0193 - Duell der Magier
Uschi gefragt. Monica schüttelte nur den Kopf. »Ich wette, daß Nicole mindestens eine Stunde braucht, um das passende Kleid für heute abend in ihren Koffern zu finden. Ich habe aber jetzt Hunger.«
Sie zogen also los. Mit der Gartenschau würde es am diesem Abend wohl mit Sicherheit nichts mehr werden, aber in Kassel gab es bestimmt auch noch andere Möglichkeiten, sich zu unterhalten.
Erneut fiel Monica die Schweigsamkeit ihrer Schwester auf. »Was hast du?« fragte sie. »Den ganzen Abend schon kommst du mir so seltsam vor.«
Uschi zuckte die Schultern.
»Ich fühle irgendein Unheil«, sagte sie. »Du nicht?«
Monica schüttelte den Kopf.
Uschi sah wieder zum Himmel. Es wurde rasch dunkel; schneller als für die Jahreszeit üblich. Die Gewitterwolken zogen heran.
Monica folgte dem Blick ihrer Zwillingsschwester.
Jäh erstarrte sie.
Die vorderste Wolke, die am schnellsten auf die Stadt zu trieb, verformte sich. Es war, als strecke eine riesige Dämonenhand ihre Finger nach der Stadt und den Menschen darin aus.
Die langen, krallenbewehrten Finger ballten sich wieder zur Faust.
Und dann zuckte ein Blitz aus der schwarzen Dämonenfaust hervor, fuhr irgendwo in den westlichen Randbezirken Kassels nieder. Ein Donnerschlag hallte auf.
Monica Peters schrie. Sie sah, wie der Blitz ein paar Kilometer entfernt einschlug, aber es war kein normaler Blitz, der sich vielfach verästelt und hin und her zuckt. Das Bild brannte sich förmlich in ihre Netzhaut.
Der Blitz fuhr wie ein Strahl fast gradlinig nieder.
Monica preßte die Hände gegen die Schläfen. Uschi stöhnte leise auf. Die beiden Telepathinnen spürten die unmittelbare Nähe eines unsagbar bösartigen Bewußtseins. Gedanken, die töten konnten, strahlten aus diesem Wesen hervor.
»Es… es ist gekommen!« keuchte Uschi entsetzt. »Es ist da!«
***
Ein paar Minuten vorher hatte Rolf Michael seine Wohnung erreicht. Den Mercedes ließ er an der Straße stehen. Er hätte ihn in die Tiefgarage fahren können, aber es war noch nicht entschieden, ob er den Abend daheim verbringen würde oder nicht, und es war immer ein Abenteuer besonderer Art, den breiten Wagen in die schmale Garage zu rangieren.
Auf den Lift verzichtete er, weil er im ersten Stock wohnte, schloß die Tür auf und trat ein. Zwei Vögel und ein Hamster begrüßten ihn rumorend. Ächzend wankte er zum Kühlschrank, köpfte eine Flasche Bier und gurgelte mit dem ersten Schluck. Dann ließ er sich in einen Sessel fallen und machte die Beine lang. Seinem Gefühl nach war er der einzige Beamte der Stadtverwaltung, der im Dienst auch tatsächlich arbeitete, und wahrscheinlich hatte man ihn deshalb zur BuGa abkommandiert.
Er nahm noch einen Schluck und setzte die Flasche auf der Tischplatte ab. Draußen wurde es schnell dunkler; das Gewitter kam heran.
»Der Teufel soll die BuGa holen«, murmelte er.
In diesem Moment schlug ein paar Häuser weiter der Blitz ein.
***
Es war geschehen.
Schnell wie ihre bösen Gedanken rasten zwei Wesenheiten durch den Äther. Ihre Seelen waren wieder freigesetzt, das Ziel erreicht. Der Stein war gefunden, und in diesem Moment sprach jemand das Wort wieder aus -es war das siebentausendsiebenhundertsiebenundsiebzigste Mal, daß es gesprochen wurde.
Der Bann zerbrach.
Ein jahrtausende alter Fluch fand seine Erfüllung, und zwei Seelen gingen auf Wanderschaft - eine der Herr, die andere der Diener, welcher seinem Herrn hörig war und einst sogar für ihn starb.
Die letzte Fessel war gerissen. Die Freiheit hatte sich schon angekündigt, als der funkelnde Stein, der Diamant, von einem Menschen aufgehoben wurde. Und nun war sie da.
Diç beiden konnten sich wieder manifestieren, um ihrem bösen, finsteren Treiben im Dienste des Dämons Pluton erneut nachzugehen, wie vor Jahrtausenden schon. Nur würde es jetzt an einem anderen Ort sein.
Die Erfüllung des Bannfluches band sie an den Diamanten des Dolches, der Diener und Herrn getötet hatte. Sie mußten dorthin folgen, wo sich der funkelnde Edelstein befand.
Und sie taten es.
Sie reisten durch die Lüfte, durch Sphären, die sich dem menschlichen Begriffsvermögen entziehen, und fanden das andere Land in der anderen Zeit. Wieviel Zeit vergangen war, wußten sie nicht. Es mochten Jahrhunderte sein, Jahrtausende oder Jahrmillionen. Es war unwichtig.
Das zweite Leben begann für Goono und seinen Herrn Buuga-Buuga.
Und wie ein Blitz schlugen sie in der Welt ein.
***
Roger Stanton starrte die Scherben an.
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