0171 - Hexenreigen
»Er hat sich die Ruhe redlich verdient. Er tut ohnehin stets weit mehr, als er eigentlich müßte. Ich bin im Grunde froh, daß er nicht schon wieder seine Nachtruhe opfert, um seine Dienste anzubieten. Wir waren wahrscheinlich leise genug. Ich glaube, einen perfekteren Diener gibt es auf der ganzen Welt nicht.«
Zamorra selbst machte sich daran, die Koffer zur Garage zu tragen, die in grauer Vorzeit einmal den schloßeigenen Pferden als Stall gedient hatte, und sie in den Wagen zu laden. Wie üblich, reichte ihm ein Koffer, während Nicole deren fünf benötigte. Der fünfte indessen fühlte sich befremdlich leicht an.
»Der ist ja leer«, stellte er fest. »Ist das nicht ein Irrtum?«
Nicole schüttelte den grüngelockten Kopf; sie probierte wieder einmal eine neue Perücke aus. »Kein Irrtum, sondern weise Vorausschau«, erklärte sie. »Weil wir doch wie immer einkaufen gehen, habe ich das Transportmittel für die neuen Sachen direkt mit einkalkuliert…«
Es klatschte laut, als sich Zamorra mit der flachen Hand vor die Stirn schlug. »Du wirst langsam größenwahnsinnig, Nici«, behauptete er. »Daß bei jeder unserer Reisen irgendein aberwitzig teurer Fummel gekauft werden muß und noch dazu nicht von deinem Gehalt, sondern von meinem Konto, daran habe ich mich inzwischen fast gewöhnt, aber gleich ein ganzer Koffer…«
»Ich bin dabei«, sagte Nicole mit unschuldig-süßem Lächeln, »die Notwendigkeit des Einkaufens zu einem Hobby zu entwickeln…«
***
Es dauerte nicht lange, und die goldhäutige Frau mit ihren beiden Schützlingen war nicht mehr zu sehen. Gregor brach schließlich das betroffene Schweigen.
»Sei es, wie es sei«, sagte er. »Wir können natürlich nicht nachprüfen, ob sie auf der guten oder der bösen Seite steht. Aber ich halte es für gut, wenn wir der Richtung folgen, in die sie geflogen ist. Will sie uns wirklich helfen, nützt es uns, weil es den Weg etwas verkürzt, den sie im Pendelverkehr zurückzulegen hat. Ist sie uns böse gesonnen, kommen wir damit dem Ort des Unheils näher und haben vielleicht noch eine Chance, den beiden anderen zu helfen…«
»Aber hier ist der Ort, wo wir angekommen sind«, wandte Anka ein. »Ist es nicht logisch, daß demzufolge hier auch die Möglichkeit gegeben sein müßte, wieder zurückzukehren?«
Gregor preßte die Lippen zusammen. Es gab eine verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit, daß Anka recht hatte. Aber er hatte diesen Gedanken selbst schon gehegt und wieder verworfen. Es war recht unwahrscheinlich. Alles deutete darauf hin, daß die Entführungsaktion kein Zufall war. Jemand hatte den Lichtbogen bewußt gelenkt. Und dieser Jemand würde ihnen kaum die Möglichkeit anbieten, wieder zurückzukehren in ihre eigene Welt.
»Es ist eine Einbahnstraße«, behauptete er.
Erstaunlicherweise waren es die Zwillinge, die ihn plötzlich wortreich unterstützten und zu argumentieren begannen. Sie schafften es, die skeptischen anderen zu überzeugen. Niemand hatte vergessen, daß ihre Behauptung, telepathische Kontakte gehabt zu haben, von der Goldhäutigen bestätigt worden war. Und wer Telepath war, der hatte auch einen besseren Überblick - dachten die anderen.
Gregor nickte ihnen dankbar zu. Er war erstaunt, wie rasch sie sich alle an den Gedanken gewöhnt hatten, in eine fremdartige Welt verschlagen worden zu sein. Sie akzeptierten es einfach. Keiner sprach die Vermutung aus, unter einem Alptraum zu leiden.
Gregor sah die beiden Mädchen an. »Ihr seht so nackt aus«, stellte er fest. »Vielleicht solltet ihr euch ein wenig bedecken. Wer weiß, wie diese weiße Sonne wirkt. Ein Sonnenbrand dürfte äußerst unangenehm sein…«
»He«, brummte Monica überrascht. »Daran denkst du zufällig auch mal? Bist du tatsächlich so um unsere Gesundheit besorgt, oder sind wir dir nicht attraktiv genug, nachdem du diese Goldene gesehen hast?«
Er grinste. »Ihr seid fast ein wenig zu attraktiv! Ich wollte einer von euch ritterlich mein Hemd anbieten in der Hoffnung, einer der anderen Boys würde dem Beispiel folgen. Aber wenn ihr nicht wollt…«
»Was?« schrie Uschi. »Wer sagt, daß wir nicht wollen? Her mit dem Lappen! Wasser ist hier keins, daß wir darin schwimmen könnten, warum sollten wir also weiterhin nackt herumlaufen? Nur, damit du uns unverschämt anstarren kannst? Her mit dem Hemd, oder ich kratze dir die Augen aus!«
Lachend gehorchte Gregor. Uschi zog das Hemd an, und Gregor begann unverschämt zu grinsen. »So siehst du
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