0173 - Die Werwolf-Sippe
daß ich den nächsten Schlag kaum überstehen konnte. Ich strengte meinen Willen an, versuchte gegen die Steifheit anzukämpfen, wollte weg, doch falls ich mich überhaupt bewegte, geschah dies beinahe lächerlich langsam.
Ich hatte keine Chance!
»Schlag endlich!« keifte Jovanka. »Mach ihn fertig, töte ihn, Bruderherz!«
Ihr Bruder! Verdammt, er ist ihr Bruder. Das bekam ich noch mit, dann traf mich der nächste Hieb.
Ich wurde nicht bewußtlos, aber ich hörte mich schreien. Der Mann hatte die gleiche Stelle an meiner linken Seite getroffen, auch genau zwischen Schulter und Hals.
Das gleiche Spiel begann von vorn, nur daß diesmal auch meine linke Seite bewegungsunfähig war.
Ich war diesem Satan hilflos ausgeliefert.
Einen dritten Schlag würde ich nicht überstehen, das sah ich schon, wie er einen Schritt zurücktrat, ausholte und dabei zielte.
Diesmal suchte er sich meinen Kopf aus!
***
»Da dieser Job mein Konto belastet, nehmen wir uns als Leihwagen ein kleines Fahrzeug«, hatte Jane Collins bestimmt. Und Suko mußte nicken. Während Jane in Calais einen Leihwagen besorgte, ließ Suko die Fähre nicht aus den Augen. Er stand an der Anlegestelle, wo sich die halbe Welt versammelt hatte. So groß war der Trubel. Der Zug verließ die Fähre zuerst, dann die einzelnen Wagen und zum Schluß bekam auch der Wanderzirkus die Aufforderung, von Bord zu gehen.
Zum erstenmal sah Suko auch den Teilhaber der blondhaarigen Frau, diesen Al Astor.
Astor war ein schmalhüftiger Mann mit einem langen Pferdegesicht und krummer Nase. Er ging stets gebückt, sein Blick hatte etwas Lauerndes, als würde er keinem trauen. Dabei hielt er die Lippen so fest zusammengepreßt, daß sie im Gesicht nur mehr eine Kerbe bildeten. Die vier Wagen wurden von zwei Autos gezogen.
Suko nickte anerkennend, als er die beiden dunkelblauen Mercedes Limousinen sah. So schlecht schien es diesem kleinen Wanderzirkus nicht zu gehen.
Von den Wölfen war nichts mehr zu sehen. Große Holzklappen verdeckten die Gitter.
Jane Collins kam im letzten Augenblick. »Sie sind noch nicht weg, oder?« fragte sie ein wenig außer Atem.
»Nein, aber bald.« Suko deutete auf die Fahrzeuge.
»Mercedes«, murmelte Jane und nickte, anerkennend. »Dann müssen die Eintrittspreise besonders hoch sein.«
»Vielleicht.«
Al Astor schritt noch einmal um die Wagen herum und kontrollierte sie. Er gab der Blonden ein Zeichen, daß alles in Ordnung war. Danach stieg er in den ersten Wagen und fuhr langsam an.
»Ich bin mal gespannt, wo sie hinwollen«, murmelte Jane. Zusammen mit Suko lief sie dorthin, wo der rote Leihwagen stand. Es war ein Renault R 4.
»Mußte das sein?« fragte Suko.
»Setz dich erst einmal rein.«
Der Wagen neigte sich stark nach rechts, als der Chinese auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Jane wurde etwas blaß, sagte jedoch nichts. Ihr Gepäck hatte sie schon verstaut, und jetzt mußte sie sich beeilen, wollte ihr der kleine Wanderzirkus nicht wegfahren.
Der R 4 hatte es schwer, sich von der Stelle zu bewegen. Suko kam sich wie in einer Schnecke vor, als der Wagen anfuhr. Jane mußte zudem noch wenden. Glück hatten sie vor einer Ampel, die rot zeigte.
Dort standen die beiden deutschen Limousinen. Sie hatten sich in die linke Spur eingeordnet. Rechts ging es in die City von Calais. Da wollten sie also nicht hin.
Suko schaltete sehr schnell. »Hat dieser blonde Tiger nicht gesagt, daß er in Calais bleiben will?«
»Ich meine ja.«
»War ‘ne Lüge.«
Jane konnte anfahren. Sie ließ immer einige Wagen zwischen sich und den zu verfolgenden Fahrzeugen. So fiel es nicht auf. Zudem waren sie nicht die einzigen, die einen dunkelroten R 4 fuhren.
Vor der nächsten Kreuzung erschienen mehrere Hinweisschilder.
Auf einem stand auch Graveline.
Der Weg führte weiter geradeaus.
»Wer sagt’s denn«, rief Jane. »Ich bin sicher, Suko, daß wir John finden werden. Die Blonde wird gucken.«
An sich war die Strecke ein Katzensprung. Doch auch Astor und Silva konnten nicht so schnell fahren. Sie mußten nicht nur auf ihre Anhänger Rücksicht nehmen, sondern auch auf die Straße, die manchmal sehr eng wurde und vor allen Dingen in den Kurven dicht zusammenlief. Jane ließ sich etwas zurückfallen. Der Verkehr hatte nachgelassen. Jetzt wäre eine Verfolgung zu leicht aufgefallen.
Immer wenn Suko sich bewegte, geriet der Wagen ins Schaukeln.
Jane kam sich manchmal vor wie auf einem Schiff. Sie hatte sich die Landschaft eigentlich flacher
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