0197 - Im Jenseits verurteilt
Berufene. Sie konnte ihre Worte steuern. Sie wusste genau, was sie sagte, und sie wollte, dass Kräfte der Finsternis ihr gehorchten. Durch eine Beschwörung konnte man sie zwingen. Nichts anderes hatte Kara im Sinn. Myxin und ich beobachteten sie gemeinsam. Unsere Gesichter waren gespannt, die Blicke starr auf den leicht gekrümmten Rücken der Schönen gerichtet. Würde sie es schaffen? Ich hoffte, denn dies hier war die einzige Chance, irgendeine Verbindung zu Glenda herzustellen. Ich schaute auf den silbernen Nagel und damit auch auf das Kreuz. Beide Teile lagen dicht nebeneinander. Und beide hatten noch nicht reagiert.
Ich rechnete damit, dass sich irgendwann, wenn Kara Kontakt bekam, ein leichtes Strahlen über mein Kreuz legen und somit eine Brücke schaffen würde, doch mein Kreuz blieb stumm. Dafür reagierte das Schwert mit der goldenen Klinge. Wie ich bereits erwähnte, war es ebenfalls magisch aufgeladen, und es konnte eine Verbindung zwischen den Dimensionen schaffen. Wie es aussah, war es bereits dabei, denn die Klinge des Schwerts geriet in einen strahlenden Kranz, und plötzlich schien die Umgebung und das Innere des Kreises regelrecht zu explodieren. Eine goldene Flut umgab nicht nur Kara, sondern auch das Schwert sowie mein Kreuz und den silbernen Nagel. Ein heller Schrei drang aus Karas Kehle. Gleichzeitig fing das Pulver Feuer, und vom äußeren bis hin zum inneren Kreis befanden sich plötzlich brennende Wände. Kaltes Feuer… Dämonisches!
Ich war vielleicht mehr fasziniert als Myxin, der ähnliche Beschwörungen kannte. In seinem Gesicht regte sich kein Muskel. Die Haut schimmerte nur fahl im Widerschein der Flammen. Kara redete weiter. Schneller und hektischer als zuvor, und dann verstand ich einen Namen.
»Asmodina!« Kara rief die Teufelstochter. Sie wollte, dass sie erschien, um ihr mitzuteilen, welche Botschaft wir für sie hatten.
Würde sie kommen? Würde meine schlimmste Feindin er scheinen und auf unseren Plan eingehen? Die Spannung steigerte sich noch mehr. Ich biss mir so stark auf die Unterlippe, dass ich schon Blut spürte. Und wieder schrie Kara den Namen. Sie musste es hören, denn die alten Gesetze zwangen sie dazu. Diesen Kreis konnte auch die Teufelstochter nicht ignorieren, denn sie war daran gebunden. Wann würde sie erscheinen?
Jetzt, in diesem Augenblick! Vom Griff des Schwerts und zwischen den beiden zufassenden Händen stieg plötzlich eine lange Feuersäule in den grauen Himmel, fächerte dort auseinander und bildete eine große Wolke, die sich in ihrem Zentrum verdichtete und an den Rändern auseinanderlief. In der Wolke aber, genau in der Mitte, erschien sie. Asmodina! Ich hatte mich breitbeinig hingestellt, meine rechte Hand lag auf dem Griff der Beretta, und den Kopf hatte ich in den Nacken gelegt. Ich wollte ihr ins Gesicht schauen, das sich so präsentierte wie immer. Kalt, gnadenlos und doch irgendwie faszinierend. Die Lippen ein wenig breit, die Augen grün schillernd, und aus der Stirn wuchsen zwei gewaltige Hörner. Das Wahrzeichen des Satans, das der Teufel auch seiner Tochter vererbt hatte. Zwischen den beiden Hörnern schimmerte gelblich bleich eine Kette aus Totenschädeln, und die brandrote Haarflut fiel in starren Wellen zu beiden Seiten des Gesichts nach unten.
Sie war da. Kara hatte es geschafft. Die Schöne aus dem Totenreich hob den Kopf. Dann drehte sie ihn und blies einige Haarsträhnen zur Seite, die ihr in die Augen gefallen waren. Ihre Lippen hatten sich verzogen, und ich las den Triumph aus ihrem Lächeln.
»Was wollt ihr von mir?« donnerte die Stimme auf uns nieder.
Jetzt war ich nicht mehr zu halten. Bisher hatte ich Myxin und Kara die Initiative überlassen, doch nun wollte ich die Saat ernten, die sie gelegt hatten. Ich streckte meinen Arm so aus, dass die Finger auf Asmodina deuteten.
»Du hast jemanden entführt, dessen Leben ich gern zurückhaben will, Asmodina. Gib es zu!«
»Ja, ich habe sie!«
»Und warum?«
»Hat man dir das nicht gesagt?« donnerte mir ihre Stimme entgegen.
»Das hat man. Aber du weißt selbst, dass es unmöglich für mich ist, den Aufenthaltsort von Solo Morasso zu finden. Das muss dir klar sein, Asmodina.« Die Teufelstochter stieß ein meckerndes Lachen aus.
»Dann hat sie eben Pech gehabt.« Diese Worte sagten an sich genug. Asmodina zeigte sich nicht bereit, auch nur um eine Idee nachzugeben. Ich konnte dies nicht hinnehmen und forderte sie weiter heraus.
»So kann nur jemand reden, der selbst
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