0183 - Das Knochenschiff
Schloßhund auf, vermochte sich aber nicht mehr zu retten. Das Feuer machte kurzen Prozeß mit ihm.
Shao fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn und seufzte. »Ich bin erledigt.«
»Ich genauso«, sagte Sheila Conolly heiser. »Wenn ich daran denke, daß ich dort drinnen in einer Sekunde zu einem Stück Kohle geworden wäre, rieselt es mir jetzt noch kalt über den Rücken.«
»Das ist besser als heiß«, sagte Shao und schaffte es, schon wieder zu lächeln.
»Ich schlage vor, wir verschwinden von hier, ehe noch mehr Untote aufkreuzen.«
»Gute Idee«, sagte Shao und drehte sich um.
Aber sie machte keinen Schritt, sondern erstarrte, denn vor der Tür hatten sich drei Männer mit Revolvern aufgebaut. Einer von ihnen war Hoyt Simmons.
***
»Mr. Simmons!« stieß Sheila Conolly verdattert hervor.
Er lachte dreckig. »Jetzt sind Sie baff, was? Der nette, hilfsbereite, zu aller Welt freundliche. Mr. Simmons steht mit einem Revolver vor Ihnen. Das schockiert Sie. Ich kann es verstehen.«
»Er hat mich betäubt, indem er mir einen präparierten exotischen Früchtecocktail servierte«, erzählte Shao.
»Dann bist du von keinem Mann, der wie Alain Delon aussah, gekidnappt worden«, sagte Sheila erstaunt.
»›Alain Delon‹ ist eine Erfindung von mir«, sagte Hoyt Simmons. »Ist doch gut, oder? Ihr seid alle darauf hereingefallen.«
Sheila schob trotzig ihr Kinn vor. »Warum tun Sie das, Mr. Simmons? Sind Sie mit dem Bösen im Bunde?«
»Erraten. Männer wie mich gibt es überall auf der Welt. Wir sind die Wegbereiter der Hölle. Wir räumen erkennbare Hindernisse beizeiten aus dem Wege, damit es Wesen wie Robinson Jaw und seine Leute ein bißchen leichter haben. Wir sind wertvolle Gehilfen des Schattenreichs.«
»Warum tun Sie so etwas?«
»Weil ich das Böse schätze Und das Gute verachte. Weil ich von der Hölle reichlich entlohnt werde, sobald die Zeit dafür gekommen ist… Es gibt viele Gründe, weshalb ich und meine Freunde hier nicht auf der Seite des Guten stehen. Das Böse hat mehr Macht, und Macht ist etwas, das mich fasziniert, das mich berauscht. Eines Tages werde auch ich mächtig sein. Natürlich muß ich mir das verdienen, und das tue ich, indem ich böse Taten setze, wo immer ich dazu Gelegenheit habe.«
Hoyt Simmons lachte blechern. »Ich bin dennoch froh, daß euch beiden Täubchen nichts zugestoßen ist. Der Auftritt der beiden Zombies war nicht von mir geplant. Er ist aber passiert, und es hätte mir wahnsinnig leid getan, wenn ihr jetzt schon den Tod gefunden hättet. Ihr werdet nämlich noch gebraucht.«
»Wofür?« fragte Shao.
»Wie ich schon sagte, gehöre ich zu denen, die dem Bösen erkennbare Hindernisse aus dem Weg räumen. Wie jedermann weiß, ist John Sinclair das größte Hindernis der Hölle. Wenn man ihn in die Knie zwingen will, muß man sich die nötigen Trümpfe beschaffen, und die seid ihr. Der Geisterjäger und seine Freunde werden nichts tun, was euer Leben gefährdet. Dadurch werden wir leichtes Spiel mit ihnen haben. Es wird nicht schwierig sein, das gesamte Sinclair-Team, zu dem auch ihr gehört, auszurotten. Robinson Jaw wird dies mit Vergnügen höchstpersönlich tun.« Hoyt Simmons wedelte mit der Waffe und befahl seinen Männern: »Bringt sie auf das Knochenschiff!«
***
Zum zweitenmal war Shao gefesselt. Da, wo schon einmal die Stricke ins Fleisch geschnitten hatten, taten sie es nun wieder. Sheila Conolly saß neben der Chinesin. Ebenfalls gefesselt. Simmons’ Männer befanden sich mit den beiden Mädchen in einem schnellen Motorboot und rasten über die dunklen Fluten. Die Revolverkerle hatten den Mädchen klargemacht, daß sie sie erschießen würden, falls sie beim Abtransport um Hilfe schrien. Sowohl Sheila als auch Shao glaubten, was die Männer sagten. Sie versprachen, nicht zu schreien, damit sich die Verbrecher nicht doch noch entschlossen, sie zu knebeln.
Obwohl Shao Angst hatte, war sie neugierig und begierig, zu erfahren, wie es an Bord dieses Geisterschiffes aussah.
Sheila erging es ähnlich.
Verrückt.
Gespannt schauten die beiden Frauen in die Finsternis. Sie versuchten sich den Kurs zu merken. Vielleicht war das noch einmal wichtig.
Plötzlich gab es Sheila einen Stich. Sie hatte das Geisterschiff entdeckt. Groß und schwer lag es auf dem Wasser. Es hatte etwas Majestätisches an sich. Die vielen Segel schimmerten wie geblähte Leichentücher im fahlen Licht des Mondes. Leer und sogar von den Ratten verlassen sah das
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