigte nur auf unsere Bartstoppeln, die wir seit dem Morgen, als wir aus dem Hotel auszogen, stehen gelassen hatten. Er fragte noch, von wo wir äusgesegelt wären, und ich sagte es ihm. Jetzt ließ er sich endlich dazu herab, uns ins Blockhaus einzuladen.
Hinter uns wurde der Durchgang im Zaun wieder geschlossen und mit kräftigen Balken festgestemmt.
»Ich heiße Jim Flint«, sagte der Größere, ein Kerl mit einem verwegenen, braun gebrannten Gesicht. »Das ist Rock Hunter. Wir sind auch Yankees. Kommt mit ins Haus.«
Wir folgten der Einladung und wurden mit Tee und Maisfladen bewirtet, zu denen es einen sehr süßen Honig gab. Anschließend schob Flint eine Packung Zigaretten über den Tisch. Wir bedienten uns.
Flints Augen lagen tief in den Höhlen und die Lider waren gerötet, wie bei jemandem, der seit langer Zeit nicht mehr geschlafen hat. Dieselben Merkmale entdeckten wir auch bei Hunter.
»Gibt wohl hübsche Mädchen hier, was?«, meinte ich grinsend.
Flint lachte geringschätzig.
»Dafür haben wir keine Zeit. Hört zu, ihr beiden! Ich sage euch ehrlich, es passt mir nicht, dass ihr gerade hier landen musstet. Aber jetzt seid ihr einmal da, und ohne Kompass kommt ihr von hier nicht wieder weg. Da könnten wir euch
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