0180 - Sonderauftrag Maracaibo
dass er damit nicht durchkommt. Okay, Chef, fragen Sie! Ich packe aus!«
»Wer hat dir gesagt, du sollst die Villa Rosega im Auge behalten?«
»MacNieling.«
»Wie lange sollst du das Haus beobachten?«
»Bis Schlag Mitternacht.«
»Dann bist du ein Idiot, John! Du kannst doch nicht bis Mitternacht mit deinen Zeitungen auf der Straße sitzen! Das wäre doch aufgefallen! Die Maske als Blinder und Zeitungsverkäufer ist nicht schlecht, aber doch nur tagsüber!«
Long John zeigte offene Verblüffung in seinem Gesicht.
»Donnerwetter, ja! Daran habe ich gar nicht gedacht, Chef!«, gab er zu.
Sandheim nickte.
»Klar. Wann denkt ihr überhaupt? Okay. Sollst du dich bei Nieling regelmäßig melden?«
»No. Nur wenn ein oder mehrere Männer, die von der Polizei sein könnten, das Haus betreten und nicht allesamt wieder herauskommen, dann soll ich Nieling anrufen.«
Sandheim überlegte ein paar Minuten. Schließlich entschied er sich.
»Okay. Ich mache dir einen Vorschlag, John. Entweder du gehst jetzt wieder auf deinen Posten zurück und wirst weder Nieling noch sonst irgendeinem Menschen ein Sterbenswörtchen von unserer Unterhaltung sagen, oder aber ich lasse dich unter Anklage stellen. Du hast keinen Gewerbeschein, du bist kein Blinder, du zahlst für dein Geschäft keine Steuern - der Staatsanwalt holt schon ein paar Monate heraus.«
»Da müsste ich ja Prügel wert sein, wenn ich das ablehnen würde«, lachte Long John bieder. »Ist geritzt, Chef!«
»Noch eins«, murmelte Sandheim. »Du wirst natürlich auch nicht melden, dass zu den Rosegas irgendwelche Männer gekommen wären - ich meine, falls vielleicht welche kommen sollten! Du wirst Nieling heute Nacht berichten, dass du nichts, aber auch gar nichts Auffälliges beobachten konntest!«
»Und wenn dann doch Cops in der Villa sind und Nieling zieht mich morgen dafür zur Rechenschaft?«
»Keine Bange«, sagte Sandheim ernst. »Morgen früh wird Nieling bereits in einer unserer Zellen sitzen. Okay, John, du weißt, um was es für dich geht. Schwirr ab! Ich verlass mich auf dich!«
»Können Sie hundertprozentig, Chef«, sagte Long John mit biederer Ehrlichkeit in der Stimme. »Ich bin doch nicht so vernagelt, dass ich mir’s mit Ihnen verderbe! Und dann noch für einen Polizistenmörder! Nee, ich tu alles, was Sie mir gesagt haben.«
»Okay! So long, John!«
Sandheim wartete, bis der Gangster verschwunden war. Dann tippte er eine kurze Notiz:
MacNieling in die Rosega-Geschichte verwickelt! Morgen früh zwischen fünf und sieben festnehmen. Sandheim.
Er brachte den Zettel in die Fahndungsabteilung. Sein Name hatte im Präsidium so viel Gewicht, dass die Fahndungsabteilung auf einen bloßen Zettel dieser Art hin auch den Gouverneur festgenommen hatte. Freilich wusste niemand im ganzen Polizeipräsidium, dass dieser Zettel der letzte dieser Art sein sollte, den Sandheim ausstellte. Unsichtbar hing über Sandheims Schicksal schon der Schatten des Todes.
***
Fanster führte uns durch das Haus. Eigentlich waren es mehrere Häuser, denn die Schmuggler hatten nicht nur die Kneipe selbst, sondern auch die vier Nachbarhäuser aufgekauft und durch Mauerdurchbrüche miteinander verbinden lassen. Es gab eine unwahrscheinliche Menge von Treppen, Stiegen und Korridore. Einige Räume waren mit dem Notdürftigsten möbliert, um ein paar Menschen für ein paar Tage als Unterschlupf dienen zu können. Hier mussten sich die Chinesen aufhalten, bis die Schmuggler sie an Bord ihrer Boote nahmen, um die illegale Überfahrt hinüber zur Westküste Floridas zu machen.
Phil und ich schätzten, dass mindestens vierzig bis fünfzig Männer zu den Verbrechern gehörten. Ein großer Teil von ihnen war kubanischer Abstammung, aber es gab doch auch eine hübsche Menge von Yankees, von Leuten, die zweifellos US-Staatsbürger waren, wenn auch Bürger der Sorte, auf die kein Staat stolz ist.
»Wie kriegen Sie eigentlich die Chinesen, Boss?«, fragte ich, während wir ein paar Treppen hinabstiegen.
»Wir haben eine Agentur in Hongkong und ein paar Vertreter in ganz Südostasien«, sagte er wie nebenher, als ob es gar nichts wäre, dass sich hier eine Verbrecherorganisation über die ganze Erde ausgebreitet hatte. »Die Leute machen ein bisschen Reklame für unser Geschäft. Der Rest regelt sich von selbst. Ihr glaubt ja gar nicht, wie viele Menschen gern in die USA einwandern möchten, aber kaum je darauf hoffen dürfen, weil entweder der geforderte Bürge in den USA nicht
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