0195 - Eine schaurige Warnung
Gerippe hängen und jeden warnen, sich mir zu nähern. Ihr seid die ersten.«
Er schüttelte sich vor Lachen und griff mit beiden Händen in die grünblaue Brühe. Ihm tat diese Flüssigkeit nichts. Er war dagegen gefeit, denn er stand unter dem Schutz des großen Mandragoro.
Die Finger faßten unter die knöchernen Schultern des Skeletts und hievten es hoch. An den blanken Knochen rann die sirupartige Flüssigkeit herab, tropfte zu Boden und bildete dort kleine Lachen.
Ein Käfer krabbelte, neugierig geworden, herbei, geriet in die Lache und spielte verrückt.
Er drehte und wand sich, etwas dampfte auf, ein leises Zischen, dann war der Käfer verschwunden. Nichts blieb mehr zurück.
Der Bluthund hielt sich in einer bestimmten Entfernung. Er wußte Bescheid. Mit dem sicheren Instinkt spürte er, daß er dieser Brühe nicht zu nahe kommen durfte.
Jetzt hatte Abrakim es endlich geschafft. Beide Skelette lagen nebeneinander. Er bückte sich, klemmte sich einen knöchernen Körper unter den linken, den anderen unter den rechten Arm und schlurfte brabbelnd in den Stollen hinein.
Der Hund folgte ihm dabei wie ein Schatten.
In seiner Hütte angekommen, legte er die Skelette zu Boden, ging noch einmal zurück und holte die Lampe sowie das Messer. Der Schein glitt ein letztes Mal über die Drahtschlingen, mit denen die Männer gefesselt worden waren. Die einzigen Spuren, die auf ein schreckliches Ereignis hinwiesen.
Jetzt erst war der Zwerg bereit, die Hütte zu verlassen. Wieder mit den beiden Knöchernen. Es machte ihm nichts aus, sie zu tragen.
Als er die Tür mit dem Fuß aufstieß, bemerkte er sofort die Veränderung des Wetters.
Der Dunst hatte sich verdichtet. Er war zwar noch nicht zu einem grauweißen Nebel geworden, aber seine langen Fahnen hingen wie Leichentücher zwischen den Bäumen und gaben dem Wald ein unheimliches Aussehen, so daß der Name Geisterwald erst jetzt richtig zu ihm paßte.
Abrakim wußte auch schon einen Platz, wo er die beiden Gerippe aufhängen würde. Es gab da einen schmalen Pfad, der noch nicht richtig zugewachsen war. Dieser Weg war nicht sehr weit von seiner Unterkunft entfernt und führte quer durch den Wald.
Die Stricke hatte er in seinen Taschen deponiert. Überall verteilt hatte der zwergenhafte Köhler geschickte Fallen aufgestellt. Fallen, in die seine Opfer hineingeraten würden, ohne eine Chance zu besitzen, sich zu befreien.
Der Bluthund zeigte Unruhe. Er lief voran, blieb aber des öfteren stehen und schaute sich witternd um. Das fiel auch Akrakim auf, der seinen Begleiter mit Sorge betrachtete. Der Vierbeiner benahm sich, als würden Feinde in seiner Nähe lauern. Er war sehr unruhig, knurrte manchmal und winselte auch.
Abrakim dachte an den Wolf. Ob der es war, der seinen Bluthund so verunsicherte? Der zwergenhafte Köhler glaubte daran. Dieser Wolf war nicht normal. Er sah zwar so aus, aber mit dem sicheren Instinkt eines dämonischen Wesens spürte Abrakim, daß dieser geheimnisvolle Wolf ein Feind von ihm war.
Wenn er ihn nur hätte sehen können, aber der ließ sich nicht blicken. Er war schlau und hielt sich zurück. Dschungelartig war der Wald zugewachsen. Auch der Pfad verschwand irgendwo im Dickicht.
Der Bluthund fand zuerst seinen Weg durch das Unterholz. Manchmal verhakten sich die makabren Skelette in den Zweigen und Ästen der Bäume. Doch Abrakim zog sie immer wieder frei. Schließlich erreichte er die Stelle, die er für sein Vorhaben ausgesucht hatte.
Es war eine kleine Lichtung, sie wirkte wie eine Insel inmitten des dichten Waldstücks.
Das Fleckchen Erde selbst war zwar kahl, aber um den Kreis herum wuchsen Bäume, die ihre starken Äste wie überlange, braune Finger vorstreckten.
Starke Äste!
Genau die brauchte Abrakim. Er blieb stehen, und sein vierbeiniger gefährlicher Begleiter ließ sich neben dem Baumstamm nieder. Er kannte dieses Schauspiel schon und beobachtete es mit immer neuem Interesse.
Abrakims Gesicht bewegte – sich. Selbst über dieser kleinen Lichtung hingen die Dunstschleier, als würden sie von irgendwelchen unsichtbaren Händen festgehalten.
Die Feuchtigkeit hatte sich auch auf das aus der Erde wachsende Gras gelegt. Der nasse Film lag auf jedem einzelnen Halm und bildete dort winzige Tropfen.
Abrakim arbeitete schnell und geschickt. Er holte die Stricke aus seinen Taschen und schleuderte das erste Seil über den am weitesten vorspringenden Ast. Das andere Ende des Seils behielt er in der Hand, ging damit ein
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