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0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

Titel: 0183 - Der Mann, der das Grauen erbte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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als sie das Grundstück verlassen hatten und in Richtung Stadtzentrum gingen. »Es wäre mir peinlich, wenn…«
    Nicole lächelte verstehend. Manchmal kam ihr dieser große, selbstbewußte Mann wie ein kleines Kind vor. Ein Kind, das verlegen und rot wurde, wenn es etwas Gutes getan hatte und im Zentrum der Anerkennung stand. »Du änderst dich wohl nie«, seufzte sie. »Was hast du überhaupt getan?«
    »Nicht viel«, gab Zamorra zurück. »Eigentlich das, was ich den Hunters gesagt habe. Fast, jedenfalls. Ich habe ihr geholfen, zu vergessen. Armes kleines Ding - kein Wunder, daß sie fast wahnsinnig wurde.«
    »Was hat sie erlebt?«
    »Das, was ich befürchtet habe«, murmelte Zamorra. »Sie hat einen Shoggoten gesehen. Du erinnerst dich? Eines dieser Protoplasma-Ungeheuer, von denen Lovecraft berichtet.«
    »Aber das bedeutet, daß sie schon hier sind!« keuchte Nicole entsetzt.
    »Ja. Sie sind draußen, in dem Keller unter der Ruine. Ich habe es gespürt, heute nachmittag. Aber ich wollte sicher gehen.«
    »Und du - willst tatsächlich dort hinunter?«
    »Ich muß«, antwortete Zamorra bekümmert. »Ich muß es tun, wenn wir nicht riskieren wollen, daß sie eines Tages herauskommen.« Er blieb stehen. »Ich verstehe sowieso nicht, wieso sie immer noch dort hausen. Irgend etwas muß sie zurückhalten. Aber ich weiß nicht, was.«
    »Diese Shoggoten«, fragte Nicole, »wie sehen sie aus?«
    Zamorra hob die Schultern. »Der, den Mary-Lynn gesehen hat, war menschenähnlich. Grob menschenähnlich. Aber das besagt nichts. Sie können ihre Form fast willkürlich ändern.«
    Hinter ihnen hupte ein Wagen. Zamorra drehte sich um und erblickte den Bentley, der mit Martens hinter dem Steuer langsam an den Straßenrand rollte.
    »Habt ihr alles bekommen?« fragte er, als der Wagen gehalten hatte.
    »Ja. Bis auf die Steighaken, aber ich glaube, es wird auch so gehen«, antwortete Bill vom Beifahrersitz aus. »Wollen wir gleich hinausfahren?«
    Zamorra ließ sich auf den Rücksitz des Wagens sinken und schloß die Augen. »Nein«, sagte er erschöpft. »Heute nicht mehr. Fahren Sie uns zurück, Steven.«
    Martens nickte eifrig und fuhr los. Man sah ihm deutlich an, wieviel Freude es ihm bereitete, den teuren Wagen wenigstens ein Stück weit fahren zu können. »Haben Sie etwas erreicht?« fragte er.
    »Bei den Hunters?« Zamorra schüttelte den Kopf. »Nein. Sie hatten Recht. Der alte Hunter hat uns gar nicht erst hereingelassen.« Er fühlte, wie eine Welle der Erschöpfung über ihm zusammenschlug. Der geistige Kampf hatte ihn mehr erschöpft, als er anfangs geglaubt hatte. Wie durch einen Schleier hörte er, wie Martens noch irgend etwas fragte. Aber er kam nicht mehr dazu, zu antworten. In Nicoles Armen schlief er ein.
    ***
    Neumond, dachte Zamorra. Eigentlich die ideale Nacht für die Monster, falls sie wirklich etwas unternehmen wollen. Aber wahrscheinlich scheren die sich recht wenig darum, ob Voll-, Neu- oder überhaupt ein Mond war, dergleichen Attribute gehörten wohl wirklich ins Reich der Fantasie. Und er war auch fast sicher, daß die Bestien in dieser Nacht nichts unternehmen würden. Weder in dieser noch in einer der nächsten Nächte. Irgend etwas hinderte sie noch daran, aus ihrem unterirdischen Suhl hervorzubrechen und ihre Schreckensherrschaft zu errichten.
    Er atmete die kalte, würzige Nachtluft ein und ging ein paar Schritte. Er war allein. Bill und Nicole waren im Haus zurückgeblieben, nachdem er ihnen in groben Zügen seinen Plan erklärt und die letzten Vorbereitungen für den kommenden Tag getroffen hatte. Er hatte einen Großteil des Nachmittags verschlafen. Er hatte die Pause gebraucht, aber jetzt fühlte er sich wieder im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Und er würde sie morgen brauchen. Er wußte, daß er die Ungeheuer dort draußen kaum mit Waffengwalt angreifen konnte. Das waren keine Lebewesen, wie sie die Natur hervorbringt. Es war künstliches Leben, geschaffen von einer Rasse, die den Menschen an Wissen so weit voraus waren wie diese den Affen. Sie waren geschaffen worden, um schwerste körperliche Arbeiten zu verrichten, ungeheure Strapazen zu ertragen, und Zamorra konnte sich kaum eine menschliche Waffe vorstellen, die ihnen ernstlich schaden konnte.
    Nein - wenn er den Kampf überhaupt aufnehmen wollte, dann mußte er dies mit geistigen Waffen tun.
    Er tastete gedankenverloren nach dem Amulett unter seinem Hemd. Das Metall fühlte sich kühl und glatt und gut in seiner Hand an,

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