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0165 - Bis zum letzten Atemzug

0165 - Bis zum letzten Atemzug

Titel: 0165 - Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bis zum letzten Atemzug
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mich so spät noch hereingelassen haben. Kann ich einen Hausschlüssel haben? Dann brauche ich Sie in Zukunft nicht mehr zu belästigen.«
    »Natürlich, Mister Cooks. Warten Sie, ich bringe Ihnen die Schlüssel. Einen für die Haustür und einen für die Wohnung. Der Schlüssel zu Ihrem Zimmer steckt. Ich wäre Ihnen aber dankbar, wenn Sie ihn jeden Freitag stecken lasfeen würden, damit ich das Zimmer sauber machen kann.«
    »Ich werde ihn immer stecken lassen, Mrs. Steaven.«
    Sie verschwand, brachte die Schlüssel, zeigte mir die Toilette und fragte, ob ich noch etwas brauche. Ich verneinte dankend und wurde allein gelassen. Mit ein paar raschen Griffen hatte ich meine spärlichen Besitztümer ausgepackt. Ich wusch mich, zog einen Schlafanzug an und legte mich zu Bett. Noch immer kitzelte der widerliche Blut- und Kadavergeruch meine Nase.
    Ob Phil wohl auch eingelassen worden war? Ich stand auf, ging zum Fenster und sah hinaus. Von Phil war weit Und breit keine Spur. Also sollte wohl auch er sein Zimmer gefunden haben.
    Ich wollte mich wieder zu Bett legen, als die Wohnungstür lärmend geöffnet wurde. Gleich darauf hörte ich Mrs. Steavens Stimme: »Pst, Jackie! Wir haben einen Mieter! Leise!«
    Eine grölende Stimme schrie zurück, es sei absolut gleichgültig, ob sie einen oder zehn Mieter hätten. Ich steckte mir eine Zigarette an und beschloss, nicht mehr zuzuhören, und wenn sie noch so laut brüllen sollten. Ich kenne nichts Widerlicheres als eheliche Auseinandersetzungen, die so geführt werden, dass Unbeteiligte sich das Ganze ansehen oder anhören müssen.
    Mein Entschluss hielt nur für ein paar Minuten an. Dann vernahm mein Ohr klatschende Geräusche und die Hilferufe von Mrs. Steaven.
    Mit einem Satz war ich aus dem Bett, draußen im Flur und an einer Tür, hinter der Licht brannte. Ich riss sie auf. Mrs. Steaven lehnte mit dem Rücken an der Wand, hatte die Arme schützend vor ihren Kopf gezogen und wimmerte leise in sich hinein.
    Vor ihr wankte ein breiter, stämmiger junger Bursche hin und her, der einen Schuh in der Hand hielt und auf die arme Frau einschlug.
    Ich war bei ihm, bevor er mich gehört hatte. Mit der linken Hand riss ich ihn an der Schulter zurück. Die Rechte langte ich ihm zweimal in das verdatterte Gesicht. Sein Kopf wurde hin und her gewirbelt. Ich entwand ihm den Schuh, packte ihn im Genick, schob seinen Kopf unter den Wasserhahn und drehte auf.
    Er wand sich wie eine Schlange. Erst nach einer hübschen Weile drehte ich den Hahn wieder zu, ließ ihn los und trat einen Schritt zurück.
    Der Kerl prustete, riss ein Handtuch vom Haken und rieb sich das Gesicht trocken. Als er sich mir zuwandte, funkelten seine Augen tückisch. Aber die Hälfte des Alkohols war aus seinem Schädel hinausgeblasen.
    »Was mischen Sie sich ein?«, fragte er überraschend klar.
    Ich zuckte die Achseln.
    »Dreimal dürfen Sie raten. Wenn ich so etwas noch einmal erlebe, drehe ich Sie durch die Mangel. Entschuldigen Sie, Mrs. Steaven. Gute Nacht.«
    Ich drehte mich um und ging in mein Zimmer. Ich hatte noch immer nicht kapiert, wohin wir geraten waren.
    ***
    Nicht nur das Zimmer, auch der Morgenkaffee war besser, als man erwarten durfte. Mrs. Steaven brachte ihn in mein Zimmer, nachdem sie durch einige Geräusche meinerseits zu der Überzeugung gekommen sein musste, dass ich aufgestanden sei.
    Sie hatte ein blaues Auge und ein paar blaue Flecken auf ihren nackten Unterarmen. Ich tat, als ob ich es nicht bemerkte. Sie brachte selbst das Gespräch auf den nächtlichen Zwischenfall.
    »Sie dürfen nicht denken, dass so etwas oft passiert, Mister Cooks«, sagte sie, ohne mich anzusehen. »Jackie ist sonst ein lieber Junge. Nur wenn er zu viel getrunken hat, gibt es manchmal Streit. Der Vater fehlt eben…«
    »Ihr Mann ist gestorben?«, fragte ich.
    »Betriebsunfall. Er ist in irgendeine Maschine gekommen. Im Schlachthof. Das passiert schon mal. Es ist lange her. Sechs Jahre…«
    Mit dürftigen Worten erzählte sie mir die ganze Familiengeschichte: Der Mann im Schlachthof verunglückt. Sechs Kinder. Der Älteste verschwand, als er fünfzehn war. Seither hatten sie nie wieder etwas von ihm gehört. Der zweite meldete sich freiwillig zum Militär. Er kam gerade zum Korea-Krieg zurecht und fiel. Das dritte Kind, ein Mädchen, war in Detroit verheiratet. Das vierte, ebenfalls eine Tochter, war vom Jugendgericht wegen irgendwelcher Verfehlungen, die ich nicht erfuhr, in eine Erziehungsanstalt eingewiesen worden,

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