0164 - Ich und das Todeskarussell
gewesen wären, wäre dieser Besuch anders ausgefallen. Aber hinterher ist es immer leicht, gescheite Dinge zu sagen. Jedenfalls taten wir das Falscheste des Falschen, und wir merkten es nicht einmal.
***
Wir fühlten uns alle drei nicht wohl, als wir vor der Tür des Appartements 734 standen. Das ganze Haus war so eingerichtet, daß man schon allerhand Dollars machen mußte, bevor man sich hier eine Wohnung leisten konnte. Und dann stehen Sie mal vor einer Tür und warten, daß eine Frau öffnet, damit Sie ihr sagen können, Sie hätten ihren Mann oder ihren Verlobten erschossen. Gangster hin, Gangster her, ein Toter ist ein Toter.
Hold hatte geklingelt. Wir hörten nicht, ob die Klingel ging oder nicht. Aber das hätte mich auch gewundert, wenn man in diesem Prunkbau eine Klingel bis heraus in den Flur hätte hören können.
Urplötzlich ging die Tür auf. Tony hatte recht gehabt. Uns blieb allen dreien die Luft weg. Was da vor uns stand, war hollywoodreif. Ich weiß heute noch nicht, was sie eigentlich an diesem Abend anhatte, als sie die Tür öffnete.
»Ja?« sagte sie.
Ihre Stimme war dunkel und voll und ein bißchen heiser. So die Tonlage, die Männer in Nachtlokalen um den Verstand und die Brieftasche bringen kann. Ihre dunklen Augen waren groß und unergründlich.
Phil sah Hold auffordernd an. Wir waren ja eigentlich gar nicht im Dienst, .sondern beurlaubt. Also mußte der Captain schon die offizielle Seite annehmen. Er verstand und klappte sein Lederetui auf, in dem er seinen Dienstausweis verwahrte.
»Stadtpolizei, Kriminalabteilung«, sagte er. »Wir hätten gern ein paar Worte mit Ihnen gesprochen, Mrs…«
Sie verbesserte:
»Miß Ferrano. Bitte, meine Herren, treten Sie ein.«
Wir legten unsere Hüte auf die Ablage in der Diele. Sie führte uns in ein überraschend großes und sündhaft teuer eingerichtetes Wohnzimmer. Ein Duft von einem herben Parfüm hing in der Luft. Aus einer Wand kamen gedämpft die Klänge eines unsichtbaren Radios. Die Beleuchtung war mit raffinierten Tricks so versteckt, daß kein Mensch sagen konnte, woher das Licht eigentlich kam.
»Nehmen Sie Platz«, sagte sie.
Ich stellte sie mir auf einem spanischen Thron vor, und sie paßte dahin. Jeder Zoll an ihr hatte etwas Majestätisches. Verrückt, werden Sie sagen. Noch dazu ein solches Urteil aus dem Munde eines eingefleischten Amerikaners, dem die schlechteste Demokratie lieber als die beste Monarchie ist. Trotzdem, sie war majestätisch. Jede kleine Geste verriet ein Format, das man selten im Leben antrifft.
Wir warteten, bis sie sich in einen Sessel gesetzt hatte, und ließen uns dann selbst nieder. Ich fühlte, wie ein rascher Blick mich streifte, und ich kam mir plötzlich vor wie ein Schuljunge, der von seinem Lehrer verprügelt worden ist und sich nun deshalb vor seinen Eltern schämt.
»Der Ordnung halber muß ich Sie um Ihre Personalien bitten«, sagte Captain Hold höflich.
Sie stand auf, ging in eine Ecke und kam mit einer kleinen, schwarzen Handtasche zurück. Beim Aufklappen sah ich ein kleines Fläschchen darin. Ein Parfümfläschchen. Mich ritt der Teufel. Aus einem unerfindlichen Grunde packte mich eine unbezähmbare Neugierde, den Namen des Parfüms zu erfahren. Zum Glück kam ich nicht dazu, diese alberne Frage zu stellen.
»Hier ist mein Führerschein«, sagte sie und reichte ihn Hold. »Wenn Sie Wert darauf legen, kann ich Ihnen auch meinen Auslandspaß aus dem Safe holen.«
»Danke, das ist nicht nötig, Miß Ferrano.«
Hold gab ihr den Führerschein zurück. Er räusperte sich Und fragte:
»Sie kennen einen gewissen Mister Huekson, Miß Ferrano?«
Sie sah auf ihr Täschchen, zögerte den Bruchteil einer Sekunde und sagte dann entschlossen:
»Ja. Er ist mein Verlobter.«
Gott sei Dank! dachte ich. Schlimmer wär’s gewesen, wenn sie mit ihm verheiratet gewesen wäre. Hold senkte den Kopf und suchte wohl nach den richtigen Worten, um ihr die Hiobsbotschaft so schonend wie möglich beizubringen. Phil war so fair, daß er es dem Captain abnahm. Vielleicht fühlte er sich dazu verpflichtet, weil der tödliche Schuß aus seiner Waffe gekommen war.
»Miß Ferrano«, sagte Phil mit harter Stimme. »Ist Ihnen bekannt, welchen Beruf Ihr Verlobter ausübte?«
»Natürlich. Er ist Geschäftsagent einer Export-Import-Firma.«
»Wie heißt die Firma?«
»Conners. Sie hat ihre Büros in der Nassau Street.«
»Haben Sie dort schon einmal angerufen und Mister Huckson zu sprechen
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