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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Eindringlings.
    »Alles in Ordnung, Miss«, flüsterte er heiser, »'s is bloß der alte Jaggs.«
    »Ja, was machen Sie denn hier?« flüsterte sie zurück.
    »'n bißchen uffpassen, Miss - nur ein bißchen rumsehen!« Und er hinkte in den Schatten zurück.

Kapitel 23
    Der alte Jaggs war also in Monte Carlo! Was wollte er hier, und wie konnte er sich mit den Leuten verständigen, die nur französisch sprachen? Ihre Gedanken waren vollauf beschäftigt, bevor sie zu Bett ging.
    Die Dämmerung lag noch über der grauen See, als Lydia erwachte. Sie blickte nach der Uhr. Viertel nach fünf. Warum sie plötzlich wach war, konnte sie sich nicht erklären, aber sie dachte mit einem kleinen Schauder an jenen trüben Morgen zurück, als sie sich einem entsetzlichen Tod gegenüber gesehen hatte.
    Schlafen war unmöglich; sie schlüpfte in einen warmen Mantel und öffnete die Türen, die auf den Balkon führten. Der Morgen war viel kühler, als sie gedacht hatte, und schnell trat sie in das Zimmer zurück.
    Die frischen, reinen Morgenstunden - wenn die ganze Welt noch im Schlummer liegt und kein Geräusch, keine Bewegung die Gedanken ablenkt - sind für ein ruhiges Überlegen die günstigste Zeit.
    Lydia dachte über die letzten Wochen ihres Lebens nach, und zum erstenmal wurde ihr so recht klar, welch ein Wunder sich ereignet hatte. Wie eine Legende aus alten Zeiten - der Sklave war frei geworden, die ringende Künstlerin eine reiche, große Dame. Gedankenlos spielte sie mit dem einfachen Goldreif an ihrer Hand - sie war verheiratet. . . und Witwe! Und doch hatte sie das quälende Gefühl, totz all ihres Reichtums noch nicht den Platz gefunden zu haben, der auf sie wartete. Die Cole-Mortimers und Briggerlands gehörten nicht zu der Idealwelt, die sie sich ausgemalt hatte, und sie selbst fühlte sich nirgends heimisch.
    Unmutig zuckte sie die Achseln. Jetzt wanderten ihre Gedanken zu Jack Glover, versuchten dessen feindseliges Auftreten gegen die Briggerlands zu ergründen. Es erschien ihr unnatürlich, daß ein normaler junger Mensch eine so erbitterte Fehde gegen ein junges Mädchen führen sollte, dessen Schönheit ungeteilte Bewunderung einflößte - nur weil sie ihn zurückgewiesen hatte.
    Der Gedanke, daß Jack Glover, ein Mann von so starkem Ehrgefühl, sich eine niedrige Handlung zuschulden kommen lassen könnte, war ihr unmöglich. Männer wie er greifen nicht ohne Veranlassung ein junges Mädchen an. Werden sie abgewiesen, so fügen sie sich stillschweigend. Es war beinahe undenkbar, daß Jack Glover keinen anderen Grund für seinen Haß auf Miss Briggerland haben sollte. Und doch war es ihr ebenso unmöglich, die Gründe, die er für sein Verhalten gegeben hatte, anzuerkennen. Wieder war sie auf dem toten Punkt angelangt. Bis zu einer bestimmten Grenze konnte sie an Jacks Urteil glauben - aber nicht darüber hinaus.
    Sie badete, kleidete sich an und war schon im Garten, als die aufsteigende Sonne den östlichen Horizont vergoldete. Kein Mensch war zu erblicken, auch die eifrigsten der Dienstboten waren noch nicht aufgestanden, und langsam schlenderte sie die weite Auffahrt zur Straße hinunter. Als sie dort stehenblieb, erschien ein Mann aus dem Wäldchen jenseits der Straße und begann eilig in der Richtung nach Monte Carlo auszuschreiten.
    »Mr. Jaggs!« rief sie.
    Er beachtete ihren Ruf nicht, schien aber noch eiliger davonzuhinken. Lydia zögerte einen Augenblick und lief dann hinter ihm her. Bei dem Geräusch ihrer eiligen Tritte drehte er sich herum und blieb im Schatten eines Busches stehen. Er sah noch schmutziger als sonst aus; ein weicher Hut, der schon bessere Tage gesehen hatte, saß auf seinem Kopf, und seine Hände steckten in einem Paar ungleicher Handschuhe.
    »Juten Morjen, Miss«, grunzte er.
    »Warum laufen Sie weg, Mr. Jaggs?« fragte sie atemlos.
    »Bin nich wegjeloofen, Miss.« Er blickte sie unter seinen dichten weißen Augenbrauen scharf an. »Nur so'n bißchen rumsehn!«
    »Verbringen Sie all Ihre Nächte mit ›ein bißchen umsehen‹?« lächelte sie ihn an.
    »Ja, Miss.«
    In diesem Augenblick kam ein radfahrender Gendarm in Sicht. Bei ihnen angekommen, sprang er vom Rad.
    »Guten Morgen, Madame«, begann er höflich, blickte dann auf ihren Begleiter. »Ist der Mann bei Ihnen angestellt? Ich habe ihn jetzt beinahe jeden Morgen aus Ihrem Grundstück herauskommen sehen.«
    »O ja«, sagte sie hastig. »Er ist mein -«
    Sie wußte nicht, was sie sagen sollte, aber der alte Jaggs half ihr aus

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