0174a - Am Broadway ist der Teufel los
was willst du? Nun laß die Katze endlich aus dem Sack!«
»Hast du den Namen Cotton schon gehört? Jerry Cotton?«
»Ist das nicht einer von den jungen G-men?«
»Ja, genau. Noch ein ziemlicher Grünschnabel, aber vielleicht wird mal was aus ihm. Meiner Meinung nach sitzt er ja zuviel hinter dem Schreibtisch. Aber das ist heute allgemein so. Die Burschen verschaffen sich nicht genug Bewegung. Früher, als ich noch zusammen mit Al Wolcott auf die Al-Capone-Leute angesetzt —«
Phil brach in ein lautes Husten aus. Neville wandte den Kopf. Er beobachtete Phil mißbilligend.
»Das können sie nicht haben, wenn man von den guten, alten Zeiten anfängt«, knurrte er. »Na, ist ja auch unwichtig Also es geht um diesen Cotton. Jemand will ihn ’reinlegen, und zwar auf eine mickrige Tour!«
»Wieso?«
»Sie wollen ihm einen Mord anhängen.«
Snipp stieß einen knappen Pfiff au3. »Donnerwetter«, schnarrte er. »Das ist ein dicker Hund!«
»Siehst du, Bruder, das finde ich auch«, sagte Neville zustimmend. »Und jetzt hör schön zu, alter Gauner! Du wirst für mich ’rausfinden, aus welcher Richtung der Wind im Falle Cotton weht. Du hast genau vierundzwanzig Stunden Zeit dazu, also beeil dich. Sobald du was erfährst, rufst du mich an. Die Telefonnummer hat sich in all den Jahren nicht geändert: Leihgh fünf, sieben-sieben, null-null.«
Neville klatschte dem alten Gangster die Hand auf die Schulter und stampfte ohne ein weiteres Wort hinaus. Phil zog ihm grinsend nach.
Als sie wieder im Dienstwagen saßen, zeigte Neville auf das glimmende Ruflämpchen des Sprechfunkgerätes. Er nahm den Hörer und meldete sich.
»Richter Harriet hat vor einer Stunde Haftbefehl gegen Jerry erlassen«, meldete ein Kollege aus der Zentrale. »Es scheint doch schlimmer auszusehen, als wir ursprünglich dachten.«
***
Thomas B, Dewey stand vor dem Spiegel und zupfte seine Krawatte zurecht. Er war mit seinen achtundfünfzig Jahren noch immer ein stattlicher Mann. Der weiße Smoking stand ihm gut, und vielleicht war es also nicht nur seinem Bankkonto zuzuschreiben, daß ihm der Ruf nacheilte, er habe Glück bei den Frauen. Er pfiff leise vor sich hin, warf einen Blick auf seine Armbanduhr und stellte fest, daß ihm gerade noch Zeit zu einem Schluck Whisky blieb.
Während er &ich an der Hausbar Eiswürfel in ein Glas gab, dachte er schmunzelnd an Jeane Horrace, das Titelblattfoto der letzten »Life«. Vier Stunden hatte er gebraucht, bis er ihre Adresse herausgefunden hatte. Innerhalb weiterer zwanzig Stunden wußte er, daß sie nicht verheiratet war und offenbar keine engere Bindung zu einem Mann hatte. Privatdetektive fanden alles heraus, was er stets von einer Frau wissen wollte, bevor er sich um sie bewarb. Jeane Horrace war aus gutem Hause, sie sprach Französisch und Spanisch neben ihrer Muttersprache, sie sah blendend aus, und sie hatte einen akademischen Grad der Yale-Universität.
Dewey rieb sich die Hände, als er das erfuhr. Wer ihn auch immer auf seinen ausgedehnten Geschäftsreisen begleitet hatte — Schönheit allein genügte ihm nicht. Er konnte Dummköpfe nicht ausstehen, einerlei ob sie männlichen oder weiblichen Geschlechts waren. Und seine jeweilige Freundin mußte intelligent sein und gebildet, das war unerläßlich.
Er nippte an seinem Whisky. Es war nicht leicht gewesen, den ersten Kontakt mit Jeane Horrace herzustellen. Es mußte wie ein Zufall aussehen, und der war diesmal schwieriger als sonst zu arrangieren. Schwieriger, das hieß bei einem Mann wie Dewey: es hatte diesmal mehr gekostet, ein zufälliges Zusammentreffen von anderen Leuten einrichten zu lassen. Aber dann war er ihr vorgestellt worden, sie hatten zwei oder drei Cocktails miteinander getrunken, und es stellte sich heraus, daß sie beide aus derselben Gegend stammten, aus einer kühlen Ecke in Vermont.
Günstiger konnte es ja gar nicht kommen.
Dewey trank den Rest seines Whiskys und stellte das Glas zurück. Heute hatte er die erste Verabredung mit Jeane Horrace, und es kam darauf an, sie zu beeindrucken. Für Blumen war gesorgt, der Tisch für zwei Personen, ein erlesenes Essen waren bestellt — Schicksal, nimm deinen Lauf, dachte Dewey, setzte sich unternehmungslustig den Hut auf und wollte zur Tür, als es klingelte.
Es war zwanzig Minuten vor 8 Uhr abends, und Dewey fragte sich wütend, wer ihn um diese Zeit noch besuchen könnte. Er eilte zur Tür und riß sie auf.
»Ach, Sie sind’s, George«, brummte er, nicht übermäßig
Weitere Kostenlose Bücher