0163 - Der Zombie-Bus
Stelle rührst, schieße ich!« zischte ich durch die Zähne, aber dennoch verständlich.
Die Frau versteifte.
Zwei, drei Sekunden geschah nichts. Dann stieß die Untote vor mir ein Kichern aus. »Deine Pistole schreckt mich nicht, Mister. Du kannst mich nicht töten.«
»Auch nicht mit Silberkugeln?«
Wieder vergingen Sekunden. »Wieso? Ist deine Waffe damit geladen, Mister?«
»Ja.«
»Wer bist du?«
»Ich heiße John Sinclair.«
Sie zuckte zusammen. »Der Geisterjäger?«
»Du kennst mich?«
»Ich habe genug gehört. Ricardo hat mir von dir erzählt. Er haßt dich.«
»Das kann ich mir vorstellen. Wer bist du?«
Die Alte kicherte. »Wenn ich dir das sage, wirst du überrascht sein.«
»Raus mit der Sprache!« forderte ich.
»Ich bin seine Mutter!«
Das war in der Tat eine Überraschung. Dieser Teufel hatte wirklich vor nichts Halt gemacht. Er hatte sogar seine Mutter in den tödlichen Strudel mit hineingezogen und sie in eine blutsaugende Vampirin verwandelt.
Mein Gott…
In welch ein schlimmes Nest war ich hier nur hineingestochen.
Und dieser Mann hatte einmal als Kollege beim Yard gearbeitet.
So etwas war ungeheuerlich.
Ich löste die Mündung vom Nacken der Frau und trat einen Schritt zurück.
»Dreh dich um!« befahl ich.
Sie gehorchte. Das Gefäß mit dem Blut behielt sie dabei in der rechten Hand.
Dann schaute ich sie an.
Sie bot ein Bild des Jammers und des Schreckens. Je nachdem, aus welchem Blickwinkel man die Sache betrachtete. Ihr Gesicht war eingefallen, die Haut zeigte eine graue Tönung, die Augen waren klein und verschwanden fast in den Höhlen. Doch die Mundpartie war das schlimmste in ihrem Gesicht. Sie präsentierte sich blutverschmiert, denn ein Teil der Flüssigkeit war nicht in ihren Mund, sondern daneben gelaufen. Die Lippen hatte sie zurückgezogen, so daß ich zwei lange Eckzähne sehen konnte.
Das gab mir den letzten Beweis, einen weiblichen Vampir vor mir zu haben. Sie trug ein violettes Kleid, das mal sehr teuer gewesen sein mußte, doch jetzt zeigte es schmutziggraue Flecken.
»Warum warst du nicht bei den anderen?« wollte ich wissen.
»Ich habe geschlafen.«
»Wie lange bist du schon ein Vampir?«
»Erst seit zwei Tagen. Deshalb ist meine Haut auch noch nicht so grün wie die bei den übrigen.«
Das war in der Tat ein Grund.
»Die anderen sind geflohen«, erklärte ich. »Weißt du, wo sie sich verstecken wollen?«
»Nein.«
»Wollen sie nach London?«
Sie kicherte mich an. »Selbst wenn ich es wüßte, würde ich es dir nicht sagen, denn du bist unser Feind, aber nicht unsterblich, John Sinclair.«
»Das weiß ich selbst. Da ich jedoch euer Feind bin, weißt du auch, was mit dir geschieht?«
»Du willst mich töten!«
»Nein, erlösen.«
»So siehst du es, Geisterjäger, aber mir gefällt das Leben. Ich sehe keinen Grund, es abzubrechen. Denn nur als Vampir werde ich das ewige Leben besitzen, von dem viele träumen und es nie erreichen. Ich habe es geschafft.«
»Der Preis ist zu hoch.«
»Für mich nicht. Ich habe ihn gern gezahlt. Ich werde tagsüber schlafen und nachts auf die Jagd gehen. Zusammen mit meinem Sohn und den anderen.«
»Dazu kommt es nicht mehr«, stellte ich klar.
»O doch«, erwiderte die Untote und reagierte blitzschnell. Eine kaum zu erkennende Bewegung mit der rechten Hand, und der Schwall Blut aus dem Erlenmeyerkolben fuhr mir entgegen.
Instinktiv wich ich zur Seite. Ganz schaffte ich es nicht mehr.
Das Zeug klatschte mir ins Gesicht, ich schloß rasch den Mund, um nichts zwischen die Lippen zu bekommen, denn es fehlte mir noch, daß auch mich der Vampirkeim anfiel.
Ich schoß nicht, sondern wischte mir das widerliche, klebrige Zeug aus dem Gesicht.
Die Zeit reichte der Blutsaugerin, um mich anzuspringen. Sie kam wie eine Furie. Ihr magerer Körper prallte gegen mich, Finger fuhren gegen meine Kehle und kratzten die Haut dort auf. Ich wurde bis an den Labortisch zurückgedrängt, dessen Kante ich im Kreuz spürte, und zog das Knie hoch.
Die Vampirin rammte dagegen. Doch sie empfand keinen Schmerz. Im Gegenteil, sie lachte darüber und griff erneut an.
Diesmal packte sie eine mit Lauge gefüllte Flasche und wollte sie mir auf den Schädel schmettern.
Ich sprang zur Seite.
Mit ungeheurer Wucht hieb die Glasflasche gegen die geflieste Kante des Labortisches und zerbrach in zahlreiche Stücke. Die gefährliche Lauge spritzte nach allen Seiten davon, wobei der meiste Teil die Untote traf.
Für wenige Sekunden stand
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