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0159 - Der Engel, der ein Teufel war

0159 - Der Engel, der ein Teufel war

Titel: 0159 - Der Engel, der ein Teufel war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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lachten. Dann wehte ein herrlicher Duft von der Küche her, und wir schnupperten beinahe synchron.
    »Jetzt ist es gleich soweit!« Bills Augen glänzten vor lauter Aufregung, er kam mir vor wie ein Teenager vor dem ersten Rendezvous. Ich aber fragte mich, ob er mich damit nur auf alle Fälle von meinen beruflichen Problemen ablenken wollte. Ich kannte meinen Freund ziemlich gut.
    Der Schalk saß in seinen Augen, als er meinen forschenden Blick erwiderte, und da wußte ich, daß es ihm ernst war.
    Angies Steaks mußten wirklich wahre Wunderwerke sein.
    Ich war schon mächtig gespannt, und jetzt knurrte sogar mein Magen, und das Wasser lief mir im Munde zusammen.
    »Ich werde die Galgenfrist nutzen und mal schnell verschwinden. Bin gleich wieder da.«
    »Keine Bange, ich laufe dir nicht weg.«
    Darauf fiel ihm nichts ein, und der Punkt ging klar an mich, Rache ist doch süß. Grinsend sah ich ihm nach, wie er Richtung Toilette stiefelte.
    Dann schloß ich die Augen. Die milde Wärme, die in dem Raum herrschte, war angenehm. Draußen, vor den Fenstern, deren hübsche Vorhänge zugezogen waren, rauschte noch immer der Regen, ich glaubte nicht, daß er heute noch einmal aufhören würde. Eine heimelige Atmosphäre, wirklich. Ich hatte Angie vorhin nicht angeschwindelt: hier konnte man sich wirklich auf Anhieb wie zuhause fühlen.
    Ich schaltete ab, hatte den Kopf jetzt ganz leer, dachte nur an diesen Freitag-Abend, und daran, daß ich morgen ausschlafen konnte. Für mittags hatte ich mich mit Jane Collins verabredet, wir wollten gemeinsam ein bißchen hinausfahren, Spazierengehen, händchenhalten. Darauf freute ich mich jetzt auch. Aber ich freute mich zu früh.
    Plötzlich ahnte ich das.
    Ich öffnete meine Augen wieder. Und dann sah ich sie!
    Unwillkürlich hämmerte mein Herz ein paar Takte schneller. Ich hätte schwören können, daß niemand den Raum betreten hatte in dem kurzen Augenblick, in dem ich die Augen geschlossen gehabt hatte, aber dennoch war sie jetzt da, und niemand von den anderen Gästen schien dies ungewöhnlich zu finden.
    Ich war so verblüfft, daß ich sie wie verhext anstarrte.
    Ihr Gesicht war schmal, sehr ebenmäßig, sehr weiblich und doch von einer kindlichen Naivität, ihr Mund war weich und geschwungen und schien zum Küssen wie geschaffen. Die unnatürlich hellen Augen, die direkt auf mich gerichtet waren und meinen Blick mit einer Art spöttischer Belustigung erwiderten, bildeten zu dem roten Haar einen eigenartigen Kontrast. Überhaupt, dieses Haar… Es umspülte ihren Kopf wie Meeresbrandung, die von den blutroten Strahlen der Morgensonne Übergossen wurde.
    Ich wurde unruhig, meine Handflächen schweißnaß.
    Himmel, das war mir noch nie passiert.
    Sie verwirrte mich.
    Und noch immer starrte sie lächelnd zu mir her. Ihr hübsches Kinn war trotzig vorgeschoben. Die Augen schienen ihre Farbe zu ändern… Die Helligkeit verschwand, machte einer eigenartigen Schwärze Platz, in deren Tiefen unvermittelt ein düsterroter Funke glomm.
    Hart schluckte ich.
    Eine Kälte, die schlimmer war als die Kälte draußen in der Nacht, sickerte in meinen Kopf und breitete sich darin aus.
    Der düsterrote Funke in ihren Augen wurde größer.
    Sie erhob sich in einer geschmeidigen, gleitenden Bewegung.
    Das schwarze, schleierartige Gewand, das sie trug, umfloß ihren Körper, betonte ihre kleinen, festen Brüste, ihren flachen Bauch, ihre festen Schenkel…
    Es war ein Gewand, das überhaupt nicht hierher, und erst recht nicht zu diesem Regenwetter paßte. Verdammt, hier stimmte eine ganze Menge nicht!
    Der Gedanke loderte mit reißender Wucht in mir hoch und war im gleichen Augenblick wieder vergangen.
    Ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden. Ihr Lächeln verbreiterte sich. Ein stummes Versprechen war darin eingewoben.
    Die Zeit schien zu gefrieren. Die anderen Gäste existierten nicht mehr, es schien, als seien sie einfach weggeschnippt worden.
    Nur sie existierte noch.
    Sie kam an meinen Tisch, sah auf mich herunter. »Ich bin Lavinia«, sagte sie.
    Ihre Stimme war dunkel und sanft wie Seide. Ich geriet noch mehr ins Schwärmen, und irgendwo, weit entfernt von mir selbst, begriff ich, daß nicht ich es war, der diese Gedanken dachte.
    Ich wollte mich wehren, die Panik machte mir zu schaffen, aber ich hatte verloren, noch bevor ich anfangen konnte zu kämpfen.
    »Komm!«
    Sie reichte mir ihre schmale Hand. Das seidenartige Gewand raschelte kaum hörbar.
    Die Aura, die sie umhüllte, raubte

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