0175 - Der unheimliche Totengräber
trennen.
Jock Gray blieb stehen.
Er drehte den Kopf und schaute aus seinen blicklosen Augen in die Runde.
Hier irgendwo hatte er sich früher herumgetrieben. Und ganz in der Nähe mußte sich auch seine Hütte befinden.
Für einige Zeit hatte er die Orientierung verloren. Er ging nach rechts, links und auch wieder zurück, aber einen Hinweis fand er nicht.
Sollte die Hütte zerstört sein?
Als dieser Gedanke in seinem Hirn aufwallte, drang ein drohendes Knurren aus seiner Kehle. Dann lauschte er, denn er hatte die Jagdhörner gehört.
Als dünne, verwehende Laute drangen sie an seine Ohren. Ihm war es egal.
Er ging weiter.
Brach jetzt noch stärker und schneller durch das Unterholz. Aufgeschrecktes Wild floh vor ihm. Durch das Blätterdach der Bäume sickerte wenig Licht. Es erreichte kaum den Boden und wenn, dann warf es ein helldunkles Muster.
Die Hütte.
Auf einmal sah er sie, und abrupt blieb der unheimliche Totengräber stehen.
Noch war sie von den an die Wand heranwachsenden Bäumen verdeckt, aber durch das Grün schimmerte bereits das dunkle Holz der Außenfassade.
Sie stand noch.
Jetzt hielt ihn nichts mehr. Er brachte die letzten Yards hinter sich, zertrampelte Büsche und Farnkraut, fegte sperrige Zweige zur Seite und stand vor seinem Ziel.
Schrecklich sah die Hütte aus.
Niemand hatte sich in den letzten hundert Jahren die Mühe gemacht und sie gepflegt. Die alten Holzschindeln hatten die Zeit am wenigsten überdauert. Zum Teil waren sie vom Wind abgedeckt worden und lagen irgendwo im Gelände verstreut, wo sie verfaulten und zu Humus wurden.
Was noch als Rest auf dem Dach geblieben war, daran hatten Wind und Wetter ebenfalls genagt. Über der Eingangstür war durch irgendeinen äußeren Einfluß das Dach so weit vorgeschoben worden, daß die Schindeln nur noch wie an dünnen Fäden hingen.
Die Tür war zwar noch vorhanden, jedoch hing sie völlig schief in den Angeln. Das gleiche war mit den hölzernen Fensterläden geschehen. Sie waren sogar zum Teil abgefallen.
Silbern schimmerten Spinnweben an den Wänden, und der kleine Stall an der Rückseite des Hauses existierte überhaupt nicht mehr. Reste lagen auf dem Boden, wo sie verfaulten.
Um das Haus herum wucherte der Wald dicht. Da gab es Bäume, die Stürmen nicht standgehalten hatten und jetzt quer lagen. Sie wurden vom Unterholz überwuchert und zeigten auf ihrer Rinde hellen Schimmel, als auch grünes, fleckiges Moos.
Aber sie stand noch, und das allein zählte.
Der unheimliche Totengräber näherte sich der Tür. Seine schwieligen kalten Finger legten sich um den Rand und zogen die Tür auf. Sie knarrte häßlich. Das Geräusch schreckte einige Vögel hoch, die schrill pfeifend auf höchsten Zweigen Schutz suchten.
Jock Gray betrat sein Heim.
Feuchter, muffiger Gerücht empfing ihn, den er jedoch nicht wahrnehmen konnte, da er keine Sinne mehr besaß. Und doch spürte er das Fremde, das Andere, das vor einhundert Jahren noch nicht gewesen war. Etwas hatte sich verändert.
Dicht hinter der Schwelle blieb Jock Gray stehen. Witternd wie ein Tier hob er den Kopf, ohne allerdings begreifen zu können, was ihn störte.
Es war einfach da, mehr nicht.
Seine leblosen Pupillen bewegten sich, als er mit Blicken den düsteren Raum durchsuchte. Da stand noch das alte Regal, auch der Tisch.
Allerdings waren die Stühle zerbrochen. Am Dach fehlten Schindeln, der Wind konnte in die Hütte pfeifen.
Sehr hoch lag der Staub. Grauweiß waren die Fäden der Spinnweben.
Auf dem festgestampften Lehmboden wuchs Unkraut. Die Tür zum Anbau existierte nicht mehr. Dafür aber die gemauerte Feuerstelle dicht daneben.
So etwas wie eine Erinnerung blitzte im Hirn des lebenden Toten auf.
Die Feuerstelle war von je her für ihn von besonderer Bedeutung gewesen, genau wie das alte Holzbett, das ebenfalls die Jahre überdauert hatte.
Von der aus rohen Steinen gemauerten Feuerstelle ging der Zombie in die Knie. Er legte den Spaten zur Seite und zog das erbeutete Messer.
Mit der Spitze fuhr er zwischen die Ritzen und hatte beim zweiten Versuch Glück.
Er berührte den Kontakt. Mit Leichtigkeit ließ sich ein Stein herausnehmen.
Die linke Hand des Totengräbers suchte in der Öffnung, und er fand das alte Tongefäß. Es war noch immer verschlossen. Vorsichtig hob er den Deckel ab.
Ein Knurrlaut drang über seine Lippen, als er in die Schale starrte. Der Teufelstrank, der ihn zum Zombie gemacht hatte, war nicht mehr vorhanden.
Er sah nur noch eine
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