0169 - Flucht vor dem Teufel
ihren Pranken auf den Boden, auf daß der Staub aufwirbelte.
Asmodis trat vor, fühlte das Brennen der Dämonenbanner, das bereits viel schwächer geworden war. Die ersten aus der Gilde der Nichtlebenden hatten bereits die weißmagische Barriere überwunden, waren ins Château vorgedrungen, dorthin, wo sich der Frevler und die, die ihn unterstützten, befanden. Aber es hatte sich herausgestellt, daß auch innerhalb des Châteaus Bereiche existierten, die von einer mächtigen weißmagischen Aura geschützt waren, Bereiche, in die sie noch nicht Vordringen konnten und innerhalb denen sich der Frevler verborgen hatte.
Aber auch das würde Zamorra nicht viel helfen. Die Zeit war auf der Seite der Finsternis. Und niemand konnte ihnen zu Hilfe eilen!
Bald war die Zeit der Rache gekommen, die Zeit der Vergeltung für das Schreckliche, das Zamorra auf sich geladen hatte, ein Verbrechen, das seinesgleichen suchte. Aber die Vergeltung würde anders aussehen, als es sich der Meister des Übersinnlichen im Augenblick vorstellen konnte.
Der Fürst der Finsternis hatte eine Idee, einen Gedanken, der angemessene Sühne für das Sakrileg versprach. Und er ging sofort an die Ausführung dieser Idee.
Asmodis hauchte einen Bann in der Alten Sprache, und Zeitlosigkeit legte sich über das Château und alles, was sich darin befand. Eine Zeitlosigkeit, die auch die Ausstrahlung der Dämonenbanner mit einbezog. Asmodis schritt vorwärts, und jetzt war das unangenehme Brennen verschwunden. Ungehindert erreichte er die Außenmauern des Châteaus, glitt in sie hinein, durchdrang sie, und trat an der anderen Seite wieder heraus. Alles war erstarrt. Die Zeit existierte nicht mehr, alles war eingehüllt in Stasis. Und diese Stasis verhinderte auch, daß Asmodis die Rache vollenden konnte. Er war nicht in der Lage, in der Zeitlosigkeit Zamorra und seine Unterstützer anzugreifen, aber er konnte etwas anderes tun, etwas, das den Untergang des Frevlers besiegeln würde.
Der Dämonenfürst, der nur ein Schatten seiner selbst war und den es viel Kraft kostete, um sich herum, um seinen Schatten, eine Zone der Nichtstasis zu erhalten, schwebte durch dunkle Korridore. Licht war Bewegung, und hier gab es keine Bewegung mehr. Er glitt durch geschlossene Türen, die für ihn kein Hindernis darstellten, schwebte durch die Poren der Mauern, erreichte das Archiv.
Sein bleicher Totenschädel spie Feuer, das die Menschen, die hier wie Säulen standen, jedoch nicht verletzten konnte. Das Zufügen einer Verletzung erforderte Zeit, und hier gab es keine Zeit.
Asmodis lachte, und auch das vermochte niemand zu hören.
»Bald ist deine Stunde gekommen, Zamorra«, brachte er hervor, als er um den Magier herumglitt. »Niemand kann gegen uns bestehen. Niemand!«
Der Meister des Übersinnlichen bewegte sich nicht. Alles war eingefroren, auch seine Gedanken. Er würde nicht einmal merken, daß er in Stasis gefangen gewesen war.
Und genau das war die Absicht des Dämonenfürsten. Er ließ sich etwas zurückgleiten, murmelte die Alten Laute, und ein irisierendes Leuchten entstand dicht über seinen geöffneten Händen, ein Leuchten, das plötzlich metallisch zu glänzen begann. Und dann waren seine Hände nicht mehr leer. Es glitzerte von Silber.
Dreißig Silbermünzen waren es.
Die dreißig Silberlinge, mit denen Judas entlohnt worden war, der Jesus Christus verraten hatte.
Dreißig Silberlinge, die das Böse beinhalteten. Dreißig Silberlinge, die auch Zamorra den Untergang bringen würden.
Eine neue Formel, und die dreißig Münzen begannen sich zu verändern. Ihre Konturen verschwammen, und aus dem Silber formte sich binnen weniger Sekunden etwas ganz anderes Asmodis lachte erneut, als der Umwandlungsprozeß abgeschlossen war.
Das, was er nun in Händen hielt, war ein Amulett. Ein Amulett, das mit magischer Kraft gefüllt war. Und es sah genauso aus, wie Merlins Stern, das Amulett, das Zamorra an einer Gliederkette um den Hals trug. Es sah genauso aus, aber es gab einen wesentlichen Unterschied. Das Amulett, das aus dem Material der dreißig Silberlinge gefertigt war, konnte nicht gegen das Böse aktiv werden. Es beinhaltete selbst das Böse.
Wieder murmelte Asmodis Laute in der alten, so machtvollen Sprache, die in Vergessenheit geraten war. Und Merlins Stern, der bisher auf der Brust des Professors geruht hatte, bewegte sich. Die Kette glitt durch den Hals Zamorras hindurch, schwebte an den Dämonenfürsten heran, legte sich wie von allein in seine
Weitere Kostenlose Bücher