0166 - Die Gangsterbraut
schimpfte und zerrte an der Klinke.
Ich weiß nicht, wie es kam, aber in diesem Augenblick durchzuckte mich ein alarmierender Schock.
»Halt! Lassen Sie das!«, schrie ich.
Aber es war bereits zu spät.
Die Tür federte hin und her, und dann knackte es. Phil hatte wohl meinem Gesicht angesehen, was in mir vorging, und als ich mit zwei Riesensätzen durch den Gang und in die nächste Ecke tauchte, war er dicht hinter mir. Nur der Hausmeister reagierte nicht schnell genug. Er sah uns nach, als seien wir zwei-Verrückte, bis er endlich anfing, zu begreifen, und uns folgte.
Dann kam es zu einer fürchterlichen Explosion. Es polterte, Menschen kreischten, und ich hörte das typische Geräusch, das entsteht, wenn Kalk und Stuck von der Decke rieseln. Eine Rauch- und Staubwolke verbreitete sich. Wir warteten noch eine halbe Minute, bis wir sicher zu sein glaubten, dass keine zweite Explosion folgen werde. Dann sahen wir uns den Schauplatz an.
Die-Tür lag, aus den Angeln gerissen, im Flur. Der Schreibtisch war von Splittern durchsiebt, sämtliche Sitzgelegenheiten waren in Brennholz verwandelt. Das Telefon war ebenso zum Teufel wie die Tischlampe und die Fensterscheiben. Es gab nichts mehr, dass heil war. Der Hausmeister lehnte kreidebleich an der Wand und hielt sich mit beiden Händen den Körperteil, auf dem man im Allgemeinen sitzt. Ich stellte fest, dass auf jeder Seite ein Splitter steckte. Die Dinger konnten nicht groß sein, aber das ist leider kein Trost, für den, den es betrifft. Jedenfalls hatte der Mann Schmerzen.
Inzwischen hatten die umliegenden Büros einen ganzen Schwarm von Mädchen ausgespieen, die gackerten, wie ein ganzer Hühnerhof. Sie hätten mich vor Neugierde über den Haufen gerannt, wenn nicht Phil einen Geistesblitz gehabt hätte.
Er hob beide Hände und brüllte: »Es wird gleich eine neue Explosion erfolgen. Bringen Sie sich in Sicherheit.«
Im Nu war alles leer gefegt. Nur hinter einer oder zwei Türen lugte ein hoffnungslos neugieriges Girl hervor. Jetzt konnten wir endlich nach unseren Leuten und einem Krankenwagen für den angekratzten Hauswart telefonieren.
Der Krankenwagen kam zuerst und transportierte den Patienten ab.
Dann rückten auch unsere Leute an, darunter der Chemiker und Sprengstoffsachverständige Hayber, der sein fahrbares Laboratorium mitgebracht hatte und sofort an die Arbeit ging. Schon nach zehn Minuten berichtete er: »Es war eine geballte Ladung von ungefähr drei Handgranaten. Diese müssen an einem Fuß des Schreibtisches angebracht worden sein. Ihre Abzugschmu wurde durch einen Strick, dessen Ende ihr hier an der Klinke noch sehen könnt, mit der Tür verbunden. Wenn also jemand die Tür aufriss, so ging der Kram hoch.«
So ungefähr hatte ich es mir gedacht. Was Hayber uns aber nicht sagen konnte, war, wer für diese Liebesgabe verantwortlich war. Es musste jemand gewesen sein, der mit Bestimmtheit voraussetzte, dass wir dem Büro des Mr. Marsh einen Besuch abstatteten. Marsh selbst war nicht da, seine rechte Hand, Mr. Long, saß hinter schwedischen Gardinen, und dem Lehrmädchen traute ich diesen Scherz nicht zu. Es musste also noch jemand da sein, der ganz genau Bescheid wusste.
Da es hier für uns nichts mehr zu tun gab, überließen wir den anderen die Bühne und räumten das Feld. Wir kletterten in meinen Jaguar. Gerade als ich Gas gab, löste sich ein dunkelblauer Buick vom Bordstein gegenüber und brauste mit merkwürdiger Eile ab.
Das fiel mir auf. Erstens war es die Gedankenverbindung von dem Buick zu meinem Entführer von vorgestern, dann ein schwarzer Lockenkopf, den ich auf dem Beifahrersitz bemerkt hatte und der mich lebhaft an meinen so »teuren Freund« Slim erinnerte.
Jedenfalls war ich neugierig und hängte mich dahinter. Der Buick hatte es wirklich eilig. Er brauste am Autobusbahnhof vorüber und bog mit quietschenden Reifen in die Eight Avenue in Richtung Central Park ein. Es war elf Uhr vorbei und ein Sonnabend, an dem alles ausgeflogen und der Stadtverkehr dünn ist.
Der Buick ging mit Vollgas in die Rundkurve am Columbus Circle, und ich machte es ihm nach. Plötzlich bekam mein Wagen einen Ruck, der mir um ein Haar das Steuer aus den Händen gerissen hätte. Der Kühler kippte nach rechts, und ungefähr zwanzig Fuß vor mir rollte das Vorderrad, das sich selbstständig gemacht hatte.
Wenn ich jetzt bremste, so mussten wir uns das Genick brechen. Ich umklammerte das Steuerrad, es riss mir fast dir Anne aus den Gelenken, aber es
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