0186 - Die Blutorgel
ich hatte plötzlich das Gefühl, daß dieser kleine Ort Pine Bluff gar nicht so harmlos war, wie er sich den Anschein gab.
Besonders die Bewohner schienen es faustdick hinter den Ohren zu haben, was mir die Flucht des angeblich Verletzten bewies. Für mich war es wirklich ein Rätsel, wie der Mann so schnell hatte davonrennen können.
Darüber dachte ich nicht mehr weiter nach, sondern sprang nach unten, wo ich auf weichem Boden landete.
Wie lange Schleier trieben Nebelfetzen über den Friedhof. Es war still geworden. Und die unheimliche Atmosphäre nahm auch mich gefangen.
Da sah ich weiße, hohe Grabsteine, Hecken, Büsche und entfernt einige Bäume, die nur als Schatten zu erkennen waren. Ein Vogel strich über meinen Kopf hinweg. Der Flügelschlag ließ mich zusammenzucken.
Wo steckte der Kerl?
Ich bewegte mich geduckt voran und lockerte die Beretta in meiner Gürtelhalfter.
Unter meinen Sohlen knirschte der Kies. Auch kleinere Steine zertrat ich, als ich auf einem Weg herschritt, der mich direkt zu dem Gräberfeld hinführte.
Der Nebel schien zu tanzen. Er drehte sich um die Grabsteine, verzerrte die Perspektive, und man konnte das Gefühl bekommen, daß die Grabsteine lebten.
Von dem »Verletzten« sah ich keine Spur. Es gab auch genügend Verstecke auf diesem Dorffriedhof. Er konnte überall lauern, hinter einem Grabstein, einem Busch oder einem Baum.
Ich wischte über meine Augen. Dieses Hineinstarren in die Nebelwand strengte ziemlich an. Man sah schon überall Gespenster und war kaum in der Lage, echte von nicht existierenden Gestalten zu unterscheiden.
An Aufgabe dachte ich jedoch nicht, auch wenn es mir schwerfallen sollte, meinen Gegner zu finden.
Ich trug meine kleine Bleistiftlampe bei mir, holte sie aus der Tasche und leuchtete. Viel brachte das nicht, aber ich wollte sehen, ob der Verfolger Fußspuren hinterlassen hatte.
Der Strahl strich über den Boden. Da waren Spuren, aber nicht nur von einer Person, sondern von mehreren.
So etwas erleichterte meine Aufgabe nun nicht, trotzdem folgte ich den Spurenansammlungen und verließ dabei den Weg, um auf dem Gräberfeld weiterzugehen.
Hier sah ich sie wieder.
Neben einem Grabstein aus Marmor blieb ich stehen. Ich selbst mußte wie eine Spukgestalt wirken, denn die Nebelschleier umwehten auch mich.
Zufällig schaute ich mir das vor mir liegende Grab genauer an. Ich war überrascht, denn die Erde auf dem Grab war aufgeworfen, als hätte sich jemand aus dem Innern her hoch gewühlt.
Ein schrecklicher Verdacht entstand. Sollten auf diesem Friedhof die Toten auferstanden sein?
Nicht zum erstenmal wäre mir so etwas passiert. Schon öfter hatte ich gegen lebende Leichen gekämpft, die durch einen finsteren Voodoo-Zauber zum Leben erweckt worden waren. Sollte das hier auch der Fall sein?
Wenn ja, dann waren Suko und ich wirklich vom Regen in die Traufe geraten, und zudem noch Manuela, um die ich mich am meisten sorgte.
Ich mußte mir die anderen Gräber anschauen. Daran ging kein Weg vorbei. Sahen sie ebenfalls so aus wie dieses eine hier?
Das nächste Grab war zu. Blumen welkten in einer alten Vase. Um das Grab herum lief eine knöchelhohe Hecke. Dann stieß ich mir das Schienbein an.
Es war ein Sarg!
Und er stand neben einem Grab.
Durch die Nase holte ich Luft. Der Sarg war sehr schmutzig, das sah ich, als ich mich vorbeugte. Erdkrumen lagen auf dem Deckel. In einigen Lehmklumpen ringelten sogar hell schimmernde Würmer.
Ich beugte mich vor und war überrascht, denn der Deckel lag nur lose auf. Zudem war die Erde aufgewühlt worden. Sie lag links neben dem Grab und türmte sich dort zu einem lehmigen Hügel.
Jemand hatte den Sarg aus der Erde geholt.
Warum?
Ich schaute mich vorsichtig um, sah allerdings keinen, der mich beobachtete. Wenn ja, dann hielten sich meine Gegner oder Feinde im Hintergrund verborgen.
Ich bückte mich, faßte den Sargdeckel mit einer Hand an und hob ihn behutsam in die Höhe.
Ich rechnete damit, einen Zombie vorzufinden und war um so überraschter, als ich die braune Totenkiste leer vorfand. Einer Eingebung folgend, kippte ich den Sargdeckel zur Seite, und er verschwand im offenen Grab.
War der Sarg wirklich leer?
Ich wollte es genau wissen, bückte mich und leuchtete mit der kleinen Lampe hinein.
Nein, er war nicht leer.
Am Kopf-oder Fußende lag etwas. Genau konnte ich es nicht erkennen, denn der Gegenstand wirkte irgendwie unförmig und erinnerte entfernt an ein Kopfkissen.
Ich ging einen Schritt
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