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0159 - Der Engel, der ein Teufel war

0159 - Der Engel, der ein Teufel war

Titel: 0159 - Der Engel, der ein Teufel war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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vertickte, der Porsche fraß die Meilen, und der Regen rauschte mit unverminderter Wildheit weiter. Es donnerte und blitzte. Ein richtiges Höllenwetter.
    Ich fühlte mich trotzdem besser.
    Allerdings hatte ich keinen Grund dazu, wie ich sehr bald erfahren sollte! Eine Teufelin, die wie ein Engel aussah, hatte die Falle bereits gestellt, in der ich mich fangen sollte…
    ***
    Die nächste Viertelstunde dehnte sich zu einer halben Ewigkeit, denn wir schwiegen konsequent; jeder ging seinen eigenen Gedanken nach. Dann aber hatten wir unser Ziel erreicht. Bill schnalzte und tippte die Bremse. Der Porsche rollte auf dem kiesbestreuten Hof aus. Vor uns wuchs ein trutziges, altes Haus aus der nassen Dunkelheit empor, ein wuchtiges Ding mit spitzen Erkern und Türmchen und großen, oben gerundeten Fenstern. Im ersten Stock waren sie alle dunkel, aber unten, im Erdgeschoß brannte Licht. Schmale Flecken fielen in die aufgewühlte Nacht heraus und wurden vom Regen verwaschen, so daß sie wie Irrlichter aussahen.
    Angies Grillhouse wirkte wie ein Räubernest. Düster, unheimlich, vernachlässigt. Und Regen und Nebel taten das ihre dazu, um die Phantasie anzutörnen.
    »Laß dich nicht täuschen, John«, meldete sich Bill Conolly, der meine Gedanken offenbar erraten hatte.
    »Ich vertraue dir und deinem guten Geschmack.«
    »Und du wirst es nicht bereuen!«
    »Dann mal los.«
    »Und wie. Ich habe einen Bärenhunger!«
    Jetzt, da Bill das ausgesprochen hatte, merkte ich auch das unsanfte Ziehen in meiner Magengegend. Kein Wunder, denn ich hatte heute Mittag das Kantinenessen ausfallen lassen und durchgearbeitet. Die Aktenberge wurden nicht weniger.
    Bill holte tief Luft, dann stieß er die Tür auf und hetzte los. Ein kalter Luftzug fauchte herein, und der weckte meine Lebensgeister vollends. Ich brummte, dann folgte ich Bill im Sturmschritt.
    Regen klatschte mir ins Gesicht und verklebte die Haare und rann mir in den Hemdkragen. Ich prustete und verwünschte den guten Petrus zum wohl x-ten Mal an diesem Tag, dann aber kam ich neben Bill Conolly an, der auf der überdachten Veranda auf mich wartete.
    »Alles klar?«
    »Wasser schändet nicht«, versetzte ich bissig.
    »Daß du mir keine Schande machst. Angie ist sehr sensibel.«
    »Ich werde mir Mühe geben.«
    »Dann mal los!«
    Er kannte sich hier aus, deshalb ging er voraus. Heute hatte er offenbar sowieso seinen großen Tag, was die Hektik anbetraf, denn so aufgedreht hatte ich den guten Bill schon lange nicht mehr erlebt.
    Drei Sekunden später verstand ich ihn.
    Angies Grillhouse war wirklich ein Hammer. Mehrere kleine Räumlichkeiten, die Wände mit dunkel gebeiztem Holz verkleidet, wuchtige Deckenbalken aus ebenfalls dunklem Holz, schwere, rustikale Leuchter, die ein sanftes Goldlicht verströmten. Die Tische standen in kleinen Nischen, die Tischtücher waren einfach, aber sehr sauber, und auf jedem Tisch stand eine Kerze.
    Ich fühlte mich sofort wohl. Die Bilder an den Wänden stammten nicht von großen Künstlern, sondern von Amateuren. Bill hatte mich darauf hingewiesen, deshalb sah ich auch genauer hin.
    Sie waren mit sehr viel Liebe und Detailfreude gemalt und hatten den gewissen Sense, den ein Bild braucht, um ein zweites Mal angeschaut zu werden. Und das weiche Licht tat das seine, um sie hervorragend zur Geltung zu bringen.
    »Wir gehen nach hinten«, kommandierte Bill, und ich marschierte hinter ihm her, und ließ meine Blicke über die Jagdszenen und bäuerlichen Landschaften gleiten.
    Dann nahmen wir einen kleinen Tisch in Beschlag, der nicht weit von der kleinen Theke entfernt stand.
    Viel Betrieb war momentan ohnehin nicht, es waren nur vier Leute anwesend: ein offenbar sehr verliebtes Pärchen, das fast verbissen Händchen hielt, dann an dem Tisch uns gegenüber ein älterer Mann, der in das Studium der Times vertieft war, und etwas weiter im Hintergrund ein jüngerer Mann, der sichtlich zufrieden an einem Riesensteak herumsäbelte.
    Bill lehnte sich zurück und sah mich an. »Na?«
    »Du hast nicht zuviel versprochen.«
    »Gib schon zu: Der Weg hat sich gelohnt.«
    »Erst nach dem Essen.«
    »Typisch Beamter, immer skeptisch.«
    Eine Entgegnung konnte ich ihm nicht mehr servieren, denn in diesem Augenblick klappte die Tür, die in die Küche hinausführte, auf, und Angie schoß herein.
    Und Angie war der zweite Hammer.
    Ehrlich, so eine Frau war mir bislang noch nie begegnet. Sie war groß, mindestens zwei Köpfe größer als ich, und so breit wie ein

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