016 - Die Schlangenköpfe des Dr Gorgo
Hillman,
wartete bereits der Chauffeur. Larry und Higgins nahmen die Plätze im Fond.
»Angefangen hat das Ganze vor etwa drei Wochen«, begann Higgins
unaufgefordert, als der Hillman sich bereits in den Verkehr eingefädelt hatte.
»Wie Sie bereits wissen, war etwa zwei Monate davor das Mädchen Bianca Wells
spurlos verschwunden. Wir fürchteten sofort, daß auch sie Gorgo zum Opfer
gefallen war. Doch erst in der letzten Nacht, durch den Fund der Leichenteile,
hat sich dies bestätigt. In der dritten Woche nach der Vermißtmeldung nahm die
alleinstehende Mrs. Wells zum ersten Mal den Collie im Hinterhof des Hauses
wahr, in dem sie wohnt. Sie achtete zunächst nicht sonderlich auf das Tier und
glaubte, daß es irgendein Hund aus der weiteren Nachbarschaft sei, der
herrenlos herumstreunt. Doch dann geschah etwas Merkwürdiges: Der fremde Hund
fand wenige Tage später mal die Gelegenheit, in das Haus zu kommen. Er ging bis
zum obersten Stockwerk hinauf - genau bis zur Wohnung von Mrs. Wells. Dort
hockte er schließlich vor der Tür und winselte und jaulte. Er begehrte Einlaß
und verhielt sich so, als sei er hier zu Hause.«
»Ein herrenloser Hund, der Anschluß sucht. Collies sind treue
Seelen. Vielleicht hat in der Wohnung, die Mrs. Wells jetzt bewohnt, einmal
jemand gelebt, dem dieser Collie gehörte«, warf Larry Brent ein.
Higgins nickte bedächtig. Die klugen, freundlichen Augen des
Chiefinspektors waren auf den Amerikaner gerichtet. »Das glaubten wir zunächst
auch. Aber Mrs. Wells attackierte uns derart, daß wir uns entschlossen, in
dieser Richtung Nachforschungen anzustellen. Wir konnten ohne besondere
Schwierigkeiten die Vormieter zurückverfolgen. Und zwar für die letzten fünfzig
Jahre. Ich denke, das reicht. Collies, die so alt werden, gibt es ja wahrlich
nicht. Es konnte eindeutig festgestellt werden, daß weder im Haus noch in der
betreffenden Wohnung nie ein Mann oder eine Frau oder sonst jemand lebte, die
einen Collie besaß. Es gab also keinen plausiblen Grund, weshalb dieses fremde
Tier ausgerechnet in die Wohnung von Mrs. Wells wollte.«
»Wahrscheinlich ist sie besonders tierlieb. Möglich, daß das der
Hund gespürt hat.«
»Dieser Gedanke lag nahe und ist in der Tat nicht ganz von der
Hand zu weisen. Mrs. Wells erklärte uns, daß sie als junges Mädchen zwei Hunde
hatte. Unter anderem auch einen Collie. Aber das liegt schon fünfzehn bis
zwanzig Jahre zurück. Das Tier war sehr zutraulich. Mrs. Wells ließ den Collie
in die Wohnung.«
An dieser Stelle machte Higgins erneut eine Pause und nützte die
Gelegenheit, seine erloschene Pfeife neu anzuzünden.
»Und es geht noch einen Schritt weiter. Ich muß soweit ausholen,
Larry, damit Sie es verstehen. Der Collie kam in die Wohnung. Er fraß dort
etwas und verließ das Haus wieder. Zwei Tage später aber war er wieder da. Mrs.
Wells bemerkte das Tier nicht. Sie war gerade dabei, den Hausgang zu putzen.
Die Tür zur Wohnung stand offen, und die Tür zum Zimmer ihrer Tochter war nur
angelehnt. Mrs. Wells sah den Collie an diesem Morgen nicht kommen. Sie wurde
erst auf den Hund aufmerksam, als sie in die Wohnung zurückkehrte und
feststellen mußte, daß das Tier mitten auf dem einst von ihrer Tochter benutzten
Bett lag! Sie scheuchte den Collie davon. Mrs. Wells glaubte sich später daran
erinnern zu können, daß der Hund nur mit großer Überredungskunst und List vom
Bett zu vertreiben war. Mrs. Wells glaubte auch sich später erinnern zu können,
daß bei dieser Gelegenheit, der Name Bianca mehrmals fiel. Sie muß in etwa
folgendes gesagt haben: Nun geh schon, geh runter von dem Bett. Es gehört
Bianca. Verstehst du: es gehört Bianca! Dabei fiel ihr auf, daß der Collie bei
der Nennung des Namens Bianca eigentümlich reagierte. Er jaulte, sprang vom
Bett, strich um die Beine von Mrs. Wells und leckte ihr die Hand.«
»Vielleicht hat sie durch Zufall den Namen des Hundes entdeckt.
Vielleicht heißt der Collie genauso wie ihre Tochter.« Larry lehnte sich in das
Polster des Rücksitzes zurück.
Higgins nickte ernst. Der Chiefinspektor preßte kurz die Lippen
zusammen, ehe er fortfuhr: »Genau die gleichen Gedankengänge hatten wir auch.
Aber da ist eine merkwürdige Sache, die Sie unbedingt noch wissen sollten,
Larry: Der Collie ist keine Hündin. Und haben Sie schon mal gehört, daß man
einem Rüden einen weiblichen Vornamen gibt?«
●
»Sie schießen mit ziemlich harten Geschossen, Edward«, machte
Larry nach einer geraumen
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