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0161 - Zuletzt wimmern sie alle

0161 - Zuletzt wimmern sie alle

Titel: 0161 - Zuletzt wimmern sie alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zuletzt wimmern sie alle (2 of 2)
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meinen Händen herum. Ich hörte das metallische Geräusch eines Schlüssels, dann klackten die Schlösser.
    Ich stieß die Luft aus und brachte langsam meine Arme nach vorn. Ich rieb mir die schon wundgescheuerten Handgelenke und sagte: »Einen Augenblick. Mir sind die Hände steif geworden.«
    »Bewegen Sie Ihre Finger, damit der Blutkreislauf wieder angeregt wird«, riet mir der Ghef.
    Ich nickte. Wie ein Klaviervirtuose machte ich ein paar Fingerübungen.
    »Was zu schreiben da?« fragte ich dann den Freundlichen.
    Er fiel darauf herein.
    Ich sah wie in Großaufnahme, wie er die Pistole aus der rechten in die linke Hand nahm, wie der Lauf dabei aus der Zielrichtung geriet, wie er mit der rechten Hand in sein Jackett fuhr.
    Und jetzt brach ich los.
    Mein Haken warf den Freundlichen gegen die Wand, daß ich glaubte, er würde sie durchstoßen.
    Der Boß brüllte etwas.
    Der Bulle packte mich an der linken Schulter.
    Ich trat mit aller Wucht nach hinten aus.
    Er brüllte auf. Aber ich kümmerte mich um nichts mehr. Mit zwei, drei Sprüngen war ich am Fenster. Ich hechtete mit dem Kopf zuerst hinaus.
    Nicht umsonst hatte ich gesehen, daß unter dem Fenster schon das Hafenbecken begann. Ich flog sechs oder sieben Meter durch die Luft und klatschte dann mit vorgestreckten Armen ins Wasser.
    Es war eiskalt, und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, mir bliebe das Herz stehen.
    Dann sah ich vor mir im trübgrauen Zwielicht, das unter Wasser herrschte, den unförmigen Umriß eines Schiffsrumpfes auftauchen.
    Ich schwamm mit langen, ruhigen Zügen. Tiefer und tiefer zog ich mich hinab, bis ich unter dem Schiffsrumpf hinwegkam.
    Du kannst noch gut zehn Meter unter Wasser bleiben, redete ich mir ein, während ich weite Züge machte und die Düsternis zu durchdringen suchte.
    Der nächste Kiel tauchte vor mir auf, weniger tiefgehend als der erste. Ich kam noch verhältnismäßig mühelos unter ihm hindurch, aber dann begann es in meiner Brust zu stechen.
    Ich schluckte etwas von der Luft aus dem Mund hinab in den Magen und ruderte mit aller Gewalt weiter. Nur noch bis zum nächsten Kahn, sagte ich mir. Nur noch bis zum nächsten.
    Vor meinen Augen fingen rote Sterne an, einen verrückten Reigen aufzuführen. Die Brust wollte mir bersten, und mein Herz vollführte unregelmäßige, schmerzende Sprünge, als ich mit dem Kopf gegen etwas Hartes stieß.
    Ich strampelte mit den Beinen, schob mich mit den Händen an der glitschigen Stahlfläche entlang und tauchte auf.
    Keuchend rang ich nach Luft. Ich schluckte ein bißchen Wasser, als ich vor Atemholen das Schwimmen vergaß, aber ich blieb an der Oberfläche. Vorsichtig peilte ich die Lage, als ich wieder einigermaßen klar denken konnte.
    Ich war zwischen zwei Hafenschleppern aufgetaucht, und auf dem Rechten sah ich einen Mann gebückt irgend etwas verrichten.
    Ich stieß mich von dem Kahn ab, neben dem ich mich befand, und Schwamm hinüber zu dem anderen.
    »Hallo!« rief ich leise.
    Das Poltern auf dem Schiff verstummte. Noch einmal rief ich: »Hallo!«
    Ich hörte Schritte, und dann erschien der Kopf eines bärtigen TV-Mannes über mir auf dem Schiff.
    »Nu’ werd’ ich doch verrückt«, sagte er. »Mann über Bord! Wo kommen Sie denn her?«
    »Helfen Sie mir rauf! Es ist verdammt kalt hier drin!« sagte ich mit klappernden Zähnen.
    Er hielt sich mit der linken Hand irgendwo fest, beugte sich weit vor und streckte mir die rechte Hand entgegen.
    Zweimal warf ich mich hoch, aber erst beim zweitenmal gelang es mir, seine Hand so fest zu fassen, daß ich nicht wie er wegrutschte. Er preßte die Lippen fest zusammen und zog mich hoch.
    Ich fiel auf Deck und keuchte.
    Und dann hörte ich vom Ufer her ihre Stimmen. Der Freundliche war unverkennbar dabei.
    Ich kroch ein Stück weiter, bis ich im Schatten der Decksaufbauten lag.
    »Hören Sie!« rief ich dem Mann leise zu, der mich aus dem Wasser geangelt hatte. »Ich bin ein G-man, auf der Jagd nach gewissen Leuten. Man wollte mich abservieren, aber ich kam davon, weil ich durch ein Fenster direkt in den Bach sprang. Die Leute sind…«
    Ich kam nicht dazu weiterzusprechen, denn vom Ufer her dröhnte die Stimme des Chefs herüber:
    »Hallo, Sie da! Haben Sie einen Mann im Wasser gesehen?«
    Ich biß die Zähne aufeinander. Der Bärtige tappte zum Ufer hin, ohne mir einen Blick zu gönnen.
    »Einen Mann?« fragte er. »Was für einen Mann?«
    Ich atmete auf. Es sah nicht so aus, als würde er mich verraten. Langsam richtete

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