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0176 - Der Pestvogel

0176 - Der Pestvogel

Titel: 0176 - Der Pestvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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übermütig aus.
    Sie zog Felix zu sich und wollte ihn küssen.
    »Bist du verrückt!« schrie er und versuchte, sich von ihr loszureißen. Dabei verlor er die Herrschaft über das Fahrzeug. Als Sylvia ihn losließ, war es schon zu spät. Der Wagen knallte gegen die Leitschiene, wurde von dieser zurückgeschleudert und raste auf einen Baum zu, der an der gegenüberliegenden Fahrbahnseite aufragte.
    Sylvia stieß einen erschrockenen Schrei aus.
    Felix trat mit voller Wucht auf die Bremse. Es nützte nichts.
    Frontal donnerte der Mercedes gegen den dicken Kastanienbaum. Glas klirrte. Blech knackte. Zierleisten sprangen ab. Die Frontscheibe zerplatzte in Millionen scharfe Splitter, die durch das Wageninnere wirbelten, doch davon bekamen Sylvia Fast und Felix Emo nichts mehr mit. Sie hatten beide das Bewußtsein verloren.
    Als Sylvia die Augen wieder aufschlug, fühlte sie sich elend.
    Bleischwer waren ihre Glieder. Ihre Empfindungen waren auf eine unerklärliche Weise gedämpft.
    Sie brauchte eine Weile, bis sie begriff, daß sie in einem Krankenbett lag. Sie sah weiße Wände, Flaschen und Schläuche über sich, durch die unbekannte Flüssigkeiten rannen. Außerdem war sie an medizinischtechnische Geräte angeschlossen, die ihren Gesundheitszustand überwachten.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, denn sie glaubte zu wissen, daß sie nicht durchkommen würde. Du mußt sterben, raunte ihr eine innere Stimme zu. Du bist zu schwer verletzt. Du hast keine Überlebenschance. Der Tod ist dir gewiß. Du wirst diese Nacht nicht überleben.
    Alles in ihr wehrte sich gegen dieses Schicksal. Ihr Geist lehnte sich verzweifelt dagegen auf, aber da war wieder die gnadenlose, unerbittliche Stimme, die sie wissen ließ, daß sie dem Tod geweiht war.
    Ein unbeschreibliches Gefühl beschlich sie mit einemmal. Es kostete sie unendlich viel Mühe, den Kopf ein kleines Stück zu drehen und zum Fenster zu blicken.
    Dort saß ein riesiger schwarzer Vogel.
    Dem Mädchen fuhr ein Eissplitter ins Herz.
    Der Vogel hockte auf dem Fensterbrett und starrte sie unentwegt an. Er schien etwas haben zu wollen. Ihr Leben! Ihre Seele!
    Der Angstschweiß brach Sylvia aus allen Poren.
    Der Anblick des unheimlichen Vogels versetzte sie in Todesangst. Sie wollte um Hilfe rufen, doch kein Laut kam über ihre blassen Lippen. Sie wollte den Blick vom Fenster wenden, schaffte das aber nicht.
    Und auf einmal saß dieser Geistervogel nicht mehr draußen, sondern drinnen. Er war durch das Fenster gekommen, ohne es zu öffnen.
    Sylvias Herz klopfte wild. Sie fürchtete sich entsetzlich, denn sie wußte, daß sie diesen unheimlichen Besuch nicht überleben würde.
    »Nein!« hauchte sie fassungslos. »Geh weg! Laß mich…!«
    Der große Vogel stieß sich ab. Lautlos schwebte er heran. Er setzte sich auf Sylvias Brust. Sie spürte den harten Druck seiner Füße. Er war schwer. Sie konnte kaum noch atmen.
    Seine blauschwarz glänzenden Schwingen legten sich nicht an den gefiederten Körper. Er betrachtete dieses Mädchen als seine Beute, und diese Beute schützte er mit den Flügeln, damit sie ihm niemand wegnehmen konnte.
    »Bitte!« flehte das Mädchen. »Laß mir mein Leben!«
    Mitleidlos starrte der unheimliche Vogel sie an. Er senkte den Kopf mit dem kräftigen harten Schnabel, und in der nächsten Sekunde stieß er unbarmherzig zu.
    ***
    Der schwarze Vogel ging Manfred Mock, dem Küster, nicht mehr aus dem Kopf. Es beunruhigte ihn besonders, daß seine Frau Adele dieses gefiederte Scheusal auch gesehen hatte.
    Seiner Ansicht nach hatte das nichts Gutes zu bedeuten. Er war davon überzeugt, daß hier finstere Mächte im Spiel waren, die möglicherweise die Absicht hatten, ihre Hand nach Adele auszustrecken.
    Mock glaubte mit Sicherheit zu wissen, daß seine Frau in großer Gefahr schwebte. Wenn er etwas zu ihrem Schutz unternehmen sollte, mußte er schnell handeln, denn der schwarze Vogel würde wiederkommen, das stand für den Küster fest.
    In Döbling wohnte ein Mann, mit dem Mock befreundet war.
    Vladek Rodensky war sein Name. Er war ein gebürtiger Pole mit österreichischem Reisepaß. Von Beruf Brillenfabrikant. Ein Weltenbummler aus Passion.
    Mock hoffte, daß Rodensky zu Hause war.
    Da er nicht viel Zeit hatte, fuhr er nicht mit der Straßenbahn, sondern leistete sich ein Taxi, was bei ihm höchst selten vorkam.
    Von ihm hätten Taxifahrer nicht leben können. Er war ein großer Sparmeister. Wenn er das nicht gewesen wäre, hätte Adele irgendeine

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