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0167 - Ich stand im anderen Lager

0167 - Ich stand im anderen Lager

Titel: 0167 - Ich stand im anderen Lager Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich stand im anderen Lager
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Mindestens zehn Minuten lang folgten wir jetzt dem Gangsterauto in respektvollem Abstand kreuz und quer durch den Park. Solange die Rücklichter brannten, bestand keine Gefahr, dass wir ihn aus den Augen verloren.
    »Was beabsichtigt der Bursche eigentlich?«, sagte Phil nervös. »Will er in dem Park herumfahren, bis unser Benzin verbraucht ist? Warum schießt er nicht mehr?«
    »Vielleicht ist ihm die Munition ausgegangen. Er hat immerhin eine Menge Zeug verballert.«
    »Soll ich näher herangehen? Ich glaube, ein paar Yards kann ich herausholen.«
    »Lass es sein! Wir haben Zeit! Wir sitzen am längeren Hebel.«
    Ich hatte das letzte Wort noch nicht gesprochen, als vor uns die roten Lichter erloschen. Phil trat in der ersten Reaktion auf die Bremse.
    »Fahr weiter!«, schrie ich. »Er will sich aus dem Staub machen!«
    Phil gab wieder Gas.
    »Das schafft er nicht. Er sieht nichts. Bei der Geschwindigkeit muss er von der Straße abkommen.«
    Phils Worte waren wie eine Prophezeiung. Vor uns sprühten plötzlich Funken. Ein heftiger Knall erfüllte die Luft. Sehr ruhig bremste Phil den Wagen ab, sodass er nur langsam weiterrollte. Im Licht der Scheinwerfer glitzerten Glassplitter, die auf der Straße lagen. Phil lenkte etwas nach rechts. Die Scheinwerfer erfassten den rechten Straßenrand.
    Der Lincoln klebte an einem Baum. Sein Kühler und die rechte Seite waren völlig eingedrückt. Beide Türen auf der linken Seite standen weit offen. Mitten auf der Straße lag ein Mann.
    Wir sprangen aus unserem Auto und liefen auf die Unglücksstelle zu. Noch bevor wir ganz heran waren, rührte sich der Mann auf der Straße und stützte sich auf. Phil und ich griffen ihm unter die Arme und halfen ihm vorsichtig hoch. Er hatte zwei oder drei Kratzer im Gesicht und war völlig verstört, aber sonst schien er unverletzt zu sein.
    Ich kannte ihn. Es war Jim Bowler, einer der Burschen, die ich in Walt Weltons Sportschule gesehen hatte, und damit gab es keinen Zweifel mehr daran, dass es eine verdammt komische Art von Sport war, die den Männern dort beigebracht wurde.
    »Bist du okay?«, fragte ich Bowler.
    »Ja…«, stammelte er. »Ja… ich glaube…«
    Es war ein Wunder, dass er den Aufprall unbeschädigt überstanden hatte, aber solche Wunder ereignen sich bekanntlich bei Autounfällen nicht selten. Wahrscheinlich war er herausgeschleudert worden, als die Türen aufflogen.
    Phil hatte mich mit dem Gangster allein gelassen und war zu dem zertrümmerten Wagen gegangen.
    »Hier ist noch einer!«, rief er.
    Ich führte Bowler in das volle Scheinwerferlicht.
    »Setz dich hin und rühr dich nicht!«, befahl ich.
    »Ja«, stöhnte er und ließ sich auf die Erde nieder. Der Schock saß ihm in den Knochen. Es bestand keine Gefahr, dass er türmen würde.
    Ich ging zu dem Lincoln hinüber. Im Fond des Wagens lag ein Mann, der sich nicht mehr rührte. Das Gesicht war blutüberströmt. Ich erkannte ihn an dem Bürstenschnitt des blonden Haares. Es war Georg Howard, ebenfalls ein Zögling der Christopher Sporting School.
    Phil beugte sich vor und berührte den Körper des Mannes. »Aus!«, stellte er fest.
    Ich straffte mich. »Bleibe hier«, sagte ich. »Ich werde dir Hilfe schicken. Ich nehme an, dass auf dem Parkplatz die Hölle los ist.«
    ***
    Während Phil sich um Jim Bowler kümmerte, klemmte ich mich hinter das Steuer des Studebakers und raste auf dem kürzesten Weg zum Bronx Stars Klub zurück. Ich hatte mich nicht verrechnet. Die Hölle war los. Ein Haufen Leute quirlte wie eine Schar Hühner durcheinander. Ich hörte kleine schrille Schreie von Frauen. Die Einfahrt zum Parkplatz war von einer Menschenmauer blockiert. Niemand reagierte auf mein Hupen.
    Wütend sprang ich aus dem Wagen.
    »Machen Sie Platz!«, brüllte ich die Leute an und begann, mir einen Weg durch die Mauer der Neugierigen zu bahnen. Ich ging nicht gerade sanft dabei zu Werk, denn ich hasse diese Sorte von Menschen, die sich überall, wo ein Unglück geschehen ist, mit langen Hälsen vordrängen, die Spuren zertrampeln und die Polizei an ihrer Arbeit hindern - und das alles, um den Schauer zu empfinden, den der Anblick von etwas Schrecklichem ihnen so angenehm gruselig über den Rücken jagt.
    Ich riss einen Smokingträger am Aufschlag seiner Jacke zurück, stieß eine Lady im Abendkleid zur Seite, boxte einem Barmixer in die Rippen und fauchte eine Tänzerin an: »Hau ab, Süße! Du wirst dich sonst erkälten.«
    Endlich gelangte ich in die vorderste Reihe.

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