0163 - Der Zombie-Bus
Schnauze des braunen Bentley tauchte das große Eingangstor aus Schmiedeeisen auf. Die beiden Hälften standen sperrangelweit offen.
Der Bentley mit seiner höllischen Fracht rauschte hindurch.
Nach etwa 100 Yards führte die schmale Straße auf eine Kreuzung zu. Und dort mußte sich Ricardo Ray entscheiden.
Rechts führte der Weg nach London. Links ging es nach Wimbledon, das lag näher.
Wimbledon war berühmt geworden durch sein Tennisturnier.
Wurde nicht gespielt, dann war es ein ruhiger, beinahe verträumter Ort im Grünen.
An der Kreuzung stoppte Ricardo Ray und entschied sich dafür, nach links zu fahren Richtung Wimbledon. London reizte ihn zwar auch, aber da konnten sie noch während der Abendstunden und vor allen Dingen in der Nacht hin.
Da kein Verkehr herrschte, konnte er ruhig einen Moment warten. Er drehte den Kopf.
Die vier Grünhäutigen hockten im Fond. Zwar sehr eng, aber es ging. »Ich habe mich für Wimbledon entschieden«, erklärte der ehemalige Chemiker. »Einverstanden?«
Die Vampirzombies nickten. Sie hätten auch nie widersprochen, denn der Vampir war ihr Meister, dem sie nur zu gehorchen hatten. Auch die Frau, die sonst, als alle noch normal waren, oft gegen Ricardo gesprochen hatte.
Edna war seine Schwester. Sie hatte ebenfalls in dem Haus gelebt, zusammen mit der Gestalt, die neben ihr saß. Verheiratet waren sie nicht gewesen, denn Ryan Rogers gehörte zu seinen normalen Zeiten zu den Typen, die nichts von der Ehe, sondern nur etwas von der freien Liebe hielten. Er hatte sich Schriftsteller genannt, doch seine Lyrik wollte kein Verleger drucken. Geld besaß er nicht, und er schmarotzte sich so bei Edna durch, die einen Narren an dem Kerl gefressen hatte. Jetzt sah die Sache ja anders aus.
Neben dem früheren Dichter hockten Rays Brüder. Der um fünf Jahre jüngere Knabe hieß Ernest, der andere, nur zwei Jahre jünger, hörte auf den Namen Paul.
Das also war seine Familie.
Nur die Mutter hatte er nicht mitgenommen, weil alles so schnell gegangen war. Ricardo nahm sich jedoch vor, sie bei passender Gelegenheit zu holen.
Er fuhr wieder an.
Nach einigen 100 Yards tauchten die ersten Schilder auf, die zu den Parkplätzen wiesen, wo die Besucher der Tennisturniere ihre Wagen abstellen konnten. Jetzt waren sie verlassen. Die Straße führte bis Southampton, war gut ausgebaut, und Ray überlegte schon, ob er nicht bis zur Küste fahren sollte, verwarf den Gedanken jedoch wieder, denn London bot ihm und seinen Kreaturen wesentlich mehr Chancen unterzuschlüpfen.
Sie ließen Wimbledon hinter sich. Bis zur nächst größeren Ortschaft waren es noch ein paar Meilen, und Ray konnte auf die Tube drücken. Der Bentley wurde beschleunigt. Leicht überholte er zwei Lastwagen und auch einige Pkws. Immer wenn sie überholten, duckten sich die vier Wesen im Fond zusammen. Es brauchte niemand zu sehen, wer dort hinten im Wagen hockte.
»Wir brauchen Blut«, meldete sich Edna aus dem Fond. Sie rutschte unruhig hin und her, öffnete den Mund und präsentierte ihre beiden Vampirzähne.
»Später.«
»Nein, nicht später. Jetzt!«
»Du mußt dich noch gedulden. Die anderen tun es auch.«
»Die wollen auch Blut. Nicht wahr, Ryan.«
»Ja«, krächzte der ehemalige Dichter.
»Reißt euch zusammen!« zischte Ricardo Ray. »Wir können jetzt noch nichts unternehmen.«
»Lange warten wir nicht mehr«, drohte Edna.
Ray ärgerte sich. Er war überhaupt sauer, daß alles so hatte kommen müssen, aber er konnte nichts mehr daran ändern. Sinclair war zu schnell und stark gewesen. Er hätte jetzt tot sein müssen, wenn alles nach Plan gelaufen wäre, statt dessen befanden sie sich nun auf der Flucht nach vorn.
Das paßte Ray nicht.
Er war auch lange genug beim Yard gewesen, um zu wissen, wie Sinclair reagieren würde.
Fahndung!
Deshalb mußten sie damit rechnen, daß irgendwelche Landpolizisten nach dem braunen Bentley Ausschau hielten. Und aus diesem Grunde wollte Ricardo Ray so viele Meilen wie möglich zwischen sich und seinem Wohnhaus bringen.
Schnurgerade stach die Straße in die grüne Landschaft hinein.
Sie zerteilte Wiesen und Weiden, auf denen hin und wieder hohe Bäume mit gewaltigen Kronen wuchsen, die Dächer aus grünem Laub bildeten. Vereinzelt erschienen auch Gehöfte, die einsam zwischen den Feldern und Weiden standen.
»Dort können wir uns doch Blut holen«, sagte Edna, die immer unruhiger wurde.
»Später.«
»Verdammt, ich will aber nicht warten.« Sie schlug die
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