0175 - Die Kugeln tanzen Rock'n Roll
unterscheiden. Dann fuhr ich zu Jane und weihte sie ein. Erst zu spät begriff ich, was ich getan hatte. Trag hat Margery ermordet, weil er sie mit mir verwechselt hat. Ich wollte schon heute Nacht zur Polizei gehen und mich melden, aber ich konnte Jane nicht allein lassen, und gerade, als Sie kamen, debattierten wir wieder darüber. Ich wollte mich stellen, und sie mich überreden es nicht zu tun. Sie meinte, das Unglück sei ja nun geschehen und ich könnte nichts mehr daran ändern. Ich solle wenigstens warten, bis Trag verhaftet sei. Wenn er seinen Irrtum erfahre, so werde er nicht ruhen, bevor er sich doch an mir gerächt habe. Nehmen Sie Jane das bitte nicht übel. Sie ist der einzige Mensch, der mich liebt.«
Sie fasste die alte Frau um und zog sie an sich.
Was wir da erfahren hatten, war ungeheuerlich. Da hatte dieses verrückte Frauenzimmer anstatt Hilfe bei der Polizei zu suchen, ihre Kollegin einfach in den Tod gehetzt. Wenn wir nur eine Ahnung davon gehabt hätten, dass Trag geflüchtet war und die Lona bedroht hatte, so wäre es wahrscheinlich möglich gewesen, sie zu schützen. Wir hätten vor Beginn der Vorstellung das Theater durchsucht und irgendjemand wäre auf die Idee gekommen, die Pistole zu überprüfen:'
Möglicherweise wäre auch der Bankraub verhindert worden, denn wir hätten uns alle bekannten Mitglieder der Spidergang sorgfältig überwacht und bestimmt etwas gemerkt. Ich hätte die Lona verprügeln mögen, aber auch damit war es nicht getan. Wir mussten den Tatsachen ins Auge sehen.
»Ich weiß noch nicht, ob Sie gesetzlich zur Verantwortung gezogen werden können.« Ich musste mich sehr zusammennehmen, um nicht grob zu werden. »Die Entscheidung darüber liegt beim Staatsanwalt. Vorläufig geht es darum, Trag in dem Glauben zu lassen, er habe sein Ziel erreicht. Sie bleiben also hier und hüten sich, auf die Straße zu gehen oder sich mit jemanden in Verbindung zu setzen. Auch Mrs. Brindisi wird den Mund halten. Sie darf keinesfalls unter irgendeinem Vorwand in Ihre Wohnung. Was wollten Sie eigentlich überhaupt heute Morgen dort?«
»Sylvia muss doch Wäsche und etwas zum Anziehen haben«, jammerte die alte Garderobiere. »Ich hätte Rebecca ins Vertrauen gezogen und das Nötigste geholt.«
»Und Sie waren dumm genug, anzunehmen, das Mädchen würde schweigen? So viel Geld, um sich eine Garnitur Wäsche kaufen zu können, wird Miss Lona ja haben und wenn sie einmal drei Tage lang dasselbe Kleid trägt, so wird ihr keine Perle aus der Krone fallen.« Ich war nicht nur ärgerlich über so viel Dummheit, sondern regelrecht wütend. »Wenn Sie gegen meine Anordnung verstoßen, so muss ich Sie beide als wichtige Zeugen in Haft nehmen.«
»Ich verspreche es Ihnen, auch in Janes Namen«, antwortete Sylvia Lona gepresst. »Seien Sie versichert, dass ich meine Unüberlegtheit aufs Tiefste bereue, aber ich war vor Angst nicht zurechnungsfähig.«
Ich glaubte ihr das tatsächlich und das war auch die einzige Entschuldigung für ihr ungeheuerliches Verhalten.
»Noch eine Frage. Haben Sie nun Trag verraten oder angezeigt?«
»Nein. Ich gab ihm den gestohlenen Ring zurück; genauer gesagt, ich warf ihn ihm ins Gesicht, und er war kaltschnäuzig genug, um ihn aufzuheben und mit einer schmutzigen Bemerkung einzustecken. Damit war der Fall für mich erledigt. Wenn ich ihn angezeigt hätte, so wäre daraus ein Skandal entstanden, und den konnte ich mir nicht leisten.«
»Nun, er hat sich auch noch anderweitig an Ihnen gerächt. Haben Sie die gestrigen Zeitungen nicht gelesen?«
»Nein. Ich wollte weder etwas hören noch sehen.«
»Die Spidergang ist in der Nacht vom 6. zum 7. in die Central Bank eingebrochen und hat dabei auch Ihren Privatsafe ausgeräumt. Was befand sich eigentlich darin?«
»Mein ganzer Schmuck, mit Ausnahme der wenigen Stücke, die ich gewöhnlich trage. Außerdem Papiere und Versicherungspolicen.«
»Letztere hat man liegen lassen, aber den Schmuck mitgenommen. Soviel ich weiß, sind Sie ja versichert.«
»Wenn Sie wüssten, wie gleichgültig mir das ist. Ich würde gerne darauf verzichten, wenn Margery…« Ihre steinerne Ruhe zerbrach plötzlich.
Ihre Stimme überschlug sich. Sie vergrub das Gesicht in den Händen und weinte.
Ich wartete, bis sie sich beruhigt hatte. Dann brachte ich sie mit einiger Mühe dazu, mir ein Verzeichnis und eine genaue Beschreibung der gestohlenen Schmuckstücke zusammenzustellen. Während sie damit beschäftigt war, dachte ich über
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