0178 - Stadt der toten Seelen
erreichbar. Doch es gab winzige Verbindungen. Merlin hatte einmal versucht, es Zamorra zu erklären. Es hatte etwas mit Energieausgleich zu tun, mit Entropie… völlig hatte Zamorra es nicht verstanden. Die Weltentore, jene undichten Stellen, die ein Überwechseln von einer Welt in die andere ermöglichten, mußte es geben, wenn nicht die Entwicklung stagnieren sollte. Merlin hatte auch davor gewarnt, ein solches Weltentor zu schließen, und Zamorra hatte gesehen was daraus entstand, wenn man es zerstörte. Denn Merlin selbst hatte in einer Notlage ein Weltentor zerstört, um noch größeres Unheil zu verhindern. [4] Es war auch für den mächtigen, ja den mächtigsten unter den Zauberern, nicht ohne spürbare Folgen geblieben…
Zamorra selbst hatte, teils freiwillig, teils unfreiwillig, schon des öfteren Weltentore benutzt. Er wußte, wo sich einige befanden, und konnte andere erahnen. Eines zum Beispiel mußte sich im Bermuda-Dreieck befinden…
Und hier - hier hatte jemand das Unglaubliche fertiggebracht und Weltentore mit einer magischen Beschwörung künstlich erschaffen! Wenn auch nur für kurze Zeit, aber immerhin…
Zamorra fror trotz der hier herrschenden Wärme. Die Struktur der einzelnen Dimensionen mußte empfindlich gestört worden sein. Was mochte sich überall dort abgespielt haben, wo die Weltentore entstanden waren?
Die Zeichnung brannte sich in seinem Gedächtnis fest. Und er erkannte dabei zwei eminent wichtige Dinge.
Zum einen, daß die Tore ungezielt entstanden waren. Der unbekannte Magier hatte lediglich die Welt benennen können, die er angreifen wollte, aber nicht die genauen Punkte, an denen die Tore entstanden, die nach Sekunden wieder zusammenbrachen. Es war, als schösse jemand eine Schrotflinte ab. Das ungefähre Ziel konnte er bestimmen, aber wie sich die Schrotkörner verteilten, blieb dem Zufall überlassen…
Die andere Erkenntnis verriet ihm, daß die Zeichnung nicht mehr vollständig war. Deutlich erkannte er die Stelle, an der einige Symbole ausgelöscht worden waren. Der Magier war also doch nicht ganz so dumm, wie es zunächst den Anschein hatte…
Zamorra richtete sich wieder auf.
Die fremde Sonne sank tiefer. Sie berührte bereits das Dach des Dschungels und würde in Kürze verschwunden sein.
Würde der Magier die Nacht ausnutzen? Die Dunkelheit war schon immer das Element der bösen Mäche gewesen. Zamorra preßte die Lippen zusammen. Mit seinem Amulett wäre alles einfacher gewesen. Doch er war waffenlos, konnte sich nur auf seinen Geist und seine schwachen Para-Kräfte verlassen.
Vielleicht konnte er mit irgendwelchen Bannzeichen das Haus absichern, sofern es innerlich gefahrlos war. Rolf und die anderen würden es in der Zwischenzeit wohl erkundet haben, hoffte er.
Er suchte den Para-Rapport mit den Zwillingen.
Doch der Kontakt kam nicht zustande. Offenbar hatten die beiden Mädchen anderes zu tun, als sich auf ihre Telepathie zu konzentrieren.
»Kommen Sie, Boris«, sagte der Professor. »Was ich wissen wollte, weiß ich jetzt.«
Der Sibirier blieb noch zögernd stehen. Mit dem Lauf der Flinte deutete er auf die Zeichnung. »Wollen Sie sie nicht benutzen, um uns zurückzubringen?« fragte er.
»Ein entscheidender Teil ist gelöscht worden«, sagte Zamorra. »Und ich muß gestehen, daß ich mir nicht vorstellen kann, wie er ausgesehen haben mag. Auch meine Kenntnisse haben ihre Grenzen.«
Boris antwortete nicht. Aber er begann, mit seinen Schuhen die Symbole zu verwischen.
»Was soll das?« frage Zamorra.
»Ich möchte verhindern, daß jemand Unfug mit dem Rest anstellt«, sagte Boris. »Ich könnte mir lebhaft vorstellen, daß auch der Rest noch gefährliche Experimente zuläßt, und es gibt jemanden in unserer Gruppe, der alles daransetzen möchte, Ihnen zu schaden, Professor.«
Rolf! dachte Zamorra.
Aber Boris ging nicht weiter auf das Thema ein. Er schulterte das Gewehr mit dem alten, fettigen Lederriemen und schloß zu Zamorra auf.
Zamorras Gedanken kreisten um den Studenten.
Würde der tatsächlich so weit gehen?
***
Der Knöcherne sah die Sonne sinken. Stärker glomm es in seinen Augenhöhlen auf. Die Nacht kam, und mit ihr die Kraft für das Böse. Jene Mächte, die ihm seine Existenz ermöglichten und ihm Kraft gaben, erstarkten, wenn die Sonne verschwand, wenn sich der Planet mit seiner Masse zwischen sie und die dunkle Macht schob.
Der Knöcherne wußte um die Phänomene, denen er seine Kraft verdankte. Und zwischen den aufgespannten
Weitere Kostenlose Bücher