0174a - Am Broadway ist der Teufel los
müßte. Völlig abgesehen von der Tatsache, daß es in Ihrer Gegenwart eigentlich gar keine Rolle spielt, wo man sitzt.«
»Vorsicht«, murmelte Jeane Horrace. »Bitte?« fragte Dewey verdutzt.
»Eine alte Regel meiner Mutter: Wenn Männer anfangen, Komplimente zu machen, soll man auf der Hut sein. Komplimente sind der Speck, mit dem die Maus in die Falle gelockt wird. Sagt meine Mutter.«
»Sie ist zu gescheit«, lachte Dewey. »Wie wäre es mit einem Job im Pentagon? Abteilung für psychologische Kriegführung?«
»Für mich oder für meine Mutter?« fragte Jeane Horrace schmunzelnd. »Aber rufen Sie erst einmal Ihren Anwalt im Büro an. Erst die Arbeit und dann das Vergnügen. Auch eine Regel meiner Mutter.«
»Ich wage nicht zu widersprechen«, nickte Dewey. »Ich bin gleich zurück. Einen Augenblick nur.«
Aus dem Augenblick wurden fast zehn Minuten. Als Thomas B. Dewey zurückkam, war er eine Spur blasser. Jeane Horrace witterte seine Spannung.
»Es ist etwas nicht in Ordnung, nicht wahr?« fragte sie.
»Nichts ist in Ordnung«, entfuhr es Dewey. »Im Office meldet sich niemand. In seiner Wohnung auch nicht.«
»Er könnte auf dem Wege hierher sein«, murmelte Jeane Horrace nachdenklich.
»Das ist es!« rief Dewey. »Oh, ich Trottel! Warum habe ich idaran nicht gedacht!«
»Er könnte«, wiederholte Jeane Horrace nüchtern. »Er muß aber nicht. Ich finde, das ist eine Sache, die man nicht auf sich beruhen lassen kann. Sagen Sie dem Geschäftsführer, er soll die Schlüssel in Empfang nehmen, wenn Ihr Anwalt tatsächlich hier erscheint. Und wir fahren inzwischen zu Ihrem Office und sehen nach. Einverstanden?«
»Aber — das kann ich doch unmöglich —«
»Das müssen Sie sogar! Ich würde es mir nie verzeihen, wenn Sie meinetwegen irgendeinen Schaden hätten. Kommen Sie!«
Dewey sträubte sich anfangs, aber er war tatsächlich zu sehr in Sorge um den Verbleib seines Anwaltes, als daß es Jeane Horrace nicht mit Leichtigkeit hätte gelingen können, ihren Vorschlag durchzuführen. Dewey informierte den Geschäftsführer des exklusiven Speiserestaurants und ließ ein Taxi kommen.
Eine knappe halbe Stunde später standen sie vor dem zweistöckigen Gebäude. Es lag im Dunkeln. Dewey probierte die Tür. Sie war ordnungsgemäß verschlossen. Dennoch wurde er ein quälendes Gefühl nicht los.
»Sagen Sie, Mister Dewey«, murmelte Jeane Horrace, »was ist eigentlich Ihr Job?«
Thomas B. Dewey sah sie an. Sie ist eine hinreißende Frau, schoß es ihm durch den Kopf. Und was für ein Interesse sie hat! Manche andere wäre längst mißlaunig geworden, weil es ihr den Abend verhagelt hat.
»Ich bin Diamantenhändler«, sagte er. »Ich kaufe die Rohdiamanten — vorwiegend in Südafrika — ein. Einige verkaufe ich hier wieder, aber die meisten werden in meinen Werkstätten erst zu dem gemacht, als was man sie schätzt. Sie werden bei mir geschliffen. Ich habe die größte Diamantenschleiferei der Vereinigten Staaten.«
Jeane Horrace sah ihn erschrocken an. Ihre schmale Hand hatte sich auf ihren geöffneten Mund gepreßt, als ob sie einen aufsteigenden Schrei im Munde ersticken wollte.
»Was ist?« fragte Dewey. »Was haben Sie?«
»Selbstverständlich haben Sie Diamanten im Safe?« rief Jeane Horrace.
»Natürlich!« erwiderte Dewey mit einem Achselzucken. »Alle wertvollen Stücke werden abends im Safe eingeschlossen. Es liegen für mindestens zwei Millionen Dollar fertige, halbfertige und rohe Diamanten im Safe.«
Er hatte gerade zu Ende gesprochen, da ging ihm der Sinn ihrer Frage auf. Von einem Pulsschlag zum anderen war sein Gesicht blutleer geworden und bleich wie das eines Toten.
»Um Himmels willen!« ächzte er. Und dann mußte er sich gegen die Hauswand stützen.
***
In aller Stille hatte Mr. High allerlei unternommen. Auf dem üblichen, geheimen Wege waren alle V-Leute des FBI informiert worden. Allein in Manhattan würden in den nächsten Tagen reichlich tausend Frauen und Männer Augen und Ohren offenhalten. Die geheimen Informanten waren seit eh und je eine der stärksten Waffen des FBI im Kampf gegen Gangstertum und Gesetzlosigkeit. Im Warenhaus und an der Bushaltestelle, in der U-Bahn und im Gartencafe auf dem flachen Dach eines Wolkenkratzers, in Fabriken und Büros, in exklusiven Lokalen und in den Kneipen der Unterwelt: überall waren die geheimen Ohren des FBI.
Die Flughäfen von La Guardia für den inneramerikanischen, von Idlewild für den internationalen Luftverkehr
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