0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn
Meine eigenen Abdrücke waren zum Glück gar nicht vorhanden, und die des Sheriffs ließen sich leicht heraussuchen, da sie ja auf einem zweiten Blatt gesondert zum Vergleich bereitlagen.
Alle übrigen Prints mußten nun von den drei verdächtigen Männern stammen. Ich ließ sie über Bildfunk nach Washington an die zentrale Fingerabdruckkartei des FBI funken, während ich selbst am Fernschreiber saß und den erforderlichen Begleittext tippte. Am Schluß des Fernschreibens erwähnte ich, daß wir unter Decknamen im gleichen Hotel Wohnung genommen hatten. Man solle mich telefonisch im Hotel vom Ergebnis der Auswertung der Fingerabdrücke verständigen. Nachdem ich die Empfangsbestätigung der Funkbilder abgewartet hatte, setzte ich mich in meinen Jaguar und fuhr zurück.
Manchmal warnt mich eine Art Instinkt vor einer drohenden Gefahr. Diesmal warnte mich leider gar nichts. So tappte ich ahnungslos in die für mich aufgebaute Falle…
***
»Augenblick, Jungens«, sagte Gosser. »Ihr könnt ja eine Partie ohne mich spielen. Ich muß mal raus.« Er schob sich hinter dem runden Tisch hervor. Chackson rief ihm nach:
»Du kannst dir ruhig bei der Gelegenheit noch ein bißchen Kleingeld runterholen. Dein Vorrat ist nicht mehr groß! Wenn du noch zweimal verlierst, hast du nichts mehr.«
Gosser warf einen Blick auf das arg zusammengeschmolzene Häufchen seiner Barschaft, nickte und erwiderte: »Ja, das ist ein guter Gedanke. Ich bin gleich wieder da.«
Er ging in den Flur und wandte sich statt nach links, wo die Toiletten lagen, nach rechts, wo man zum Hofausgang des Hotels kam. Er schob leise die Hoftür auf und huschte hinaus. Mit ein paar weiten Schritten überquerte er den Hof und zog das breite Tor einen Spalt auf, gerade weit genug, daß er hindurchschlüpfen konnte.
Vorn auf der Straße heulte der Motor eines Autos auf. Gosser drückte sich eng an die Hauswand und blieb stehen. Aus einer Seitengasse heraus sah er einen roten Jaguar auf der Hauptstraße vorbeifahren.
Ein Vertreter, der sich einen Jaguar leisten kann, dachte Gösser. Das müßte ja eine Verkaufskanone sein. In dem Fall würde er sich nicht einen ganzen Tag in diesem Drecknest aufhalten und mit uns pokern. Dieser Jails hat es faustdick hinter den Ohren. Er denkt vielleicht, er kann mich anschmieren. Da hat er sich aber geirrt. Mich nicht!
Er lief schnell nach vorn zur Straßenecke und blickte die Hauptstraße hinunter. Der Jaguar stand vor dem Häuschen, in dem die Post war.
Gosser sah sich suchend um. Er trat hinter den breiten Stamm einer Linde, zündete sich eine Zigarette an und wartete.
Nach kurzer Zeit schon sah er den Jaguarfahrer aus dem Postamt kommen.
Ich gäb’ was drum, wenn ich wüßte, was in dem Päckchen ist, dachte Gosser und warf seine gerade erst angerauchte Zigarette wieder weg. Ohne sich hinter seinem Baumstamm hervorzuwagen, wartete er, bis der Jaguar am Dorfausgang in der scharfen Kurve verschwunden war.
Jetzt machte sich Gosser auf den Weg. Er betrat das kleine Postamt und stellte sich an den einzigen Schalter, den es gab. Vier Stunden lang versah hier täglich eine junge Farmersfrau den Postdienst, was ihr zu einer willkommenen Nebeneinnahme verhalf.
»Tag, Mrs. Blick«, sagte Gosser und lehnte sich mit den Ellenbogen auf das Schalterbrett. »Na, was macht das Geschäft?«
Die junge Frau lachte. »Guten Tag, Mr. Gosser! Wenn es mein Geschäft wäre, würde ich sagen: Es blüht und gedeiht. Bei uns im Dorf sind die jungen Leute auf einmal Briefmarkensammler geworden, seit in der Zeitung der Artikel über das Sammeln von Marken stand. Ich kann mich nicht erinnern, daß ich in einer Woche schon so viele Sondermarken verkauft hätte, wie in dieser. Leider hängt mein Gehalt nicht vom Umsatz ab.«
»Das ist bedauerlich«, grinste Gosser.
»Sie sollten sich im Kongreß wirklich mal den Kopf darüber zerbrechen, ob man die Gehälter nicht mit Umsatzbeteiligung koppeln sollte. Wie fänden Sie das?«
»Ich fände es großartig«, meinte die junge Farmersfrau. »Wollen Sie nicht einen entsprechenden Antrag im Parlament einbringen?«
Gosser nickte würdevoll.
»Ich werde es mir auf jeden Fall durch den Kopf gehen lassen. Am Sonntag frühstücke ich immer beim Schatzminister. Ich werde die Frage anschneiden.«
Sie lachten. Gosser scherzte noch ein paar Minuten mit der jungen Frau, dann sagte er wie nebenbei: »Übrigens, bei uns im Hotel haben wir Zuwachs bekommen. Zwei nette Burschen. Jails und Greene heißen sie. Wir
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