0188 - Horrortrip zur Schönheitsfarm
Schriftstellern frequentiert. Es war teuer geworden, hier zu wohnen. Wer von den Künstlern in Clichy lebte, war längst etabliert.
Man hatte Parks geschaffen. Einige wurden von den Spaziergängern besucht, besonders weil es im Park noch ein kleines Restaurant gab, auf dessen Terrasse man die Strahlen der Herbstsonne genießen konnte.
Früher hatte es fast nur die Alten nach Clichy gezogen, aber heute waren es die jüngeren Menschen, die der Hektik und dem Stress der nahen Großstadt entfliehen wollten. Und in einem der Parks lag auch die Schönheitsfarm.
HAPPY HEALTHY BEAUTYFARM. Das Schild war überhaupt nicht zu übersehen. Wem die Farm gehörte, wusste niemand. Ein englischer Kosmetik Konzern sollte sich dahinter verbergen, allerdings wussten selbst der Bürgermeister und seine Stadtverordneten nicht, wer dieses Gebäude gekauft hatte.
Das Geschäft hatten die Besitzer über Makler und Anwälte ablaufen lassen. Nach dem Kauf des alten Hauses waren die Handwerker gekommen und hatten umgebaut. Es wurde renoviert, modernisiert und abgerissen. Die Grundmauern allerdings hatte man stehenlassen, so dass der Eindruck des Alten erhalten blieb.
Auch das Dach war unverändert geblieben, und der französische Staat hatte sogar noch dafür Geld gegeben, denn das Haus stand unter Denkmalschutz. Es lag eingebettet in einen wunderschönen Park mit altem Baumbestand. Die Ulmen, Eichen und Platanen breiteten ihre starken Äste über Spazierwege aus, die von einem Gärtner laubfrei gehalten wurden.
Der Rasen war kurz geschnitten und wirkte wie ein flaches grünes Meer. Bänke standen überall verteilt, im Sommer mit kleinen Tischen, wo das Personal servierte. Wer sich auf der Schönheitsfarm liften lassen oder abspecken wollte, musste zahlen.
Nur sehr begüterte Menschen konnten sich einen Aufenthalt leisten, und es waren in der Tat Millionäre, deren schwere Wagen über den geteerten Hauptweg anrollten. Mercedes, Bentley, Rolls Royce, das waren Automarken, die zum Bild der Klinik gehörten.
Es ging das Gerücht um, dass die Spezialisten und Ärzte aus einer 70 lährigen eine 50 jährige zaubern konnten. Filmstars, die ähnliche Kliniken besucht hatten, waren der Beweis dafür.
Chef der Klinik, die erst seit ungefähr zehn Monaten bestand, war ein Engländer. Er hieß Francis Drusian, und auf sein Kommando hörte alles. Er ließ keinen neben sich gelten und kümmerte sich um alles. Ein schweigsamer, verschlossener Mensch, dessen Blick zumeist stechend und nie freundlich war.
Er ging immer ein wenig gekrümmt und hatte die Hände in den Taschen seines blütenweißen Kittels begraben.
Aus London kam er und hatte dort bei dem Kosmetik Konzern gearbeitet, dem auch die Klinik hier gehörte.
Er war der Herrscher, hatte fast immer schlechte Laune oder saß grübelnd in seinem Büro. Niemand konnte ihn durchschauen, manche hielten ihn für einen Teufel, denn unter seinen Händen veränderten sich die Menschen.
Francis Drusian nannte sich selbst genial. An Komplexen litt er wirklich nicht, aber es kümmerte ihn nicht, wie andere darüber dachten. Er war der Meister, er war der Herr, und ihm musste man gehorchen.
Das taten auch die Patienten. Widerspruchslos befolgten sie seine Anordnungen. Der Chefarzt konnte von ihnen verlangen, was er wollte, sie taten es. Er lächelte innerlich, wenn er seine Patienten besuchte.
Sie waren wie Wachs in seinen Händen. Wachs, das sich formen ließ. Und er würde sie formen, das hatte er sich fest vorgenommen. Heute, morgen, immer…
***
Jemand hielt mir etwas unter die Nase, wobei ich das Gefühl hatte, zu explodieren. Stattdessen riss ich den Mund auf, hörte mich selbst schreien.
»Endlich kommt er zu sich«, vernahm ich eine Männerstimme, die wie durch Watte an meine Ohren drang. Ich öffnete die Augen. Soeben noch sah ich die Hand mit dem Riechfläschchen, wie sie aus meinem Blickfeld verschwand. Dann schob sich ein Kopf in mein Gesichtsfeld, der mir nicht unbekannt war.
Graue Haare, scharf blickende Augen, etwas hagere Wangen. So sah der Mann aus, der uns am Flughafen verhört hatte. Paul Meurisse. Was er eigentlich war und tat, das wusste ich noch immer nicht. Bisher hatte er uns noch nicht aufgeklärt, welchen Posten bei welchem Geheimdienst er bekleidete.
Im Prinzip war es egal, ich hoffte nur, dass ich mit ihm gut zusammenarbeiten konnte.
»Wieder da?« fragte er.
»Kaum.«
»Können Sie aufstehen?«
»Mal sehen.«
Viel besser als beim ersten Erwachen ging es mir jetzt
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