0196 - Die Mörderklaue
Gesicht.
Wir merkten ihm an, daß er sich quälte und nach einer Antwort suchte, aber keine fand. Er hob die Schultern und breitete dabei die Arme aus.
»Es muß Glora sein«, stellte die Horror-Oma fest. »Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.«
Wir gaben ihr recht.
Obwohl er vorhin nicht Bescheid gewußt hatte, mußte Detlev mir trotzdem weiterhelfen. »Sie wissen sicherlich einiges über diese Stadt, Detlev.«
»Kaum.«
Ich lächelte. »Vielleicht reicht das wenige, das Sie wissen, schon aus.«
»Sie machen sich da zu große Hoffnungen, Sir.«
»Erzählen Sie trotzdem.«
»Ich habe mit zahlreichen Bewohnern aus der Umgebung gesprochen. Und wenn das Thema auf diese Stadt Glora kam, dann zeigten sie eine kaum erklärliche Angst. Mir schien es, als hätten sie ein schlechtes Gewissen.«
»Wieso?«
»Vor langer Zeit hat es diese Stadt gegeben. Sie sollte ein Hort der Druiden gewesen sein. Bis eines Tages eine Sturmflut kam. Sie überschwemmte Glora und vernichtete sie.«
»Dann müßten noch Reste zu sehen sein«, bemerkte ich.
»Das habe ich den Alten auch gesagt, Sir, aber sie lachten mich aus. Die Sturmflut soll nicht normal, sondern die Rache der Hölle gewesen sein.«
»Dafür muß es einen Grund geben. Haben Sie sich nach diesem erkundigt, Detlev?«
»Ja, auch. Man sagt, daß in dieser Stadt fast nur Druiden und deren Abkömmlinge gewohnt haben. Und diese Druiden fühlten sich sehr mächtig. So mächtig, daß sie sich gegen einen Höheren auflehnten. Er hat sich schrecklich gerächt und die Stadt von einer Sturmflut überschwemmen lassen. Der Legende nach ist sie aber nicht zerstört worden, sie wurde nur in eine andere Dimension geschafft. An bestimmten Tagen im Jahr taucht sie wieder auf.«
»Regelmäßig?«
»Nein.«
»Einen Rhythmus gibt es also nicht«, murmelte ich.
»Was geschah eigentlich mit den Bewohnern, den Druiden?« wollte Suko wissen.
»Sie wurden bestraft.«
»Sicher. Weiß man denn die Art der Bestrafung?«
»Nein, darüber kann nur spekuliert werden. Aber sie soll schlimm gewesen sein. Man spricht von einem schrecklichen ewigen Leben. Allerdings nicht mehr als Druide.«
»Mehr wissen Sie nicht?«
Der junge Maler schaute uns an. »Nein, wirklich nicht. Die Leute reden hier zwar gern, aber das Thema Glora schnitten sie irgendwie. Es schien, als hätten sie selbst noch eine zu große Angst davor. Was man verstehen kann.«
Da gaben wir ihm recht.
Mrs. Goldwyn hob den rechten Arm und stampfte mit ihrem Stock auf.
»Was reden wir eigentlich hier so lange herum! Die Stadt liegt direkt vor unserer Nase. Gehen wir hin und schauen sie uns doch erst einmal an.«
Sie traf auf keinen Widerspruch. Wir nickten. Allerdings ging ich noch einmal zum Bentley zurück. Den Worten des Malers hatte ich entnommen, daß wir hier einem starken Zauber gegenüberstanden. Und einen starken Zauber konnte man nur durch einen ebenso mächtigen bekämpfen. Ich hoffte, daß ich die entsprechenden Waffen bei mir trug, um dieser Druidenmagie zu begegnen. Bisher wußten wir nicht viel. Wir sahen zwar die Stadt, doch wie es sich mit ihren Bewohnern genau verhielt, lag nach wie vor im Dunklen. Ich dachte auch an die grüne Klaue des Mädchens und an dessen Mutter. Sie war gestorben, als ich sie mit dem Kreuz berührte. Ein Mensch war sie demnach nicht gewesen. Bei ihr konnte es sich also nur um eine Dämonin handeln.
Mir fiel auch ein, daß sie trotz der Krankheit ihrer Tochter keinen Arzt gerufen hatte. Dies hatte seinen Grund sicherlich in der Existenz dieser Wesen, die keine Menschen waren und deren Körper auch nicht menschlich reagierten und funktionierten.
Wir würden sehen.
»Können Sie schießen?« fragte ich Detlev Menningmann, als ich wieder bei den anderen stand.
»Ich habe es noch nie probiert.«
»Geben Sie mir die Waffe, John«, meldete sich Mrs. Goldwyn. »Ich komme schon damit zurecht.« Sie warf Detlev einen Blick zu und lächelte. »Auf Sie Küken passe ich auf. Halten Sie sich nur an meiner Seite, dann passiert nichts.«
Ich mußte grinsen, als ich das erstaunte Gesicht des jungen Mannes sah.
Aber so war sie eben, die Horror-Oma. Angst kannte sie nicht oder nur kaum. Sie wollte immer etwas Neues erleben, immer in Action sein, das hielt sie jung.
Wir machten uns auf den Weg.
Dabei passierten wir auch den zweiten Toten. Ich warf einen Blick auf ihn. Der Mann hatte alles versucht, doch die anderen war schneller gewesen.
Wieder fragte ich mich, wer ihn so zugerichtet hatte? Ob
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