0181 - Totenchor der Ghouls
die Scheibe.
Schwammig, widerlich, mit kugelrunden Augen und einem Maul, das der Unbekannte weit aufgerissen hatte. Ein Abziehbild des Schreckens bot er.
Maureen schüttelte den Kopf. Nein, das war zuviel. Und als die Gestalt hinter dem Fenster die Hand hob, wobei sie über die Scheibe glitt, wurde Maureen vom Grauen geschüttelt, denn die Klaue hinterließ auf dem Glas eine widerliche Schleimspur, die langsam an der Scheibe hinabrann und sich unten sammelte.
Der Mann in Grau aber lachte. »Das ist kein Scherz. Wir brauchen euch, und das Haus ist umstellt.«
Maureen nickte, obwohl sie es gar nicht wollte. »Aber weshalb braucht ihr uns?«
»Das werdet ihr später erfahren.« Er wandte sich um, als in diesem Augenblick die Tür aufgestoßen wurde.
Jerry Dale taumelte in den Raum.
Maureen stieß einen Schrei aus, als sie das blutverschmierte Gesicht ihres Vaters sah, der sich kaum aufrecht halten konnte, bis zum Tisch vortaumelte und sich dort schwer aufstützte, um auf den Beinen bleiben zu können.
Jerry Dale keuchte. Der Schlag hatte ihn schwer erschüttert.
Explosionsartig zuckten die Schmerzen durch seinen Kopf, aber Jerry war sich darüber im klaren, daß er jetzt nicht nachgeben durfte.
Er mußte durchhalten, das war er sich und seiner Tochter schuldig.
Maureen schwieg. Nur ihre Augen zeigten eine unnatürliche Größe. Sie starrte ihren Vater an und mußte mit ansehen, wie der Fremde seine Hand ausstreckte und sich die fünf Finger in das Haar des Mannes wühlten, wobei der Mann in Grau Jerry Dale so weit zurückzog, bis dieser gegen ihn fiel.
»Lassen Sie ihn!« keuchte Maureen.
»Halt deinen Mund!«
Jerry Dale verzog das Gesicht. Seine Schmerzen mußten zugenommen haben, denn der Griff des Unheimlichen war verdammt hart. Dale preßte die Lippen zusammen, so daß sie nur noch einen Strich bildeten. Auf seiner Stirn lag der Schweiß. Das Gesicht glänzte, als hätte man es mit einer Speckschwarte eingerieben.
»Wenn ihr beide nicht genau das tut, was ich von euch verlange, werde ich euch töten!«
Die Worte waren hart und klar gesprochen. Maureen hatte sie ebenso vernommen wie ihr Vater.
»Ist das klar?«
Maureen nickte.
»Auch bei dir, Mann?«
»Okay!« keuchte Jerry.
Da ließ der Mann in Grau ihn los. Jerry Dale fiel nach vorn. Er wollte sich noch auf der Platte abstützen, aber seine Arme knickten weg. Sie hielten das Gewicht nicht, und Jerry Dale fiel über den Tisch. Er räumte dabei zwei Teller ab, die zu Boden fielen und dort zersprangen.
Jerry Dale blieb liegen. Die Augen hatte er aufgerissen. Zwei Teller waren vom Tisch gefallen, das Besteck jedoch lag noch auf der Platte. Und er sah das Messer.
Dicht vor seinen Augen befand sich der Griff. Es war ein sogenanntes Steakmesser. Jerry hatte es genommen, weil das andere Besteck schmutzig war.
Nun erwies es sich als Vorteil. Die Klinge war an ihrem Rand ziemlich scharf, vorn sehr spitz, und sie würde auch den Körper des Kerls durchdringen, wenn er fest genug zustach.
Diese Gedanken durchzuckten Jerrys Kopf. Es waren Mordabsichten. Seltsamerweise erschrak er nicht einmal davor, sondern sah es als Notwehr an.
Er bemerkte, daß der ungebetene Gast sich ein wenig zur Seite bewegte. Dabei ging er nach links, ein sehr günstiger Stellungswechsel, und Jerry Dale zögerte nicht mehr.
Seine Finger packten zu. Sie umklammerten den Holzgriff. Er riß das Messer hoch und fuhr mit der Waffe in der Hand herum. Plötzlich erschien der Körper des Mannes in Grau dicht vor ihm.
Riesengroß kam er ihm vor. Er konnte ihn nicht verfehlen und versenkte die Klinge in die Brust des Mannes.
Ja, er schaffte es, fiel sogar noch gegen den Unheimlichen, erwartete Blut, das aus der Wunde treten würde – und sah nichts.
Die Hälfte der Klinge war in die Brust des Mannes gedrungen, der nur auflachte und zurücktrat.
Jerry Dale verlor das Gleichgewicht, weil er sich nicht mehr abstützen konnte, und fiel hin.
Als er aufschlug, schrie auch Maureen. Sie hatte beide Hände gegen ihr Gesicht gekrallt. Wie ihr Vater bekam sie mit, daß sich der unheimliche Gast schüttelte, dann höhnisch lachte und sich schließlich das Messer aus dem Körper zog, als wäre überhaupt nichts geschehen.
Er war unverwundbar!
Die Klinge hielt er in der Hand. Aus seinen Mundwinkeln lief eine gelbe, stinkende Flüssigkeit, und für einen Moment sah es so aus, als wollte er die Waffe in den Körper des am Boden liegenden Mannes stoßen.
»Nein, nicht!« schrie Maureen.
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