0182 - Mord ist kein Geschäftsbetrieb
geringere Summe zu verlangen. Er hielt es für richtig, seinen Opfern die Illusion zu lassen, sie könnten sich wirklich mit einer bestimmten Summe freikaufen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Richard Nelson darauf hereinfallen würde, aber es schien, dass Brown recht behalten sollte. Der Früchtehändler sog meine Worte geradezu wie Balsam auf.
»Ist das auch bestimmt wahr?«, fragte er weinerlich.
»Klar«, antwortete ich mit schlechtem Gewissen. »Noch einmal zweitausend, und wir sind geschiedene Leute.«
Seine Wut war einer kläglichen Stimmung gewichen.
»Glauben Sie mir«, klagte er, »ich hätte mich nie darauf eingelassen, wenn ich geahnt hätte, wohin es führen würde. Es war mir ohnedies schon schrecklich genug, aber ich habe gehofft, ich könnte es vergessen. Jetzt kommt ihr und erinnert mich immer wieder daran.«
Das Gejammer dieses Mannes, der einen Mord gekauft hatte, ekelte mich an.
»Zahlen Sie oder nicht?«, fragte ich knapp.
Er erhob sich unter Ächzen und Stöhnen, ging zu einem Wandschrank, öffnete ihn und holte eine Kassette.
Er zählte zweitausend Dollar in allen möglichen Scheinen ab und schob sie mir mit dem Blick eines getretenen Hundes zu.
»Haltet jetzt euer Wort!«, mahnte er und setzte ein »Bitte«, hinzu.
Ich stopfte das Geld nachlässig in die Tasche, leerte das Ginglas und verabschiedete mich mit einem kurzen Tippen an den Hut. Ich war froh, als ich 28 nicht mehr die gleiche Luft wie dieses schleimige Subjekt atmen musste.
Charly Brown hatte mich heute nicht zu unserem gewöhnlichen Treffpunkt in die Drum Street bestellt, sondern zu seiner Wohnung auf dem Russian Hill. Er besaß ein kleines Haus in der Winding Street mit einem prächtigen Blick auf den Jacht-Hafen und die Bucht.
Mit einiger Spannung fuhr ich hinaus, denn ich nahm an, dass Brown mir einige Vorschläge zu machen hatte. Soviel ich wusste, kam es nie vor, dass er einen seiner Leute in die Wohnung bestellte. Wenn er es heute mit mir tat, so musste es einen besonderen Grund haben.
Das Haus in der Winding Street war nur klein und stand mit der Vorderseite direkt an der Straße, ohne Garten zwischen Hausfront und Bürgersteig.
Es war noch nicht dunkel, als ich läutete. Ich wartete zwei oder drei Minuten, läutete noch einmal, aber im Haus rührte sich nichts. Ich drückte gegen die Tür, und sie gab nach.
Nach einem kurzen Zögern betrat ich das Haus und drückte die Tür hinter mir ins Schloss. Im Flur rief ich: »Hallo, Charly!« Nur Schweigen antwortete mir.
Flur und Hauptraum waren nur durch einen schweren Vorhang getrennt, der jetzt zurückgezogen war. Der Wohnraum nahm praktisch das gesamte Erdgeschoss ein. Ein Blick auf die Einrichtung genügte, um zu erkennen, dass Charly Brown einträgliche Geschäfte betrieb. Kaum einen Stuhl dieser Einrichtung hätte ich mir von meinem Monatslohn kaufen können.
Die Rückfront des Zimmers bestand fast völlig aus Glas. Neben dem Fenster führte eine Glastür auf die Terrasse, und hier erst erkannte man, dass sich hinter dem bescheidenen Äußeren der Hausfront eine Wohnung von wahrhaft villenartigem Charakter verbarg. Der Garten war nicht besonders groß, und eine Mauer, die ihn an drei Seiten umschloss, schützte ihn gegen Blicke der Nachbarn, aber da das Gelände sich sanft senkte, hatte man vom Fenster aus einen großartigen Blick über die Bucht, Fort Mason und die Golden Gate Bridge.
Die Aussicht fesselte mich so, dass ich für einen Augenblick vergaß, warum ich hergekommen war, und um sie noch besser zu genießen, wollte ich auf die Terrasse hinaustreten.
Die Glastür war nur angelehnt, aber nicht geschlossen. Ich ging hinaus. Links auf der Terrasse, die an dieser Stelle von einem Vordach gegen Regen geschützt wurde, standen einige Gartenmöbel, ein Tisch, drei Stühle und eine Art Hollywoodschaukel.
Auf einem der Stühle saß Charly Brown. Seine Arme lagen auf dem Tisch, und sein Kopf lag auf den Armen.
»Charly!«, rief ich, aber ich rief es schon sehr leise, denn irgendetwas in der Haltung des Mannes verriet mir, dass er mich nicht mehr hören konnte. Vielleicht war es auch das umgeworfene Glas und die Scherben der heruntergefallenen, auf dem Boden zersplitterten Flasche, die genauso viel aussagten wie ein ärztlich unterschriebener Totenschein.
Aber erst, als ich mich über ihn beugte, erkannte ich, auf welche Weise Charly Brown getötet worden war. Jemand hatte ihm aus nächster Nähe eine Kugel ins Genick gejagt.
Ich trat einen Schritt
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