016 - Die Schlangenköpfe des Dr Gorgo
glühten darin die
dunklen Augen.
»Gorgo«, stammelte Sarah Malcolm. »Sie sind es, nicht wahr? Und
ich - habe ihnen vertraut! Ich bin auf Ihren faulen Trick hereingefallen.«
Der Mann neben ihr lächelte eiskalt. Wie zwei Striche wirkten die
schmalen Lippen in dem glatten Gesicht.
»Ich bewundere Ihren Scharfsinn, Miß Malcolm. Sie nennen mich
Gorgo. Nun, das ist zwar nicht mein richtiger Name, aber ich habe mir
angewöhnt, darauf zu hören.« Er kicherte leise vor sich hin, und Sarah Malcolm
hatte das Gefühl, eine eisige Hand auf ihrem Herzen zu spüren.
Gorgo machte sich wortlos an dem flachen Instrumententisch zu
schaffen. Die Londonerin entdeckte eine Knochensäge, einen Behälter, der eine
farblose Infusionslösung enthielt, mehrere aufgezogene Spritzen und ein großes
Schlachtermesser.
Gorgo betätigte einen Schalter. Die Röhren in der überdimensionalen
Lampe an der Decke direkt über dem Operationstisch flackerten und beleuchteten
dann in gleißender Helle den Raum.
Der Unheimliche trug einen weißen Arztkittel und eine in der Farbe
dazu passende Mütze. Das Mundtuch hing an einer chromblitzenden Stange, die an
der Seite des Instrumententisches herausgezogen worden war.
Bedächtig streifte Gorgo sich die hauchdünnen Gummihandschuhe
über.
»Warum, Gorgo?« fragte Sarah Malcolm mit rauher Stimme, und sie
wollte nicht glauben, daß diese gespenstische Szene hier Wirklichkeit war.
Sicher war alles nur ein böser Traum. Sie hatten heute abend von Gorgo
gesprochen -, ünd nun beschäftigte sich ihr Bewußt- sein mit diesen Dingen.
Aber es war alles so fühlbar echt. Sogar die Schmerzen im Fuß
kehrten wieder zurück. Stark und heftig, bewiesen sie ihr, daß die Episode vor
dem Eingang zur Untergrundstation alles andere als ein Traum gewesen war.
Das Mädchen versuchte mit allen Mitteln Zeit zu gewinnen. Sie
glaubte von diesen Dingen hier zumindest so viel zu verstehen, daß sie es mit
einem gefährlichen Irren zu tun hatte. Ein Verrückter, der Menschen
verstümmelte! Sie hatte mal gelesen, daß es gut war, solche Leute in ein
Gespräch zu verwickeln und sie abzulenken. Vielleicht vergaß er dann sein
scheußliches Vorhaben.
Am liebsten hätte sie losgeschrien. Aber sie hatte ihren Körper
nun so weit unter Kontrolle, daß sie von sich aus behaupten konnte, die Dinge
zu erfassen und logisch zu überdenken.
Sarah begriff, daß es keinen Sinn gehabt hätte, zu brüllen und zu
rufen. Sicher hatte sie dieser unheimliche Geistesgestörte an einen abgelegenen
Ort geschafft, wo er vor jeder Entdeckung sicher war.
»Und warum ausgerechnet ich?« fuhr sie mit leiser, bedrückter
Stimme fort, obwohl sie sich Mühe gab, ruhig und gefaßt zu erscheinen.
Gorgo lächelte. Die dunklen, undurchdringlichen Augen richteten
sich auf das Mädchen, und Sarah glaubte, im Feuer dieses Blickes zu verbrennen.
»Keine andere, nein«, sagte Gorgo mit scharfer Stimme. »Ausgerechnet Sie - Sie
mußten es Sein! Deshalb hat es auch so lange gedauert. Ich mußte lange planen.
Es mußte alles seine Richtigkeit haben. Ihre Mutter heißt doch Gay, nicht
wahr?«
Sarah Malcolms Augen wurden zu schmalen Schlitzen.
»Ja. Wieso wissen Sie das?«
Daß das Gespräch sich in dieser Richtung entwickeln würde, damit
war nicht zu rechnen. Aber ihr konnte es nur recht sein. Jede Minute war für
sie gewonnenes Leben.
Gorgo verzog die Lippen. Die etwas auseinanderstehenden Zähne
wurden sichtbar, und schlechter Atem streifte das Gesicht von Sarah Malcolm.
Sie wagte nicht, sich abzuwenden, aus Furcht, ihre Reaktion könne ihn vielleicht
irritieren und spontan zu einer Handlung hinreißen.
»Sie sind jetzt achtzehn Jahre alt, Sarah. Ihre Mutter bekam sie
seinerzeit unehelich. Sie tragen den Mädchennamen ihrer Mutter. Gay heiratete
zwei Jahre später - aber Sie behielten den Mädchennamen Ihrer Mutter.«
»Woher wissen Sie das alles?« Die Londonerin hatte Mühe, ihre
Worte zu formulieren.
Der Angesprochene kicherte leise. »Ihre Mutter war etwas
selbstbewußter als Sie, Sarah. Ich kannte Gay, als sie etwa so alt war wie Sie
jetzt. Sie sehen Ihrer Mutter erstaunlich ähnlich. Sie sind genauso hübsch, so
attraktiv und so gefährlich. Mit einem Wort: Sie sind zu schön ...«
Er kam einen Schritt näher, betrachtete den schlanken,
wohlgestalteten Mädchenkörper, das anziehende, ebenmäßige Gesicht und ließ
seine schmalen, langen Finger durch das schwarze, seidig schimmernde Haar
gleiten, das luftig auf ihre Schultern fiel und über den
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