0175 - Die Kugeln tanzen Rock'n Roll
Tipster sich geirrt hatte. Es waren nicht die »Rosen« sondern deren Konkurrenz, die den Überfall ausgeführt hatten.
Trag konnte fahren, das musste man ihm lassen. Bei einer Verfolgungsjagd in der Innenstadt kommt es nicht so sehr darauf an, wie viel PS man unter der Haube hat, sondern wie man diese zu nutzen weiß.
Er hatte nicht mehr als 70 Yards Vorsprung, aber es gelang mir nicht, auch nur einen Inch aufzuholen. In der 4. Forth Avenue ließ ich die Sirene aufheulen, aber das nutzte wenig. Der Mercury profitierte davon, und dann schoss er über die Rampe in den Tunnel nahe der 40. Straße. Er drehte rechts in die Second Avenue und hielt auf Manhattan zu. So viel er sich bemühte, er konnte mich nicht abhängen. Wieder zurück in die 37. Straße. Ein neuer Tunnel. Hier hätte er eigentlich eine Gebühr bezahlen müssen, aber er ließ den fuchtelnden und schimpfenden Wärter genauso hinter sich wie ich. Der Tunnel war lang, und um diese Nachtzeit leer.
Neville versuchte verzweifelt, zum Schuss zu kommen, aber der Mercury war noch zu weit weg. Wir mussten schon zur Hälfte unter dem East River durch sein. Unsere Scheinwerfer huschten über die gekachelten Wände. Das Knirschen der Reifen und Heulen der Motoren echote betäubend zurück.
»Schneller, schneller!«, brüllte Neville, aber ich konnte nicht.
Vor mir war ein Laster aufgetaucht, den Trag um Haaresbreite passierte. Ich wollte mir nicht das Genick brechen und nahm etwas Gas weg, bis auch ich es geschafft hatte. In der großen Kurve verlor ich den Mercury für zehn Sekunden aus den Augen, dann hing ich wieder dicht hinter ihm und gewann langsam an Boden. Jetzt hatte ich das Rückfenster im Scheinwerferlicht. Ich sah die weiße Maske eines Gesichts und hörte das Klicken, mit dem Kugeln in das Blech meines Jaguars schlugen.
Auch Neville wurde wieder geschäftig. Die gelbe Zunge des Mündungsfeuers seiner Maschinenpistole stieß an mir vorbei. Gleich musste der Tunnel zu Ende sein. Es ging langsam bergauf. Wir waren jetzt unter der Borden Avenue. Der Mercury wischte durch das hell beleuchtete Viereck des Tunnelausgangs und bog halblinks in die Jackson Avenue in Richtung auf Long Island ab. Jetzt konnte es nur noch eine Frage weniger Minuten sein, bis ich ihn eingeholt hatte. Ich drückte auf das Gaspedal. Jetzt konnte mein Jaguar zeigen, was in ihm steckte.
Ich beugte mich nieder und lauschte angestrengt. Ich kenne jede Regung des Motors und ich fühlte, dass dieser anfing zu stottern und dann einen ausgewachsenen Sprachfehler bekam. Er setzte aus, sprang wieder an und stand.
Der Mercury war verschwunden. Unter einem Chorgesang von Flüchen sprangen wir heraus und dann sah ich die Bescherung. Der Benzintank hatte zwei Löcher und war leer gelaufen. Ich konnte von Glück sagen, dass die Kiste nicht in Flammen aufgegangen war.
»Weg! Das nennt man Pech«, knurrte Phil, und Neville gebrauchte ein paar Ausdrücke, die ich nicht wiedergeben kann.
Glücklicherweise funktionierte mein Funkgerät noch. Ich sorgte dafür, dass jeder Cop auf einen grauen Mercury lauem würde. Ich erfuhr dann auch ein paar Neuigkeiten. Einer der Gangsterwagen hatte sich unterwegs überschlagen und war gegen eine Hauswand geknallt. Die vier Insassen waren tot, aber man hatte drei Aktentaschen mit Dollarscheinen gefunden. Welcher Gang die toten Gangster angehörten, wusste man noch nicht. Der Erkennungsdienst beschäftigte sich mit ihnen. Dagegen war die,Identität des auf der Straße erschossenen Mannes festgestellt worden. Er gehörte der Gang der »Rosen« an. Die beiden anderen Wagen waren vorläufig entkommen. Natürlich wurden sie in der ganzen Stadt gesucht.
»Daraus soll der Teufel klug werden«, schimpfte ich. »Ich kann jeden Eid leisten, dass es die ›Spinne‹ war, die wir verfolgten, aber auch die ›Rosen‹ müssen beteiligt gewesen sein. Sollten sich die beiden Banden etwa geeinigt haben?«
»Unmöglich!«, behauptete Neville. »So etwas gibt es nicht. Das habe ich in meiner ganzen Dienstzeit noch nicht erlebt.«
Er hatte recht, aber ich begriff es nicht. Zwanzig Minuten später nahm einer unserer Wagen meinen Jaguar ins Schlepptau. Phil, Neville und ich stiegen in einen Streifenwagen um und ließen uns zum Office fahren.
Erst als ich die verschiedenen Berichte gelesen und gehört hatte, wurde mir einiges klar. Die »Rosen«-Gang hatte die ganze Geschichte recht leichtsinnig und fast stümperhaft aufgezogen. Sie waren vorgefahren, hatten mit einer geballten
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