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0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

Titel: 0183 - Der Mann, der das Grauen erbte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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verrückt geworden, dieses Kind mitzunehmen?« fragte Nicole.
    Zamorra runzelte die Stim. »Im Gegenteil. Und Steven ist auch kein Kind -er ist vierunddreißig, und…«
    »Und immer noch nicht ganz erwachsen«, beendete Nicole den Satz. »Ich halte es für Wahnsinn, ihn mitzunehmen. Er kann uns alle in Gefahr bringen.«
    »Ich glaube, du mißverstehst die Lage«, sagte Zamorra geduldig. »Wenn wir ihn nicht mitnehmen, ihm noch nicht einmal eine Chance geben, uns zu begleiten und sein großes Abenteuer zu erleben, dann wird er reden. Er weiß alles, Nicole - jedenfalls das Wichtigste. Und er wird kaum den Mund halten, nur weil wir ihn nett darum bitten. Außerdem habe ich nicht vor, ihn wirklich mit hinunterzunehmen. Du hättest ihn heute beobachten sollen - er zitterte schon, als er den Stollen nur sah. Ich bin sicher, daß ich ihn unter irgend einem Vorwand zurückschicken kann - aber er hat dann wenigstens ein Alibi, um zu schweigen.«
    »Niemand würde ihm glauben«, sagte Bin.
    »Bist du sicher? Du vergißt, daß wir hier nicht in London oder New York sind - die Menschen hier glauben noch an die alten Legenden ihres Landes. Ich weiß nicht, ob sie ihm glauben würden, aber ich will das Risiko nicht eingehen, hier eine Panik zu erleben, oder mich einer Horde Neugieriger gegenüberzusehen, wenn ich dort hinausgehe.« Er lächelte flüchtig. »Sprechen wir morgen darüber.« Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, ging er an Bill vorbei und öffnete die Schlafzimmertür.
    Er sah die Bewegung aus dem Augenwinkel, aber seine Reaktion kam um ein Winziges zu spät. Irgend etwas schlug mit fürchterlicher Wucht gegen seinen Hinterkopf und ließ ihn zur Seite taumeln. In seinem Schädel schien ein greller Feuerball zu explodieren. Er brach in die Knie, stöhnte und kämpfte verzweifelt gegen die Wellen dunkler Bewußtlosigkeit an, die über ihm zusammenzuschlagen drohten. Wie durch einen dichten, treibenden Nebel nahm er Nicoles erschrockenen Ausruf wahr, sah undeutliche Gestalten, die miteinander rangen. Dann Bill’s Stimme, ein blitzschnell geführter Schlag; und die Gestalt, die benommen an ihm vorbeitaumelte und versuchte, das halb offenstehende Fenster zu erreichen.
    Bill setzte dem Mann nach. Es kam zu einem kurzen, wütenden Handgemenge, aber der Eindringling hatte Bills größerem Gewicht und seiner Erfahrung nichts Ernsthaftes entgegenzusetzen. Nach wenigen Augenblicken kniete er mit wutverzerrtem Gesicht auf dem Boden, während Bill seinen Arm im Polizeigriff festhielt.
    Zamorra richtete sich stöhnend auf. Die Schmerzen in seinem Kopf ebbten langsam ab, und auch der trübe Nebelschleier, der sich über sein Gesichtsfeld gelegt hatte, verblaßte allmählich.
    »Alles in Ordnung?« knurrte Bill, ohne den Mann aus den Augen zu lassen.
    Zamorra nickte. »Ich denke ja. Unser Freund hat einen netten Schlag.« Er lächelte Nicole, die mit besorgtem Gesichtsausdruck neben ihm stand und sein Gesicht musterte, beruhigend zu und wandte sich an den Mann. »Wer sind Sie?«
    »Ich sage kein Wort«, knurrte Bills Gefangener. »Von mir aus schlagen Sie mich tot, aber Sie erfahren nichts.«
    »Niemand will Ihnen etwas tun«, sagte Zamorra kopfschüttelnd. »Ich möchte nur wissen, wer Sie sind und was dieser Überfall zu bedeuten hat.«
    Auf der Treppe wurden Schritte laut, dann erschien Martens Junior unter der Tür, dicht gefolgt von seinem Vater. »Was ist passiert?« keuchte er. »Ich habe Lärm gehört.«
    Zamorra deutete mit einer Kopfbewegung auf den Mann. »Wir haben Besuch bekommen.«
    »Clavers!« ächzte Martens Senior. Sein Blick streifte durch den Raum, erfaßte das geöffnete Fenster, die feuchten Erdspuren auf dem Teppich, Zamorras blasse Gesichtsfarbe und den dünnen Blutfaden, der aus der Platzwunde an seinem Hinterkopf rann. »Hat er Sie angegriffen?«
    »Ja«, antwortete Zamorra. »Aber mir ist nichts passiert.«
    Martens trat mit grimmigem Gesicht an seinem Sohn vorbei ins Zimmer. »Was hast du hier zu suchen?« schnauzte er Clavers an. »Reicht es dir nicht, die Leute auf der Straße anzupöbeln? Brichst du neuerdings schon in anderer Leute Häuser ein?«
    Clavers musterte ihn finster, schwieg aber weiter.
    »Wer ist ihr Auftraggeber?« fragte Nicole.
    Die Frage kam so überraschend, daß Clavers automatisch zu einer Antwort ansetzte. Im letzten Moment stockte er und starrte mürrisch zu Boden. »Niemand«, sagte er undeutlich.
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete Zamorra. Er gab Bill einen Wink. »Laß

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