0181 - Blutige Dollars
warteten. Es wurde zwei Uhr. Das Mädchen blickte auf seine Uhr und sagte etwas, aber ihr Begleiter schüttelte eigensinnig den Kopf. Er hatte noch keine Lust wegzugehen. Da kam mir eine Idee. Ich rief den Kellner.
»Suchen Sie Mr. Mary und bitten Sie ihn, hierherzukommen.«
»Darf ich fragen, wer Sie sind?«
»Sagen Sie nur, die zwei Herren von heute Abend. Das wird genügen.«
Fünf Minuten später stand der Mexikaner neben uns.
»Bitte, setzen Sie sich. Dann können wir uns besser unterhalten.«
»Danke.« Er machte eine formvollendete Verbeugung und ließ sich nieder.
»Sehen Sie das Pärchen da hinten, das schwarze, hübsche Mädchen in dem hellblauen Kleid und den blonden Jüngling?«
»Gewiss, was ist mit den beiden?«
»Es liegt mir sehr viel daran, sie allein zu sprechen. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass dies auch im Interesse des Mr. Valorio liegt.«
Der Mexikaner runzelte die Stirn.
»Die beiden sind Stammgäste. Die junge Dame kenne ich zufällig mit Namen. Sie ist Miss Vanderloo.«
»Doch nicht eine Verwandte des Bankiers?«, fragte ich fast erschreckt.
»Doch, sie ist seine jüngste Tochter. Wenn ich ihr Vater wäre« - er lächelte vertraulich - »ich würde sie nicht mit diesem Begleiter hierher lassen.«
»Wieso, was haben Sie gegen ihn?«
»Er ist, verzeihen Sie das harte Wort, ein Gangster, keiner von denen, die mit Messer und Pistole arbeiten. Nein, aber June Vanderloo ist nicht die erste. Er hat immer Mädchen aus den besten Familien, und die Freundschaft endigt immer abrupt. Ich habe so den Eindruck, als ob er nach einem Grund sucht, sie zu erpressen, und wenn er das erledigt hat, so lässt er sie laufen.«
»Ein wundervoller Zeitgenosse«, sagte ich. »Der Kerl ist noch viel übler, als Sie wissen, aber ich werde ihm das Handwerk legen, und zwar sofort. Bitten Sie ihn unter irgendeinem Vorwand auf das vordere Bootsdeck. Ich komme nach.«
Wir sahen Mr. May eine Runde durch die Tischreihen machen und bei dem Pärchen stehen bleiben. Es gab eine kurze und, wie es schien, von Seiten des Jünglings recht heftige Auseinandersetzung. Dann sprang dieser auf, sprach ein paar Worte zu June Vanderloo, die sichtlich ungern zurückblieb, und folgte dem Mexikaner.
»Ich gehe jetzt nach vorn. Komm du nach und bleib in Hörweite. Wenn wir gleich zu zweit auftauchen so wird der Bengel wahrscheinlich bockbeinig«, sagte ich.
Phil nickte, und ich erhob mich und schlenderte wie unabsichtlich dahin, wo in der Finsternis des Vordecks zwei Boote festgezurrt waren und ein paar große Taurollen umherlagen. Ich bemerkte die beiden Silhouetten an der Reling und trat näher.
»Danke schön, Mr. May«, sagte ich, und der Mexikaner verschwand wie vom Erdboden aufgeschluckt.
»Was wollen Sie von mir?Warum stören Sie mich?«, fragt der Junge frech, die Hände in den Hosentaschen:
»Hier frage ich«, antwortete ich grob, zog meinen Ausweis aus der Tasche und ließ den Schein der Taschenlampe darauf fallen. »Sie wissen, was das bedeutet.«
»Klar, aber ich bin mir keiner Schuld bewusst.«
»Dann erklären Sie mir bitte, wer Ihnen die falschen Fünfzig-Dollar-Scheine gegeben hat.«
»Ich weiß nichts von falschen Scheinen.«
»Auch nichts vom Herz-Buben, dem Erkennungszeichen der Mitglieder der Falschmünzerbande? Komm, komm, mein Junge. Bei deinen Altersgenossen kannst du dich auf spielen, nicht aber bei mir. Wenn du jetzt nicht redest, so nehme ich dich mit, und wenn ich dich erst über Nacht eingesperrt habe, wirst du wohl zu dir kommen.«
»Den Teufel werde ich.«
In diesem Augenblick klang eine Mädchenstimme hinter uns. Es war June Vanderloo. Ich konnte nur ihre Umrisse sehen, aber sie war es.
»Warum bist du so unvernünftig, Fred«, sagte sie. »Glaubst du, ich hätte nicht gemerkt, dass etwas heute Abend nicht stimmte. Als du kamst, hattest du sehr wenig Geld, und nachdem du ein paar Worte mit dem dicken Mann gesprochen hattest, war deine Tasche plötzlich voller Scheine. Die ganze Zeit über mochte ich dich gut leiden, und du weißt, ich habe dir auch ausgeholfen, aber wenn du solche Streiche machst, sind wir fertig miteinander.«
»June«, bettelte er. »Glaub mir, es ist alles ganz anders, als du denkst.«
»Dann sag, wie es ist. Ich will es gar nicht wissen.« Sie drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit.
»Nun?«, munterte ich ihn auf. »Ich denke, es wäre höchste Zeit, dass wir klarkommen.«
»Ich habe Angst«, sagte er leise.
»Wer sind Sie denn
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