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0191 - Fenris, der Götterwolf

0191 - Fenris, der Götterwolf

Titel: 0191 - Fenris, der Götterwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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als sie es anzünden wollte. Beim zweiten mußte Clarissa dreimal reiben, weil die rauhe Fläche feucht geworden war.
    Es zischte, und das Zündholz flackerte auf. Der Schein glitt für einen kurzen Moment über ein bleiches Gesicht mit großen, dunklen Augen. Auch das lange Haar zeigte noch keine grauen Strähnen. Die Nase war gerade, der schöne Mund von einem natürlichen Rot.
    Die Äbtissin hielt die Flamme an den Docht der Kerze. Er brannte ruhig und hellte das Zimmer so weit auf, daß sogar Einzelheiten zu erkennen waren.
    Im rechten Winkel zum Kopfende des Bettes stand ein Schrank. In ihm bewahrte Clarissa all die Dinge auf, die für sie persönlich wichtig waren. Vor allen Dingen ihre Ordenstracht, dann die Gebetbücher und den Rosenkranz.
    Dem Schrank gegenüber und in der anderen Seite des Zimmers stand das einfache Holzregal mit den Büchern. Die Äbtissin interessierte sich sehr für Kirchengeschichte. Dementsprechend lauteten die Titel der Folianten.
    Ein Tisch und ein Stuhl waren ebenfalls vorhanden. Über dem Kopfende des Bettes hing ein Holzkreuz aus Eiche. Es wurde vom Schein der Kerze umschmeichelt, und Clarissa hob den Blick, um das Kreuz anzuschauen. Immer wenn sie es sah, gab ihr der Anblick die Kraft und den Mut, den sie benötigte.
    Auch jetzt faltete sie die Hände zum Gebet und wünschte sich die Kraft, die nötig war, um die nahe Zukunft zu überstehen.
    Danach zog sie sich um. Die Ordenstracht war dunkel. Sie wählte ihr bestes Gewand, zog die einfachen Holzsandalen an und nahm auch den Rosenkranz mit, dessen Perlen gelblich schimmerten. Ein letzter Blick noch traf das Kreuz, dann blies Clarissa die Kerzenflamme aus und näherte sich im Dunkeln der Tür.
    Sie war nicht abgeschlossen. Als die Äbtissin öffnete, schaute sie in einen Gang, der vom Schein dicker Kerzen beleuchtet wurde. Die Kerzen steckten auf schmiedeeisernen Ständern, diese wiederum standen in kleinen Nischen, in denen auch Heiligenbilder hingen.
    Der Gang war leer.
    Langsam schritt Clarissa ihn entlang. Zu beiden Seiten lagen die Kammern der Nonnen. Da die Nonnen sehr früh zu Bett gingen, dafür jedoch auch sehr zeitig aufstanden, oft noch vor Aufgang der Sonne, war es in den Zimmern der Nonnen ruhig. Die Frauen schliefen noch. Das jedoch würde sich bald ändern, wenn erst einmal der Gong durch das Haus dröhnte.
    Clarissas Ziel war die Bibliothek. Dort versammelten sich die Nonnen immer, wenn es etwas zu besprechen gab. Sie lag dicht vor der kleinen Kapelle, in der die täglichen Gebete abgehalten wurden.
    Clarissa öffnete die große, zweiflügelige Tür und betrat die Bibliothek. In bis zur Decke reichenden Regalen stand Buch neben Buch.
    In der Mitte des Raumes befand sich ein großer Tisch. Er wies eine rechteckige Form auf, und vor ihm standen elf Stühle.
    Fünf jeweils an den beiden längeren Seiten und einer an der Stirnseite des Tisches.
    Auch in diesem Raum brannten dicke Wachskerzen, die einen angenehmen, nach Honig riechenden Duft verbreiteten.
    Die Fenster in diesem Raum waren größer. Sie bestanden ebenfalls aus dickem Bleiglas, das das Sonnenlicht filterte, so daß es innerhalb der Bibliothek immer düster und geheimnisvoll wirkte.
    Das Wecken geschah auf altherkömmliche Art und Weise. Durch einen Gongschlag.
    Der Gong stand ebenfalls in der Bibliothek. Als die Äbtissin ihn anschlug, hörte es sich an, als würde das Geläut von Kirchenglocken durch Raum und Gang schwingen.
    Jede Nonne mußte es hören.
    Damit die Äbtissin auch sichergehen konnte, schlug sie noch einmal dagegen. Danach wartete sie auf die Nonnen. Einige Minuten würde es schon dauern, denn die Frauen mußten sich erst anziehen.
    Dann kamen sie.
    Fast alle Altersgruppen waren vertreten. Schwester Ursula hatte die Siebzig bereits erreicht. Sie kam auch als erste. In ihrem faltenreichen Gesicht leuchteten die Augen im flackernden Kerzenschein.
    Schmerz zeichnete sich auf ihren Zügen ab.
    Wie auch die anderen ahnte sie, daß der Zeitpunkt jetzt erreicht war, von dem Clarissa, die Äbtissin, immer gesprochen hatte. Die Hölle forderte nun Tribut.
    Auch die anderen neun Nonnen erreichten das Zimmer. Bis auf die Äbtissin trugen sie ihre Tracht. Weiße Hauben zu den schwarzen Gewändern.
    Sie bauten sich im Halbkreis um die Äbtissin auf und schauten sie an.
    Clarissa mußte sich erst räuspern, bevor sie sprechen konnte.
    Dann sagte sie mit noch immer rauher Stimme. »Die Hochwürdige Äbtissin Barbara ist gestorben!«
    Sie ließ die Worte

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