0174a - Am Broadway ist der Teufel los
Betrieb. Ein paar Leute saßen in Gruppen beieinander: Touristen mit ihren New Yorker Freunden, die vor dem Schlafengehen schnell noch einen Drink miteinander nehmen wollten. Der Mann an der Empfangsloge war ein Farbiger. Er trug eine Brille.
Phil sah sich in der Halle um. Von den sechs gesuchten Männern war nichts zu entdecken. Gefolgt von Neville, steuerte er auf das Empfangspult zu. Er versuchte es gleich mit einem Bluff: »Wir suchen Mister Arden und seine Freunde aus Chicago«, sagte er.
»Die Gentlemen waren vor einer Viertelstunde noch in der Bar«, erwiderte der Empfangschef. »Wenn Sie nachsehen wollen, vielleicht sind die Gentlemen noch da. Da drüben die Tür führt in den Speisesaal. Dort ist es die erste Tür rechts, gar nicht zu verfehlen.« Er hatte recht. Es war nicht zu verfehlen. Im Speisesaal hörten sie schon die gedämpfte Musik, das Klirren von Gläsern und das Gelächter hinter der breiten Schwingtür, die auf der rechten Seite lag. Sie gingen darauf zu.
»Also vergiß nicht«, murmelte Phil. »Hillery war unser bester Freund. Kein abfälliges Wort über den Gauner!«
»Aber nein«, knurrte Neville. »Der Lump war der edelste Mensch auf dieser Erde.«
Phil schob die Tür auf. Die Bar bestand aus drei ineinander übergehenden Räumen. Der vorderste hatte eine hohe, halbkreisförmige Theke, hinter der sechs Bardamen — zwei Weiße, eine Chinesin und drei Negerinnen — geschickt mit Shaker und Flaschen hantierten. Ein paar Farbige hockten an der Theke, rauchten, schwatzten und tranken. Im zweiten Raum gab es eine kleine, kreisförmige Tanzfläche und links eine Miniaturbühne, auf der eine Drei-Mann-Band der vorgerückten Stunde entsprechend heiße Musik produzierte. Zwei Pärchen strampelten den neuesten Modetanz herunter, amüsierten sich dabei und taten alles, was in ihrer Kraft stand, um am nächsten Morgen mit schmerzenden Muskeln aufzuwachen.
Im dritten und letzten Raum gab es wieder eine Theke, aber hier in der Form eines offenen Rechtecks. Auch hier bedienten sechs Bardamen. Sie hatten ausnahmslos dunkle Hautfarbe. Vor der Theke saßen sechs Männer, die mit Sicherheit schon mehr Cocktails in sich hineingegossen hatten, als gut sein konnte.
Es waren die sechs Männer, die Phil und Neville gesucht hatten. Und sie waren die einzigen Gäste in diesem Raum. Die Gelegenheit war günstig.
Phil lehnte sich im Durchgang links an die Wand neben der roten, gerafften Portiere, die den gewölbten Zugang verschönern sollte. Neville blieb breitbeinig auf der rechten Seite stehen, mit herabbaumelnden Armen. Sein kantiger Schädel war leicht vorgereckt. Betont langsam schob sich Phil eine Zigarette zwischen die Lippen.
Es war eine Bardame, die die neuen Besucher zuerst entdeckte, weil die sechs Männer ja mit dem Rücken zum Durchgang saßen. Das farbige Mädchen rief Phil eine scherzhafte Aufforderung zu. Phil überhörte sie. Sein Gesicht zeigte die unbewegte Miene eines guten Pokerspielers.
Die Bardame wurde unsicher. Sie machte eine Kollegin aufmerksam Die anderen Mädchen hoben ebenfalls die Köpfe. Phil und Neville standen bewegungslos. Allmählich wurde es still im Raum. Das letzte, meckernde Lachen eines der Männer verklang. An der Blickrichtung der Bardamen spürten sie, daß etwas nicht in Ordnung war. Sie drehten sich um. Das letzte Lachen gefror gleichsam in ihren Gesichtern.
Auf einmal herrschte tiefe Stille. Die Drei-Mann-Band in Phils Rücken hatte mit einem verwegenen Wirbel auf dem Schlagzeug jäh die Pause für die Musiker angekündigt. Aber der Wirbel wirkte eher wie die musikalische Betonung von Phils und Nevilles überraschendem Auftritt. In die jähe Stille hinein sagte Phil ruhig, aber doch mit einem unverkennbaren Unterton:
»Na also…«
Der Dicke schluckte. Er ließ die Hand mit dem Glas langsam sinken. Eine Bardame hatte mit der Hand eine nervöse Bewegung gemacht. Sie stieß ein Glas um. Es schepperte unnatürlich laut. Der Dicke fuhr zusammen.
»Komm her, Randy«, sagte Phil gedehnt. »Wir haben mit dir zu reden.« Randy Arden wurde kreidebleich. Er fing an zu schlottern.
»Mach ja keine Dummheiten«, warnte Neville und knöpfte sein Jackett auf. Die anderen konnten ja nicht wissen, daß er keine Schulterhalfter trug und keine Schußwaffe bei sich hatte.
Ardens Oberlippe zuckte nervös, was seinem Geckenbärtchen komische Zuckungen verlieh. Phil zuckte nicht mit der Wimper. Er nahm die Zigarette aus dem Mund, blies den Rauch aus und betrachtete die Glut
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