0195 - Die Modegangster von New York
kannte und nach dem Prinzip verfuhr, dass man einem bösen Hund ein Stück Brot mehr und einem G-man den besten Platz gibt, kümmerte sich höchstpersönlich um uns.
Er verstieg sich sogar zu dem Angebot, die ersten beiden Drinks seien on the house. Trotzdem waren wir bescheiden und begnügten uns mit Martinis.
Auf dem Tanzparkett in der Mitte schmissen vorbildlich dressierte Girls ihre Beine, die Kapelle in grünen Fräcken tat ihr Bestes und das Publikum amüsierte sich königlich.
Als die Nummer vorüber war und die Beleuchtung wieder anging, sahen wir uns die zahlreichen Gäste an. Es war das übliche Publikum: ältere Herren mit ihren jungen Freundinnen, gesetzte Damen mit smarten Kavalieren. Und dazu ein paar solide Ehepaare, die sich den Rummel einmal ansehen wollten.
»Sieh mal vorsichtig nach links hinüber und halte dich fest, damit du nicht vom Stuhl kippst«, flüsterte Phil.
Ich tat, wie geheißen. Da saß doch wirklich der vornehme Mr. Duringer, und er war nicht allein. Bei ihm hatte eine junge Dame Platz genommen, deren Haarfarbe mir sofort in die Augen stach. Sie war kastanienbraun, und hatte, so weit ich das im Profil ausmachen konnte, einen bräunlichen Teint.
Sie trug eine sehr große unkleidsame und trotz des Abends dunkle Brille. Entweder sie litt an einer Augenkrankheit, oder sie wollte nicht erkannt sein.
Das Mädchen kam mir verdammt bekannt vor. Ich war nicht sicher, aber jedenfalls hatte sie eine starke Ähnlichkeit mit derjenigen, von der Mrs. Pardo behauptet hatte, es sei ihre verloren gegangene beste Kraft: Blanche Santou.
Jetzt hatte Duringer uns erspäht, und anstatt, wie ich vorausgesetzt hatte, zu tun, als ob wir Luft seien, nickte er herüber. Er raunte seiner Begleiterin etwas zu, und diese drehte sich kurz nach uns um, so kurz allerdings, dass ich ihr Gesicht nicht genau erkennen konnte. Besonders da die Beleuchtung der nächsten Show wegen gedämpft wurde.
Wir hatten inzwischen unsere Drinks gekippt, und bevor ich neue bestellen konnte, kam der Kellner und brachte uns nochmals das Gleiche. Er sah unsere überraschten Blicke und lächelte diskret.
»Von dem Herrn am vierten Tisch links.«
Das war Duringer, und wenn wir jetzt noch Zweifel gehabt hätten, so verschwanden diese, als er uns mit erhobenem Glas zutrank.
»Ich möchte wissen, was das zu bedeuten hat«, sagte ich. »Der Modekönig muss ja schließlich darüber orientiert sein, dass man G-men nicht mit ein paar Martinis kaufen kann.«
»Meiner Ansicht nach will er lediglich unsere Bekanntschaft kultivieren«, sagte Phil lächelnd. »Man weiß niemals, ob man nicht in die Verlegenheit kommt, einen G-man als Rückendeckung zu benötigen.«
Es war elf Uhr fünfzehn, und so hatten wir noch eine knappe Stunde Zeit.
»Jetzt laust mich der Affe«, stöhnte Phil plötzlich.
Als ich seinem Blick folgte, sah ich zu meiner Überraschung Mrs. Pardo, die Chefin des Modehauses deValera, die zusammen mit einer anderen Dame und zwei Herren gerade hereingekommen war und offensichtlich nach einem guten Platz suchte.
Duringer konnte die kleine Gesellschaft nicht sehen. Er drehte ihnen den Rücken, wenn Mrs. Pardo aber in derselben Richtung weiterging, so musste sie auf ihn stoßen, und wir waren beide gespannt darauf, wie diese Begegnung ausfallen werde.
Jetzt war es so weit.
Sie hatte den Tisch erreicht und musste ihren Konkurrenten erkannt haben. Sie blieb abrupt stehen, starrte auf ihn und seine Begleiterin, die beide immer noch nichts gemerkt hatten.
Zwei schnelle Schritte und ein Griff. Dann hielt sie die Brille, die sie dem Mädchen abgerissen hatte, in der Hand.
Das Girl stieß einen Schrei aus. Duringer sprang auf, und zwei Ober kamen, gefolgt von dem Geschäftsführer, im Eilschritt herbei.
Mrs. Pardo stand einen Augenblick wie angewurzelt. Ihre Miene drückte Wut, Enttäuschung und Verlegenheit aus. Sie schleuderte die Brille zurück auf den Tisch, wobei sie ein Glas umwarf, drehte sich auf dem Absatz herum und verließ, gefolgt von den anderen, den Gloria Palast.
Die Köpfe der Umsitzenden waren herumgefahren, ein Kellner wischte das verschüttete Getränk auf, und der Geschäftsführer erging sich augenscheinlich in langatmige Entschuldigungen.
Mr. Duringer winkte lächelnd ab. Er sprach noch ein paar Worte mit dem Mann, der sich in Richtung auf uns in Bewegung setzte.
»Mr. Duringer lässt Sie höflichst bitten, an seinem Tisch Platz zu nehmen«, erklärte er.
»Danke.«
Phil und ich sahen uns an, und
Weitere Kostenlose Bücher